Bewertung: 4 / 5
Heute rücke ich den bisherigen Abschluss der Indiana Jones
Reihe in den Fokus der Aufmerksamkeit und schließe damit zugleich meine Kritikenreihe
dazu vorerst ab. 2008 erschien nach gefühlten 2000 Drehbuchfassungen und
–ideen, etlichen Querelen um Drehstarts, Zeitmanagement von Mr.
Ich-Will-Aber-Erst-10-Jahre-In-Eine-Neue-Star-Wars-Reihe-Investieren Lucas und
Mr. Dauerbeschäftigter-Visionär Spielberg oder Diskussionen über Budgetierung
des Projekts dann doch irgendwann Indiana Jones and the Kingdom of the Chrystal
Skull. Und es war trotz vieler Befürchtungen ein echter Indiana Jones, soviel
sei vorab verraten.
[b][u]Inhalt:[/u][/b]
1957: Indy und sein alter Kumpel Mac werden von einer Gruppe
Russen um die Parawissenschaftlerin Irina Spalko entführt und zur Area 51 gebracht.
Dort angekommen begibt man sich in einen Hangar gefüllt mit Kisten (vielen
vielleicht noch bekannt vom Ende von Raiders) und Indy wird aufgefordert den
Russen eine bestimmte Kiste zu beschaffen, deren Inhalt Spalko besonders
interessiert. Nachdem die Kiste gefunden und der Inhalt als ein scheinbares
Alien identifiziert wurde, gelingt Indy in einem Moment russischer
Unaufmerksamkeit eine spektakuläre Flucht. Zurück in den USA tritt ein junger
Mann, Typ Marlon Brando aus The Wild One, namens Mutt Williams an ihn heran und
bittet ihn, bei der Suche nach seinem alten Freund Harold Oxley und seiner
Mutter Marion Williams zu helfen. Indy und Mutt begeben sich also auf die Suche
nach den Vermissten, welche sich zu einem Wettlauf gegen die Russen ausläuft,
die nicht nur hinter Oxley sondern auch hinter einem legendären Kristallschädel
her sind, der zu einer noch viel legendäreren Stadt aus purem Gold führen soll.
[b][u]Kritik:[/u][/b]
Bereits der Auftakt von Indy 4 lässt sich etwas anders an
als die bisherigen Filme. Eine Szene, welche direkt aus George Lucas [b]American Graffity[/b] entlehnt ist, bietet
einen stimmigen Einstieg in die 50er Jahre des Indy-Universums. Aus den 19
Jahren in der Realität sind auch 19 innerhalb der Film-Chronologie geworden.
Indy ist älter geworden, aber ist er jetzt ein anderer Mann als zu Zeiten eines
[b]Last Crusade[/b]? Finden wir es heraus,
indem wir uns die Figuren anschauen.
[b]Figuren:[/b]
[i]Harrison Ford[/i] ist
und bleibt[i] Indiana Jones[/i]. Er ist
älter geworden, ja, doch die Studentinnen fliegen auch auf einen grauschläfigen
Professor Jones. Das Abenteurer-Dress passt ihm weiterhin wie angegossen und
auch der rechte Haken sitzt immer noch gut. Der kernige Humor ist derselbe,
auch wenn er mitunter nun auch auf Kosten des eigenen Alters geht. Wenn es
später an die Dynamik zwischen Vater Indy und Sohn Mutt geht, spiegelt sich
nicht zuletzt ein gewisses Maß Henry Sr. aus Last Crusade wider. Fords Spiel
ist großartig, er fühlt sich sichtlich wohl und wirkt kein Stück müde oder
lustlos. Die Rolle macht ihm Spaß wie eh und je und das spürt man auch. Das ist
auch eine der größten Stärken des Films, denn Ford schafft es vom ersten
Augenblick an den Zuschauer mit augenzwinkernder Ernsthaftigkeit auf seine
Seite zu ziehen.
Shia [i]LaBeouf [/i]tritt
hier erstmals als [i]„Mutt“ Williams[/i] auf.
Er ist Sohn von Marion Williams (ehemals Ravenwood) und bildet den zweiten
Hauptdarsteller sowie Sidekick neben Harrison Ford. Er macht seine Sache
durchaus solide und verkörpert überzeugend die 50er Jahre durch seine Marlon
Brando-Mäßige Lässigkeit und sein Auftreten. Der typische Greaser, begeistert
von Motorrädern, er spielt ständig mit seinem Messer herum, hier wurde auf
Details geachtet. Die Figur ist lebendig, wirkt nicht gestelzt und macht
Freude. Zudem besitzt LaBeouf genug Chuzpe, um gegen die „graue Eminenz“ Ford
anzuspielen und ihm schauspielerisch und vom Konzept her die Stirn zu bieten. Vor
allem die lockeren Geplänkel zwischen beiden sorgen für einige wirklich gute
Szenen. Hier wurde in jedem Fall bei der Besetzung eine glückliche Wahl
getroffen.
