In Zeiten des Internet fällt es Filmemachern immer schwerer, Sachen geheim zu halten, die vor Kinostart noch keiner wissen soll. Es ist schon fast ein Ding der Unmöglichkeit geworden, jeden Überraschungseffekt zu bewahren. Der Kampf gegen Spoiler - oft ein Kampf auf verlorenem Posten. Wenn überall inoffizielle Set-Fotos und -Videos, abgefilmte Trailer, geleakte Drehbücher und anonyme Informanten auftauchen, wie soll man da noch irgendetwas verbergen?
Muss extrem frustrierend sein. Was also tun? In ihrer Verzweiflung - oder weil es der einfachste (wenn auch nicht der höflichste) Weg ist, um lästige Fragesteller abzuwimmeln - behelfen sich manche Stars damit, uns glatte Lügen aufzutischen, wenn sie mit brenzligen Gerüchten konfrontiert werden. Da kennen sie nichts. Einerseits logisch, versuchen sie doch nur den jeweiligen Film zu schützen, damit wir ihn unvoreingenommen genießen können. Andererseits muss es doch eine elegantere Lösung geben, zumal es den Film auch nicht im allerbesten Licht erscheinen lässt. Vielleicht hätte es ja auch ein "kein Kommentar" getan?
Wo und wie dreist wir schon angeschwindelt worden sind, zeigen euch die acht folgenden Beispiele. Alles dicke, fette Lügen, von denen man einige meilenweit im Voraus schnuppern konnte. Und meistens ging es darum, die wahre Identität eines bestimmten Charakters zu verheimlichen - mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg. Wenn ihr noch mehr solcher Lügengeschichten kennt, gebt uns Bescheid. Bevor wir loslegen, noch eine letzte Spoiler-Warnung!
Shia LaBeouf in "Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels"
Als Shia LaBeouf für Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels gecastet wurde, schlussfolgerten alle: Das ist Indy junior! Es musste einfach so sein: Mutt war der Sohn von Indys alter Flamme Marion (Karen Allen), trug wie Indy einen Hundenamen ("mutt" heißt so viel wie "Köter, Promenadenmischung") und schien als frecher Jungspund prädestiniert dafür, in Harrison Fords Fußstapfen zu treten. Steven Spielberg aber wollte nichts von einer Vater/Sohn-Geschichte wissen, und der Cast beharrte darauf, dass Mutt nur Indys Sidekick sei, nicht sein Sohn. Ja, klar... Die große Offenbarung, die jeder hatte kommen sehen, nur Indy selbst nicht, stieß dann auf allgemeine Gleichgültigkeit.
Marion Cotillard in "The Dark Knight Rises"
"Neue" Figuren in Comicverfilmungen lassen bei Fans generell die Alarmglocken schrillen, so auch im Fall von Marion Cotillard, die für The Dark Knight Rises als Miranda Tate angekündigt wurde. Sofort vermutete man mehr dahinter, Christopher Nolan spielt ja gerne mit verdeckten Karten. Die gängige Theorie: In Wirklichkeit ist sie Talia al Ghul, nach Gotham gekommen, um ihren Vater zu rächen. Ein Verdacht, der sich durch Set-Bilder erhärtete. Cotillard blieb trotzdem dabei. Sie sei nicht Talia, sondern eine der Guten. Miranda habe nichts mit Ra's al Ghul zu tun und stehe den ganzen Film über auf Batmans (Christian Bale) Seite. Von wegen! Zugutehalten muss man Cotillard aber, dass sie sich später bei dem Interviewer entschuldigte, den sie so eiskalt angelogen hatte.
Joseph Gordon-Levitt in "The Dark Knight Rises"
Wieder The Dark Knight Rises und wieder ein neuer Charakter, der mehr war, als er zu sein schien. Und mehr als das, wofür er uns vorab verkauft wurde. Joseph Gordon-Levitt als junger Cop John Blake brachte die Gerüchteküche zum Brodeln, die Robin-Spekulationen, die sowieso nicht abreißen wollten, erhielten dadurch neuen Auftrieb. Aber konnte doch nicht sein, immerhin hatte Christian Bale sich ganz klar gegen Robin ausgesprochen und selbst Christopher Nolan gesagt, er würde nicht in seine Batman-Welt passen. Denkste. Am Ende stellte sich - was für ein Zufall! - heraus, dass Blake eigentlich "Robin" heißt und Bruce Wayne ihn als Nachfolger auserkoren hat.
