Ein Rückblick
Das Star Trek-Franchise hat einige turbulente Jahre hinter sich. Nach dem Ende von Star Trek - Raumschiff Voyager und dem zehnten Kinofilm Star Trek - Nemesis, der seinerzeit nicht den gewünschten Erfolg einbrachte, blickte man zurück in die Vergangenheit. Die zeitlich noch vor Captain Kirk angesiedelte Serie Star Trek - Enterprise war der letzte Versuch, das Franchise noch am Leben zu halten. Nach vier Staffeln jedoch wurde auch sie abgesetzt und es folgte eine mehrjährige Pause. Erst 2009 versuchte man im Kino mit Star Trek eine Wiedergeburt. Schien dieser Neustart zunächst zu funktionieren, enttäuschte bereits der Nachfolger und auch der dritte Teil konnte die Erwartungen nicht erfüllen. Im Kino befindet sich Star Trek aktuell wieder in der Warteschleife.
Doch die Stärken der Reihe lagen schon immer im Serienbereich. Dort, wo anders als im Kino die besonderen Themen angesprochen werden konnten. Moralische Fragen, zeitgemäße Themen, die Frage, wohin die Menschheit als Gesellschaft geht: Dies war schon immer der Kern von Star Trek. Und so startete 2017 mit Star Trek - Discovery die erste Serie seit 12 Jahren. Auch wenn diese als Erfolg verbucht werden kann und eine große Anhängerschaft genießt, so war auch sie kein Befreiungsschlag. Zu sehr wurde sie von den Fans in vielen Punkten kritisiert, allein die Neuinterpretation der Klingonen löste viele Kontroversen aus.
Nun also der nächste Versuch mit Star Trek - Picard. Dieses Mal gehen die Macher jedoch genau den Weg, den sich viele Fans schon seit vielen Jahren wünschen: Es geht nach vorne, in die Zukunft, in die Zeit nach Star Trek - Voyager und nach Star Trek - Nemesis. Endlich mal kein Prequel! Und dann schaffte man auch noch das für unmöglich Gehaltene: Sir Patrick Stewart kehrt in seine ikonische Rolle als Jean-Luc Picard zurück!.
Die Frage "Kirk oder Picard?" wird seit jeher unter den Fans diskutiert. Mit einem Kirk 2.0 (Chris Pine) hat man es bereits versucht, nun also Picard 1.0. Und die Macher setzten sogar noch einen drauf: Auch Jeri Ryan als Seven of Nine, eine der beliebtesten Figuren aus Star Trek - Raumschiff Voyager und generell in Star Trek, kehrt ebenfalls für die neue Serie zurück. Und spätestens die Ankündigung, dass man zwar Neues wagen, sich aber an die Welt von Raumschiff Enterprise - Das nächste Jahrhundert orientieren wird, ließ die Erwartungen enorm steigen. Schafft es die Serie, Star Trek endlich ins 21. Jahrhundert zu holen und an die alten Erfolge anzuknüpfen?
Unsere Review
In Berlin veranstaltete Amazon Prime Video die Deutschlandpremiere von Star Trek - Picard und brachte auch einen Großteil des Cast mit, darunter natürlich Sir Patrick Stewart. Gezeigt wurden die ersten drei Folgen mit einer für Star Trek klassischen Laufzeit von je ca. 40 Minuten. Und um euch nicht länger auf die Folter zu spannen: Sie waren fantastisch!
Vor allem der alte Star Trek-Fan in uns konnte nach den drei Folgen das Kino glücklich verlassen. Solltet ihr zu den Fans gehören, die von Discovery eher enttäuscht waren und nostalgisch an TNG, Deep Space Nine oder Voyager zurückdenkt, dann dürfte euch Star Trek - Picard gefallen. Das gute alte Star Trek ist zurück und präsentiert sich in einem modernen Gewand für das 21. Jahrhundert.