[i]Karen Allen[/i] kehrt
in ihre Rolle als [i]Marion Williams
(Ravenwood)[/i] aus [b]Raiders[/b] zurück.
Immer noch dieselbe sympathische Frau mit dem niedlichen Lächeln und dem
unberechenbaren Temperament ist sie sofort wieder voll in der Rolle. Die
kauzigen Streitereien mit Indy und die tolle Chemie zwischen Allen und Ford
sind in den gemeinsamen Szenen präsent und lockern ein ums andere Mal die
Stimmung deutlich auf. Die Mutter-Sohn-Beziehung zu Mutt sorgt zudem für einige
weitere Punkte in Sachen Charakterentwicklung, die Allens Figur durchmachen
durfte.
[i]Cate Blanchett[/i] als
[i]Irina Spalko [/i]findet mit ihrem
souveränen Spiel und einem mitunter etwas gekünstelten russischen Akzent
trotzdem eine gute Waage, um ihrer Figur die nötige Präsenz der zentralen
Schurkin zu verleihen. Arroganz, überlegenes Gehabe und selbstbewusstes
Auftreten lassen die undurchsichtige Russin als Antagonistin funktionieren.
Zudem wird sich hier eines Charakterzuges bedient, den bereits die Antagonisten
in Raiders und Last Crusade an den Tag legten: die fast schon religiöse
Begeisterung, welche fast an Fanatismus grenzt, auf ihrer Suche nach dem Objekt
der Begierde. Hier natürlich in Form des parapsychologisch aufgeladenen
Kristallschädels. Auch dieser Ausdruck wird von Blanchett wunderbar vermittelt
und man nimmt ihr ihre regelrecht spirituelle Suche durchaus ab.
Die beiden zentralen Nebendarsteller [i]Ray Winstone[/i] als [i]Mac[/i] und [i]John Hurt[/i] als [i]Harold Oxley[/i] bleiben leider über die Laufzeit des Films eher blass.
Winstone hat einfach zu wenig Screentime, um sich wirklich zu profilieren,
zudem ist die Anlage seiner Figur als Einfach-Doppel-Dreifach-Agent so
undankbar und wird der Handlung entsprechend einfach immer wieder angepasst,
dass die Figur eher ins Lächerliche abdriftet. Damit kann Winstone leider keine
besonderen Sympathien für sich verbuchen, doch das ist wohl dem Drehbuch zu
schulden. Hurt kann mit seiner Figur ebenfalls nicht glänzen, auch aufgrund des
Drehbuches. Dummerweise ist Ox über 95% der Filmzeit einfach nur ein
brabbelnder Irrer, der gelegentlich den Willen des Kristallschädels kanalisiert
und damit leider kaum sein virtuoses Spiel unter Beweis stellen darf. So wurde
hier absolut Potenzial verschenkt und besonders bei diesen beiden Nebenfiguren
spürt man die Schwächen des Drehbuches.
____
Der Film für sich macht eine Menge Spaß. Der Humor stimmt
und ist wohl portioniert, das Gefühl, sich in einem Indy-Film zu befinden, ist
dauerhaft da und die Atmosphäre der alten Filme wurde ebenfalls gut ins neue
Jahrtausend gerettet. Handwerklich kann man Mr. Spielberg jedenfalls nicht
wirklich Vorwürfe machen, hier wurde souverän gute Arbeit abgeliefert, die den
Stil der Vorgänger wunderbar weiterführt.