"Resident Evil - Extinction" als Schlusspunkt
Mit Resident Evil 6 - The Final Chapter soll die Filmreihe um Alice (Milla Jovovich) und die böse Umbrella Corporation zu Ende gehen - echt jetzt! Das sollte sie freilich auch schon mit Resident Evil - Extinction. Von Anfang an sprach Paul W.S. Anderson von einer Trilogie, sogar während der Dreharbeiten zum dritten Teil hielt er noch daran fest. Regisseur, Cast und Crew des Films stützten diese Behauptung. Dabei muss jeder, der das Drehbuch gelesen hat, erkannt haben, dass es auf keinen Fall der letzte sein konnte. So gut wie alles blieb offen, nichts fühlte sich nach Abschluss an. Nachher hieß es etwas lahm, man habe nur einen Handlungsbogen beenden und einen neuen starten wollen. Aha. Hätte man uns da nicht vorwarnen können?
Das Alien in "Prometheus - Dunkle Zeichen"
Von einem direkten Alien-Prequel wandelte sich Prometheus - Dunkle Zeichen zu etwas anderem, einem Mittelding aus Prequel und eigenständigem Abenteuer. Dass Ridley Scott so scharf darauf war, neue Wege zu gehen und sich vom Original zu distanzieren, lag auch daran, dass ihm das klassische Alien-Design zum Hals raushing. Er fand die Xenomorphs zu ausgelutscht und nicht mehr gruselig genug. Also kein Alien, schwor Scott und probierte es stattdessen mit außerirdischen Muskelprotzen, fiesen Tentakel-Bestien und glitschigen Schlangenviechern - nur um in der letzten Szene doch noch ein Alien aus dem Sack zu lassen. Neu designt zwar, aber unverkennbar xenomorphisch. Scott, der alte Halunke...
Naomie Harris in "Skyfall"
Auch Naomie Harris hat es faustdick hinter den Ohren. Als der junge Q (Ben Whishaw) schon für Skyfall bestätigt war, fehlte von Miss Moneypenny, James Bond flirtwilliger Sekretärin und einer anderen klassischen Bond-Figur, immer noch jede Spur. Dann hieß es, Harris werde eine neue Agentin namens Eve spielen, und die Spekulationen überschlugen sich. Was, wenn sie Moneypenny wäre und Daniel Craig aktiv unter die Arme greifen würde? Nope, sagte Harris, stimmt nicht. Sie stritt alles ab und ging so weit, zu behaupten, sie sei nie für die Moneypenny-Rolle im Gespräch gewesen. Das Ende vom Lied: Eve war Moneypenny und sitzt jetzt bei M (Ralph Fiennes) im Vorzimmer. Für Harris eine Riesenerleichterung, endlich darüber reden zu dürfen.
Benedict Cumberbatch in "Star Trek Into Darkness"
Wie Christopher Nolan hütet J.J. Abrams seine Filmgeheimnisse wie seinen Augapfel, dazu ist ihm fast jedes Mittel recht. Auch Schwindeln, wenn es sein muss. Bei Star Trek Into Darkness, fand er, musste es sein, galt es doch die Identität von Benedict Cumberbatchs John Harrison geheim zu halten - als ob der Deckname nicht schon auffallend unauffällig genug war. Was wurde nicht alles erzählt, um uns von der fixen Idee abzubringen, er sei in Wahrheit Kult-Bösewicht Khan. Jeder dachte es, die Beweislage war eindeutig, aber Abrams und seine Stars leugneten es stur, nicht mit einem "vielleicht" oder "abwarten", sondern mit einem klaren "nein". Die ach so schockierende Enthüllung im Film bestätigte nur, was eh schon alle wussten. Ein Moment des Fremdschämens für die offenkundige Lügerei im Vorfeld. War das nötig? Wahrscheinlich nicht, wie Abrams auch selbst zugab. Nachträglich entschuldigte er sich fürs Khan-Täuschungsmanöver und räumte ein, dass es ein Fehler war.
Christoph Waltz in "Spectre"
Die James Bond-Reihe hat es schon wieder getan, so was Verlogenes aber auch. Im aktuellsten Fall von "Ha, also doch!" stand Christoph Waltz im Mittelpunkt. Wenn ein Film schon Spectre heißt, kann er nicht auf Ernst Stavro Blofeld verzichten, darüber waren sich alle einig. Und wenn jemand wie Waltz als Oberschurke und geheimnisvolle Gestalt aus Bonds Vergangenheit besetzt wird, bringt man ihn automatisch mit Blofeld in Verbindung, völlig egal, auf welchen "offiziellen" Namen sein Charakter hört. Es war einfach furchtbar offensichtlich. Dennoch antwortete Waltz auf Nachfrage immer gleich und zum Kinostart hin immer schroffer, um die Tarnung bloß nicht auffliegen zu lassen: Die Blofeld-Gerüchte seien absolut falsch, er sei Franz Oberhauser und aus! Hätte man auch cleverer lösen können.