Schon beim Q&A kurz vor der Premiere versprachen die Macher, man werde das tun, was auch TNG und Star Trek im Allgemeinen stets ausgezeichnet hat: Man werde sich den aktuellen und relevanten Themen unserer Zeit annehmen, und schon die erste Folge tat dann auch genau dies. Da es durchaus bei der Story einige Überraschungen gab, wollen und werden wir nicht zu sehr ins Detail gehen, um euch auch nichts zu spoilern. Daher nur ein Beispiel: Die Flüchtlingsthematik, die auch uns in Deutschland in den letzten Jahren begleitet hat, nimmt eine wichtige Rolle direkt zu Beginn der Serie ein. Sollte man die eigenen Tore für Flüchtende öffnen, die eigenen Ressourcen dafür einsetzen, um Fremden zu helfen? Hier gibt es für beide Seiten Argumente und diese werden auch behandelt.
Wer diese kritische Auseinandersetzung mit Themen in Star Trek immer schon gemocht hat, dürfte glücklich mit der neuen Serie werden. Die Dialoge erinnern in ihrer Qualität an die TNG-Zeit und auch die Welt ist einem sofort vertraut. Wenn Türen sich öffnen oder Computer bedient werden, vernimmt man vertraute Klänge. Das Design und die Technologien sind bekannt und erhielten eine natürliche Weiterentwicklung. Es ist keine Neuinterpretation, wie es noch bei Discovery oder auch in den aktuellen Kinofilmen der Fall ist. Es kommen nie Zweifel auf, dass dies die Welt ist, die wir aus TNG, DS9 und Voyager kennen, nur eben über 20 Jahre später.
Und wer jetzt Angst hat, die Serie könnte zu nostalgisch wirken: Keine Sorge. Sie geht definitiv neue Wege, verfolgt einen neuen Ansatz und sieht so aus, wie moderne Serien auszusehen haben, nämlich unglaublich gut. Sowohl was die Sets als auch was die Effekte betrifft, spielt man in der ersten Liga.
Kommen wir nun zum besten Effekt, den die Serie zu bieten hat: Sir Patrick Stewart. Hat er es immer noch drauf, Jean-Luc Picard zu spielen? Weiß er überhaupt noch, wie das geht? Und selbst wenn, ist es noch der Jean-Luc Picard, den wir kennen und lieben? Die Kurzantwort auf all diese Fragen lautet ja! Es ist fast schon erschreckend, wie schnell man sofort Picard sieht und den Schauspieler vergisst. Als wäre sein letzter Auftritt erst gestern gewesen. Ja, es ist einiges passiert in den letzten 20 Jahren und Picard musste einiges durchmachen. Aber er ist immer noch der Gleiche und vertritt immer noch so energisch und eloquent wie früher die hohen Werte der Sternenflotte. Und als Tee kommt natürlich nach wie vor nur Earl Grey in Frage!
Wir lernen auch schon recht früh einige der neuen Castmitglieder kennen. Der Ersteindruck ist ein deutlich sympathischer, aber ein finales Urteil kann nach drei Folgen natürlich noch nicht getroffen werden. Was den Auftritt bereits bekannter Figuren betrifft, so hüllen wir uns noch in Schweigen, um auch ja nichts zu verraten. Wir können jedoch sagen, dass die neue Serie stärker mit Das nächste Jahrhundert verknüpft ist, als man im Vorfeld denken könnte.
Fazit
Wie gut einem die Serie am Ende gefällt, hängt sicher von den eigenen Erwartungen ab. Wer Star Trek - Discovery und diesen eher actionorientierten Ansatz mag, der könnte seine Probleme mit Star Trek - Picard haben. Es gibt zwar auch hier Action, aber die Erzählweise ist deutlich ruhiger und mehr auf Dialoge fokussiert, ganz ähnlich so, wie man es von früher kennt. Auch der Humor kommt nicht zu kurz, mehrmals mussten wir lachen und schmunzeln. Wer aber die alten Star Trek-Serien mochte und immer schon wissen wollte, wie so eine Serie im Jahr 2020 aussehen würde, der wird viel Freude an Star Trek - Picard haben. Gleich mehrmals brannte im Kino während aller drei Folgen lauter Applaus auf.
Für uns jedenfalls können die weiteren Folgen gar nicht früh genug kommen und wir freuen uns drauf. Make it so!