Die Effekte wissen größtenteils zu überzeugen. Der recht
gesunde Mix aus handgemachter Action und CGI-Einsatz hält sich ganz gut in der
Waage und wirkt die meiste Zeit über stimmig. Trotzdem gibt es besonders in
diesem Bereich die eine oder andere Spielerei, bei der man das Gefühl nicht
loswird, dass es mal wieder mit Mr. Lucas durchgegangen ist. Das
CGI-Erdhörnchen zu Beginn des Films z.B. wirkt einfach nur befremdlich und
absolut deplaziert. Was die Macher dazu getrieben hat, diesen Scherz auf
Kleinkinderniveau abzufeuern, weiß ich nicht, doch für mehr als irritiertes
Kopfschütteln sorgte dieses CGI-Viech für mich nicht. Ebenso die unpassenden
und mies animierten CGI-Affen im 2. Drittel des Filmes können nicht überzeugen
und wirken ebenfalls deplaziert. Warum Mutt sich unbedingt wie Tarzan gemeinsam
mit den Affen durch den Dschungel schwingen muss, bleibt schleierhaft und
weshalb die Affen ausgerechnet gezielt der Familie Jones helfen wird ebenfalls
nicht aufgeklärt. An solchen Stellen wirkt der Film dann wirklich schlecht
durchdacht und einfach auf kindlich naivem Coolnessempfinden begründet. So
etwas stört dann einfach, insbesondere die Stimmung, die doch mehrfach darunter
leidet.
Die CGI-Ameisen gegen Ende stören da weniger. Diese sind
soweit gut animiert und ins Gesamtgeschehen sinnvoll eingebettet. Auch wenn man
sich in Sachen „Ekel-Kreatur des Films“ ein wenig mehr Einfallsreichtum
gewünscht hätte (immerhin hatten wir bereits Schlangen, Insekten und Ratten und
die meisten davon waren echt), stören die animierten Ameisen noch am wenigsten.
Die metaphysische Anlage der Story stört hier weniger. Im
Grunde ist die Frage nach außerirdischem Leben und der Mitwirkung
übermenschlicher Wesen an den enormen Bauleistungen der Ägypter und auch Mayas
eine, die die Menschen immer wieder beschäftigt hat. Zudem spielt der Film auch
mit der Roswell-Katastrophe und dem damit entstandenen UFO-Hype, daher ist die
Motivwahl des Films gar nicht so verkehrt. Zu Indiana Jones passt so etwas in
jedem Fall sehr gut und weit besser, als die meisten wahrhaben wollen.
Bundeslade und Heiliger Gral sind zwar ebenso wie die Sankara-Steine eher
religiös geprägt, doch alle spiegeln in gewisser Weise eine Suche nach Wahrheit
oder Erleuchtung wieder, die auch der Kristallschädel symbolisiert. Daher ist
das zentrale Element des Schädels auch kein Störfaktor.
Dementsprechend wenig schwach fand ich auch das Ende,
welches viele gern als so unbefriedigend und schwach abtun. Hier möchte ich
allerdings um Spoiler zu vermeiden nicht allzu viel verraten. So viel sei
allerdings gesagt: Es ist im Grunde ein vergleichbares Ende, wie wir es bereits
in den vergangenen drei Filmen gesehen haben.
[b][u]Fazit:[/u][/b]
Kommen wir zum schwersten Teil dieser Kritik, dem Fazit.
Hier ist es wirklich schwer auf eine Bewertung zu kommen, die angemessen ist.
Fassen wir zusammen: auf der einen Seite haben wir das klassische Indy-Feeling,
welches einen regelrecht in die Gute alte Zeit zurückbringt, allerdings
übertragen auf die 50er, die handwerklich sehr gute Leistung, die tollen
Darsteller und einen schönen Mix aus handgemachten und CGI-Effekten. Auf der
anderen Seite sind da jedoch die verschenkten Potenziale bei den Darstellern
(Winstone und Hurt), der mitunter übertriebene und sinnlose GCI-Einsatz
(Erdmännchen, Affen), das zeitweise schwächelnde Drehbuch und auch die sinnlose Tarzan-Einlage Mutts. Das macht
alles in allem einen sehr zwiespältigen Eindruck, bei dem jedoch die positiven
Eindrücke die negativen schon überlagern. In jedem Fall ist es gelungen alle (Pseudo-)Nachfolger wie[b] Mumien[/b]jäger oder[b] Vermächtnis[/b]sucher gekonnt auf die Plätze zu verweisen.
Ich gebe nach einigem Hin- und Herüberlegen also
[b][u]8/10 Hüten[/u][/b],
da der Film meines Erachtens die Reihe würdig und mit einem
typischen Indy-Gefühl fortführt. Die CGI-Spielereien Lucas´ kann ich verzeihen
und auch die zum Teil etwas übertriebenen und kindischen Einlagen stören nicht
so sehr, dass sie den tollen Rest des Films vergessen machen. Zum Schluss
bleibt zu sagen, dass die Mission einen Indy für das neue Jahrtausend zu
machen, der seine Herkunft nicht verleugnet, durch die Bank gelungen ist und
tolle Kinounterhaltung bietet.
Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels Bewertung