Bewertung: 3.5 / 5
Erst vergangenes Jahr hatte Austin Butler Elvis Presley mit einer elektrisierenden Darstellung auf der Leinwand auferstehen lassen. Baz Luhrmann porträtierte mit Elvis die schillernde Seite des King of Rock’n’Roll und die Vereinnahmung durch seinen Manager „Colonel“ Tom Parker. Anderthalb Jahre später veröffentlicht mit Sofia Coppola nun ein weiteres großes Hollywood-Gesicht einen Film über Elvis. Priscilla erzählt allerdings die Geschichte seiner Exfrau Priscilla Presley und wie sich die beiden kennen und lieben gelernt haben.
Priscilla Kritik
Als die Teenagerin Priscilla Beaulieu auf einer Party Elvis Presley kennenlernt, wird aus dem Mann, der bereits ein kometenhaft aufgestiegener Rock’n’Roll-Superstar ist, in privaten Momenten jemand völlig Unerwartetes: ein aufregender Schwarm, ein Verbündeter in der Einsamkeit, ein verletzlicher bester Freund.
Trailer zu Priscilla
Ambivalente Figurenzeichnung
Mit Priscilla hat Sofia Coppola die 1985 verfasste Biografie Elvis and Me von Priscilla Presley adaptiert, die den Film zudem als ausführende Produzentin betreut hat. Dass Priscilla ihre Geschichte und nicht die ihres Exmanns ist, macht Coppola zudem mit den ersten Minuten des Films klar, die wir mit Priscilla verbringen, ehe wir aus ihrer Sicht erleben, wie sie Elvis auf einer von ihm während seines Militärdienstes veranstalteten Party in Bad Nauheim kennenlernt. Während Priscilla im Fokus nahezu jeder Szene steht, erleben wir Elvis ausschließlich in ihrer Gegenwart.
Während Elvis den mindestens bedenklichen Altersunterschied zwischen der 14-jährigen Priscilla und dem 24-jährigen Elvis zum Zeitpunkt ihres Kennenlernens außen vor gelassen hat, kommt dieser in Priscilla mehrfach zum Ausdruck. Gleichzeitig vermittelt das Drehbuch nachdrücklich, dass Elvis Priscilla wohl zu keinen sexuellen Handlungen gezwungen hat, als sie noch minderjährig war.
Überhaupt schafft Coppola es, die Ambivalenz des Menschen Elvis Presley filmisch umzusetzen. Sie zeigt seine einfühlsamen Seiten, seine Unsicherheiten und seine Jahre überdauernde Liebe zu Priscilla. Simultan dazu verschleiert sie nicht seine zahlreichen Affären, seinen Jähzorn sowie seine manipulativen Seiten und fast schon in häusliche Gewalt abdriftenden Handlungen. Auch sein jahrelanger Medikamentenmissbrauch wird schonungslos zur Schau gestellt. Priscilla zeigt in aller Deutlichkeit, wie es vor allem für junge Frauen sein muss, als Partnerin eines begehrten Stars kein normales und ein abgeschottetes Leben ohne richtige persönliche Entfaltung führen zu müssen.
Zwei starke Hauptdarsteller:innen
Während in Elvis zwischen den Schauspielleistungen eines brillanten Austin Butler und eines nervtötenden Tom Hanks qualitative Schluchten klaften, überzeugen Cailee Spaeny und Euphoria-Star Jacob Elordi als Priscilla und Elvis und verschwinden vollständig in ihren Rollen. Spaeny spielt eher nuanciert und betont dadurch die unsicheren Seiten ihrer Figur, während Elordi dem Gestus von Elvis insbesondere sprachlich sehr nahe kommt.
Ausstattung und Szenenbilder lassen zudem die 1950er- bis 1970er-Jahre filmisch aufleben. Mithilfe einiger starker Montagen stellt Sofia Coppola zudem hervorragend die Übergänge zwischen verschiedenen Lebenssituationen der Figuren dar. Ihr gelungt zudem, den Zuschauer stets im Bilde über den jeweiligen Verlauf der Karriere von Elvis zu halten, da sich diese maßgeblich auf die Beziehung von Priscilla und ihm ausgewirkt hat.
So flott der Film in der ersten Hälfte erzählt ist, so zäh wird er allerdings mitunter in der zweiten Hälfte. Da verpasst es Coppola leider, die Spannung bis zum Ende aufrecht zu erhalten und allen Figurenentwicklungen genug Raum zu geben. Durch das Wiederholen vieler Handlungselemente stellt sie gleichzeitig gewissermaßen das mitunter trostlose Leben von Priscilla auf dem riesigen Graceland-Grundstück akkurat dar.
Fazit
Mit Priscilla veröffentlicht Sofia Coppola die Antithese zu Elvis von Baz Luhrmann. War dessen Biopic aus dem vergangenen Jahr schrill und laut, ist ihr Entwurf einfühlsam und gut beobachtet. Cailee Spaeny und Jacob Elordi brillieren als Priscilla und Elvis, deren von großem Altersunterschied, mehreren Affären und seinem Jähzorn geprägte Beziehung kritisch genug beleuchtet wird, ohne Elvis zu dämonisieren. Priscilla ist ein gelungenes filmisches Zeitzeugnis, das endlich mal aus der weiblichen Perspektive erzählt wird, dem in der zweiten Hälfte allerdings etwas die Puste ausgeht.
Wiederschauwert: 50 %