++ Update vom 26.07.2023: Kevin Spacey darf sich über einen weiteren Sieg vor Gericht freuen. Im Londoner Strafprozess wurde Spacey nach einem vierwöchigen Prozess von der Jury in allen Anklagepunkten freigesprochen. Vier Männer hatten ihn der sexuellen Belästigung während ihrer Zeit am Londoner Theater Old Vic beschuldigt, dessen künstlerischer Direktor Spacey war. Die angeblichen Vorfälle sollen sich zwischen 2001 und 2013 zugetragen haben.
Für Spacey ist dies nach dem Sieg im Verfahren gegen Anthony Rapp in New York vergangenes Jahr ein erneuter Sieg im Zuge der gegen ihn aufgebrachten Vorwürfe der sexuellen Belästigung. Das Urteil in London wurde zudem am Tag seines 64. Geburtstags verkündet. Augenzeugen zufolge nahm Spacey den Freispruch unter Tränen entgegen. Anschließend bedankte er sich bei der Jury, die sich für ihr Urteil 12 Stunden über zwei Tage Zeit gelassen hat, sowie den Verantwortlichen im Gericht und seinem Anwaltsteam.
Kevin Spacey spoke to press after being cleared of all sexual assault charges in the U.K. "I am enormously grateful to the jury for having taken the time to examine all of the evidence and all of the facts carefully before they reached the decision." https://t.co/zmP0695pDp pic.twitter.com/LBRPvhilFP
— Variety (@Variety) July 26, 2023
Trotz des Freispruches darf jedoch bezweifelt werden, dass Spacey ein großes Comeback in Hollywood hinlegt. Dafür ist zu viel passiert und die Freisprüche kamen auch nicht überraschend. Es ist schwer, teils 20 Jahre alte Vorwürfe von sexueller Belästigung zu beweisen. Am Ende steht hier oft einfach Aussage gegen Aussage. Die Vorwürfe werden jedoch auch nach diesem Prozess weiter im Raum stehen, ob zu Recht oder zu Unrecht.
Natürlich gilt für jeden die Unschuldsvermutung, auch für Spacey. Erst recht, wenn er von diesen Vorwürfen freigesprochen wurde. Oft wird aber vergessen, dass diese Unschuldsvermutung auch für die mutmaßlichen Opfer gilt, die heutzutage in solchen Fällen schnell zu Tätern stilisiert werden, die ebenfalls vorverurteilt werden. Das ist das Schlimme an diesen Prozessen, man kann als Außenstehender kaum sagen, welche der beiden Seiten lügt. In solchen Fällen ist dies selbst nach einem Prozess oft kaum zu sagen. Egal wer gewinnt, am Ende haben doch beide Seiten verloren.
++ News vom 21.10.2022: Dieses Urteil dürfte eine Menge Zündstoff bieten und zu vielen Diskussionen führen. Im von Anthony Rapp losgetretenen Prozess gegen Kevin Spacey geht letzterer als Gewinner hervor, denn Spacey wurde von den Anschuldigungen freigesprochen. Damit scheiterte Rapp mit seiner Forderung nach 40 Millionen US-Dollar Schadenersatz.
Wie ein Geschworenengericht im Rahmen des Prozesses, der in New York City stattfand, feststellte, hätte Rapp nicht nachweisen können, dass Spacey den zur vermeintlichen Tatzeit 14-Jährigen sexuell belästigt hätte.
Rapp hatte die Vorwürfe gegen Spacey 2017 publik gemacht und erklärt, Spacey hätte ihn auf einer Party in dessen Zuhause intim berührt und somit sexuell belästigt. Rapps Anwalt Richard Steigman erklärte, dass Rapp die ganze Zeit über nur die Wahrheit gesagt hätte, als er offenbart hätte, dass ein damals 26-jähriger Spacey ihn im Alter von 14 Jahren getragen hätte "wie ein Bräutigam seine Braut trägt". Anschließend hätte er ihn auf ein Bett gelegt und sich über ihn gebeugt, um Sex mit ihm zu haben, zu dem es aber nicht gekommen sei. Rapp beschreibt dies als das traumatischste Einzelerlebnis seines Lebens, wenngleich sich dieses heutzutage nicht mehr auf seine Karriere auswirke.
Die Gegenseite zerlegte Rapp und seine Ausführungen, denn wie Spaceys Anwältin Jennifer Keller darlegt, hänge seine gesamte Geschichte von der Existenz eines Schlafzimmers ab, doch dieses separate Schlafzimmer hätte es in Spaceys Apartment damals nicht gegeben.
Auch Lisa Rocchio, die Psychologin auf Rapps Seite, die diesem bestätigte, Probleme mit Beziehungen, Sexualität, Wut und Depressionen zu haben, die 2017 durch seine Aussage um eine PTSD erweitert wurden, kam nicht gegen Spacey an. Alexander Bardey, ebenfalls Psychologe, sagte schließlich aus, dass Rapp ein durchaus normales Leben führe, wofür seine monogame Ehe spreche, die sich nicht mit einer voll ausgewachsenen PTSD vereinbaren lasse, und auch anderweitig hätte er sich prächtig durchs Leben geschlagen, während die von Roccio durchgeführten Tests alles andere als eindeutige Ergebnisse lieferten.
Nach Urteilsverkündung erklärte Rapps Anwalt kurz angebunden, dass die Jury gesprochen habe. Rapp hätte seine Wahrheit gesprochen. Man respektiere das Urteil der Jury, aber an der Wahrheit ändere sich dadurch nichts. Keller pochte dagegen darauf, dass die Jury aus hoch intelligenten Menschen bestanden hätte, 11 von den 12 hätten sogar Uni-Abschlüsse, die den Fall durchschaut hätten, entsprechend sei Spacey dankbar für das Jury-System und für eben jene Jury im Besonderen.
Auf Twitter äußerte sich Rapp inzwischen ebenfalls und zeigte sich dankbar für die Chance, seine Geschichte publik machen zu dürfen. Er dankt in seinem Tweet der Jury, betont aber auch, dass sein Fall immer davon gehandelt habe, auf sexuelle Gewalt hinzuweisen. Entsprechend sei es wichtig, weiterhin an einer Welt zu arbeiten, die frei von sexueller Gewalt jedweder Form sei, und er hoffe, dass diejenigen, die dies durchgemacht hätten oder durchmachen, ihre Geschichten ebenfalls erzählen und für Gerechtigkeit kämpfen könnten.
— Anthony Rapp SAG-AFTRA National & NY Board Member (@albinokid) October 20, 2022