Bewertung: 4 / 5
Die BBC verfilmt ihre eigene Geschichte der "Seven Kingdoms", nur liegen diese nicht in Westeros sondern im England des späten 9. Jahrhunderts. 50-60 Jahre vor der Gründung des Königreichs England wird das Geschehen auf der Insel von einfallenden Dänen bestimmt, die mittlerweile nicht mehr nur auf Raubzüge sondern auf Eroberung aus sind. Einzig Wessex kann sich als letztes angelsächsisches Königreich gegen die Dänen behaupten. Im Zentrum der Handlung steht Uhtred, der Sohn eines Ealdormans aus Northumbria, der als Kind von Dänen versklavt und als Däne aufgezogen wird und sich aus bestimmten Gründen, die ich nicht spoilern werde, im Erwachsenenalter wieder den Angelsachsen anschließt. Die meisten Ähnlichkeiten mit "Game of Thrones" rühren mMn nicht daher, dass hier irgendetwas kopiert wurde, sondern dass sich beide Geschichten von englischen Mittelalter inspirieren ließen.
Die ersten fünf Episoden sind ein einziger Augenschmaus, ich habe selten so ein atmosphärisches und authentisches (auch wenn historisch nicht sonderlich akkurates) Mittelaltersetting gesehen! Die Geschichte, die Menschen, die Ausstattung usw. fühlen sich so echt an, dass man tatsächlich denkt, man befände sich im englischen Mittelalter. Dabei wird z.B. jeder Handlungsort sowohl mit seinem mittelalterlichen als auch seinem heutigen Namen angezeigt. Hervorragende Bilder, die durch einen düsteren Soundtrack untermalt werden. Die Serie legt großen Wert darauf, das unterschiedliche Leben der Menschen darzustellen. Das Leben als Adliger oder als Bauer, das Leben in der Stadt oder auf einem Hof und natürlich das Leben als Sachse oder als Däne sowie die kulturellen Konflikte, welche dadurch entstehen. Besonders intensiv widmet sich die Serie dabei dem Einfluss des christlichen und heidnischen Glaubens. Darüberhianaus können die Kampfhandlungen durch das Filmen direkt am Geschehen (Kamera an Waffen, Menschen oder Pferden angebracht) überzeugen und ihre ganz persönliche Atmosphäre entwicklen.
Die letzten drei Episoden fallen für mich etwas ab, weil die Geschichte mit der Einführung von Queen Iseult als eine Art Melisandre-Verschnitt zu sehr ins Phantastische abdriftet und die finale Schlacht sich zu oft irgendwelcher "Rambo-Einlagen" bedient. Dadurch geht leider etwas der hervorragenden, authentischen Atmosphäre verloren.
Trailer zu The Last Kingdom
Neben der Ausstattung, etc bin ich mit dem Cast ebenfalls sehr zufrieden. Alexander Dreymon kann die Hauptrolle als Uhtred mit all seinen guten und schlechten Seiten sowie seinem Identifikationskonflikt zwischen Sachsen und Dänen locker stemmen, die höchste Ehre gebührt mMn aber klar David Dawson als King Alfred of Wessex! Egal ob als König in Friedens- oder Kriegszeiten, als Familienvater oder als gläubiger Christ, Dawson spielt jede dieser Facetten entweder mit berechnender Kühle oder aufbrausender Emotionalität. Daneben finden sich weitere überzeugende Nebenrollen, unter denen sich mit Matthew Macfayden, Rutger Hauer und Jason Flemyng sogar ein paar prominentere Namen tummeln. Für Harry Potter Fans gibt es mit "Prof. Quirrell" Ian Hart ein Wiedersehen.
Fazit: Jeder, der am rauen Mittelaltersetting interessiert ist, sollte unbedingt mal einen Blick auf "The Last Kingdom" werfen. Die Serie dürfte heutzutage sogar eine Art Ausnahme darstellen, denn sie erzählt einfach nur eine Geschichte ohne doppelten Boden und wirkt dabei nicht langweilig, sondern sehr gut gemacht. Mit "Game of Thrones" kann sich die Serie dahingehend also nicht messen, aber das muss wie für mich auch gar nicht.