Bewertung: 4 / 5
Die Neuverfilmung von Der Graf von Monte Christo ist ein wahres Meisterwerk des französischen Kinos. Nachdem in den letzten Jahren bereits die Musketiere ein imposantes Revival erlebt haben, brilliert nun Pierre Niney als Edmond Dantès, der vom unschuldigen Matrosen zum rachsüchtigen Grafen avanciert.
Der junge Franzose Dantès wird zur Zielscheibe eines finsteren Komplotts und an seinem Hochzeitstag für ein Verbrechen verhaftet, das er nicht begangen hat. Nach 14 Jahren im Inselgefängnis von Château d’If gelingt ihm eine waghalsige Flucht. Durch ein Geheimnis seines Mitgefangenen schwerreich geworden, nimmt er die Identität des Grafen von Monte Christo an, um sich an den Männern zu rächen, die ihn verraten haben...
Trailer zu Der Graf von Monte Christo
Bereits mehrfach verfilmt, handelt es sich bei Der Graf von Monte Christo um einen weltweit bekannten französischen Roman von Alexandre Dumas. Mit Jean Marais kam die komplexe Rachegeschichte bereits mit viel Intensität auf die Leinwand, auch Richard Chamberlain verlieh der Rolle des Dantès viel Charisma und emotionale Tiefe in der Miniserie aus den 70er Jahren. Und nicht zu vergessen die Hollywood-Version mit Jim Caviezel und Guy Pearce, die eine actiongeladene Variante des Klassikers zeigte.
Wie könnte es anders sein: Diese Verfilmung ist typisch französisch und opulent inszeniert. Die Kostüme und das Set-Design lassen die Zeit des 19. Jahrhunderts auf faszinierende Weise wieder auferstehen, und das in einer Detailverliebtheit, die der Faszination des französischen Kulturerbes gerecht wird. Man spürt förmlich die alten Pariser Gassen, die rauschenden Feste und die düsteren Gefängnismauern des Château d´If.
Pierre Nineys Darbietung ist sowohl nuanciert als auch kraftvoll, speziell in den späteren Momenten des Films, und er fängt die Evolution und Zerrissenheit der Figur perfekt ein. Neben ihm glänzen großartige Schauspieler wie Laurent Lafitte und Anaïs Demoustier, die die Nebenrollen mit beeindruckender Präsenz ausfüllen. Insbesondere Lafitte, langjähriges Mitglied der Comédie-Française bis zu diesem Jahr, ist ein würdiger Gegenspieler Dantès´.
Was den Vergleich zur Romanvorlage von Alexandre Dumas angeht, so bleibt der Film den Kernelementen der Geschichte treu. Interessanterweise war der Roman ja ursprünglich als Fortsetzungsroman veröffentlicht worden, fast wie eine Soap-Opera seiner Zeit - voller Intrigen, Wendungen und emotionaler Höhepunkte. Auch diese filmische Adaption nutzt diese Struktur geschickt, ohne jedoch dem schnellen Erzähltempo heutiger Blockbuster zu verfallen. Im Gegenteil: Der Film nimmt sich viel Zeit, die Entwicklung von Dantès’ Racheplan und den Wandel der Charaktere in aller Ruhe zu zeigen. Die zeitlichen Abläufe sind nachzuvollziehen, auch wenn die genauen Jahresangaben den Ablauf der verrinnenden Jahre noch mehr erleichtern.
Im Vergleich zu anderen Verfilmungen, etwa der 2002er-Version mit Jim Caviezel, setzt diese Interpretation stark auf die langsame Erzählweise. Wo einige Adaptionen das Abenteuer und die Action in den Vordergrund rückten, schafft es diese Version, die inneren Konflikte der Figuren und die Atmosphäre der Epoche sehr eindrucksvoll zu porträtieren. Der Fokus liegt mehr auf den psychologischen Facetten der Charaktere als auf spektakulären Schwertkämpfen.
Alles in allem ist Der Graf von Monte Christo mit Pierre Niney eine herausragende Neuinterpretation eines Klassikers, die vor allem durch ihre Ruhe, Tiefe und schauspielerischen Leistungen besticht. Wer ein Faible für historische Dramen und Charakterstudien hat, wird diesen Film genießen.