Bewertung: 4.5 / 5
Wir konnten nicht umhin, uns bei Bill Condons Mr. Holmes auch ein bisschen an Der Kleine Lord erinnert zu fühlen. Immerhin ist der berühmteste Detektiv aller Zeiten nicht gerade für seine Warmherzigkeit bekannt und bekommt in seinem hier späten Alter und letzten Fall einen kleinen Fan, der ihn manches überdenken lässt. Es hat seinen Grund, warum der Film bei uns zu Weihnachten startet. Ian McKellen als Sherlock Holmes stellt uns eine spannende Interpretation der Figur vor...
Der gealterte Sherlock Holmes (Ian McKellen) hat sich auf das Land zurückgezogen, nachdem er aus Japan wiedergekehrt ist. Dort kümmert er sich um seine Bienenzucht, blafft gern seine Haushälterin (Laura Linney) an und findet in ihrem Sohn Roger (Milo Parker) einen Fan und gewissermaßen Dr. Watson-Ersatz. Denn der ist ziemlich neugierig daran interessiert, was Holmes denn da schreibt in seiner Stube. Und was ihn eigentlich nach Japan verschlug. Roger erfährt nicht nur, wie Holmes versucht, einen alten Fall aufzuklären, er erfährt auch viel über Holmes selbst, Dr. Watson und den Unterschied von Schein und Sein. Kann Holmes seinen letzten und zudem sehr persönlichen Fall lösen?
Trailer zu Mr. Holmes
Mr. Holmes Kritik
Schon Ian McKellen als gealterter Sherlock Holmes macht Mr. Holmes sehenswert. Nach Gandalf und Magneto sehen wir ihn hier wieder in einer ikonischen Rolle, die er mit viel Charme auf die Leinwand bringt. Eindrucksvoll und anrührend ist seine Interpretation eines Mannes, der zwar schon immer ungemein clever, aber sozial nicht so ganz kompetent war. Es gibt Situationen, wo der Kopf mal schweigen und das Herz sprechen muss. Und genau das Herz ist es, was ihn wiederum im Film dazu bringt, diesen letzten, 50 Jahre zurückliegenden Fall zu lösen. Nie war ein Sherlock Holmes-Film so persönlich, nie so verzweifelt angelegt wie hier. Wer die TV-Serie Sherlock kennt, weiß, wie spannend die Verflechtung eines Falls mit der Person von Holmes selbst sein kann, Fans der Serie werden diese Kinoversion sicher mögen. Eine Oscarnominierung für McKellen wäre zu wünschen.
Neben Spannung und Tiefgang birgt die immer wieder mit Flashbacks erzählte Geschichte von Mr. Holmes auch den witzigen Charme der Figur, hier fehlt keine Facette des berühmten Arthur Conan Doyle-Meisterschnüfflers. Ein Film über das Altern, über das Päckchen Leben, das jeder so mit sich herum trägt, über Schuldgefühle - und Selbsterkenntnis, die oft nur durch den Spiegel eines anderen Menschen überhaupt erst in Gang gesetzt wird. Man erfährt übrigens auch, was an der kultigen Mütze und der Pfeife wirklich dran ist. Auch Milo Parker (Gespensterjäger) als pfiffiger Roger und Laura Linney (Die Truman Show) als knurrige Haushälterin Mrs. Munro hauchen den Figuren überzeugend Leben ein, das gilt auch für die Darsteller der wichtigen Flashback-Figuren, die wir hier nicht spoilern.
Mr. Holmes Fazit
Bill Condon gelingt mit Mr. Holmes ein immer mehr in den Bann ziehendes Krimidrama mit einem Sherlock Holmes, denn man so menschlich dargestellt wohl selten sah. Die verschiedenen Zeitepochen und Settings, die in den Flashbacks auch nach Japan führen, geben dem Film einen epischen Anstrich, Action wie in den Sherlock Holmes-Filmen mit Robert Downey Jr. darf man freilich nicht erwarten. Die UK/US-Produktion ist ein in die Weihnachtszeit hervorragend passendes Krimimysterydrama für die ganze Familie und eine schöne Alternative zu Der kleine Lord.