Bewertung: 3.5 / 5
Es ist immer ein klein wenig ärgerlich, wenn ein gewünschter Film nur zu grausamen Zeiten im lokalen Kino gezeigt wird, so das man sich nach dem Arbeitstag noch gut stressen kann, um noch rechtzeitig in die Vorstellung zu kommen. Umso ärgerlicher ist es dann bei der Ankunft, wenn man feststellt, das der Film seit dem gestrigen Blick ins Kinoprogramm spontan um eine halbe Stunde vorgezogen wurde, so das man trotz der obligatorischen Werbung, noch immer einige Minuten zu spät dran ist und dadurch die ersten Minuten des Films verpasst.So fehlen mir leider ca. 10 Minuten zu Beginn des Films, incl. einer Szene welche später im Verlauf des Films noch ein Bedeutung hatte.
"Die drei Musketiere – D’Artagnan" ist der erste Teil, eines neuen Versuchs, den klassischen Stoff von Alexandre Dumas auf die Kinoleinwand zu bringen und muss hierbei sowohl in große Fußstapfen treten, als auch gegen eine regelrechten Pulk an Verfilmungen der letzten Jahrzehnte antreten. Dabei kann die europäische Produktion mit seinen 36 Millionen Budget durchaus aus dem Vollen schöpfen und dürfte damit gegenwärtig eine, wenn nicht die teuerste europäische Produktion überhaupt sein.
Trailer zu Die drei Musketiere - D’Artagnan
Was einem zuerst ins Auge sticht, ist die sehr düstere Optik des Films. Die Bilder bevorzugen vor allem die Farbe Braun, welche sich wie ein roter Faden durch den Film zieht. Gerade wenn die Figur des D`Artagnan das erste mal nach Paris kommt und man die ganze Pracht dieser Schlammschlacht von einer Stadt sieht, wirkt das für die damalige Zeit sehr authentisch umgesetzt und man denkt sich "ja, hier kommt man keine zwei Meter, ohne sich was einzufangen".
Insgesamt muss man hier wirklich die Produktion loben, welche fast nur an Locations gedreht wurde und das Gesamtbild regelrecht nach oben hievt. Von den 135 Drehtagen wurde nur 1 Tag im Studio verbraucht und 134 Tage vor Ort an Locations gedreht. Dabei reden wir hier jetzt weniger von großen Landschaftsaufnahmen wie in einem Western oder dem einen oder anderen Fantasystreifen, sondern von Örtlichkeiten, welche den Film vor allem durch und durch authentisch wirken lassen.
Zusätzlich kann sich der Film brüsten, ein regelrechtes Arsenal an hochwertigen Kostümen und Preps aufzufahren, welche genauso wie das beeindruckende Make-Up, den Film noch wertiger aussehen lassen. Dies sieht dann, passend zur Optik des Films, alles sehr abgenutzt und benutzt aus, die Kostüme meist in Brauntönen gehalten und nur so vor Dreck strotzend.
Die Kampfszenen, welche bei einem Film des "Mantel und Degen Genres" unweigerlich ein großer Bestandteil sind, wurden hier wirklich als Plansequenzen in Longshots gedreht. Ziemlich wertig inszeniert und verdient meinen vollen Respekt, aber ob des hektischen Schnitts und der dauerhaften Wackelkamera, für mich fürchterlich anzusehen. Hier hätte ich mir ein wesentlich ruhigeres Kamerabild gewünscht, damit man die Kampfchoreografie auch genießen kann.
Wenn man sich nun den Cast des Films ansieht, sticht zuallererst François Civil als D`Artagnan heraus. Der Darsteller ist im richtigen Alter für die Rolle und kann diese auch agil und dynamisch wiedergeben. Seine etwas verschmitzte Art, tut der Figur richtig gut und lässt ihn immer glaubwürdig in seinen Szenen erscheinen. Von den drei Musketieren ist es dann natürlich Athos welcher am meisten heraussticht, gerade weil er von dem großartigen Charakterdarsteller Vincent Cassel gespielt wird. Die Klasse dieses Mannes hier weiter zu betonen, wäre wie Eulen nach Athen zu tragen. So bleibt Athos der wohl am besten gespielte Charakter im Film, der auch den größten Hintergrund und Tiefgang abgekommt. Die beiden anderen Musketiere, Pio Marmaï als Porthos und Romain Duris als Aramis, scheinen in ihren Rollen recht passend gecastet worden zu sein und die gewohnten Charaktereigenschaften der Figuren auch zu erfüllen. Man merkt es meinem Satzbau schon an, die beiden letzten Musketiere, bekommen eben nicht genug Screentime, damit man so richtig mehr dazu sagen kann. Hier muss man wohl noch abwarten was der zweite Teil der Verfilmung mit sich bringt. Überhaupt fehlt es diesem Film leider ein wenig an Gruppendynamik und Teamplay der Musketiere. Meist agieren diese alleine oder im Zweiergespann, aber die typische 4-Mann-Akrobatik kommt sehr selten zum Einsatz.
Eva Green als Mylady de Winter scheint bereits auf dem Papier die richtige Besetzung für die Rolle zu sein und kann dies in ihren Szenen auch im Großen und Ganzen deutlich unterstreichen. Diese sind zwar noch recht rar gesät, aber hier werden wir wohl im zweiten Teil dann endgültig den Beweis dafür vorliegen haben.
In der Rolle von König Louis XIII konnte mich gerade Louis Garrel besonders beeindrucken. Seine Darstellung des Monarchen ist nicht der übliche verweichlichte Thronsitzer, sondern ein König der Tat, welcher auch mal schnell und hart Entscheidungen treffen kann und dann zu diesen steht. Dies sind zwar nur ein paar wenige Szenen, aber diese hat der Darsteller schon ziemlich im Griff und kann sie sogar an sich reissen.
Dagegen steht mit Vicky Krieps eine Königin Anna, welche mir eher wie ein braves Hausmütterchen anmutet, als eine Königin die mit dem Lord von Buckingham ein wenig "herumshakert". Ob dies nun an der Darstellerin liegt, oder an der gelangweilt anmutenden deutschen Synchronstimme, kann ich nicht so recht verorten.
Leider bleiben Charaktere wie der besagte Duc de Buckingham oder Kardinal Richelieu im ersten Teil dieser Neuverfilmung eher recht blass in ihren Rollen und konnten für mich keinerlei Akzente setzen oder herausragende Szenen abliefen in denen sie hervorstechen. Auch weitere Figuren im Nebencast dienen mehr der Story und der Inszenierung, als das man hier von ausgefeilten Figuren sprechen könnte.
Die Musik von Guillaume Roussel weiß jederzeit an den richtigen Stellen passend zu unterstreichen und kann auch hier und da recht groß auffahren. Aber auch das komplette Fehlen von Musik an bestimmten Szenen, wird rein von der jeweiligen Inszenierung der Szenen geschickt umgesetzt.
Unterm Strich ist "Die drei Musketiere – D’Artagnan" eine der besseren Verfilmungen der weltweit bekannten Literaturvorlage. Vor allem das Drehen an Locations vor Ort und das man dem Film jederzeit ansieht, das hier noch alles handgemacht umgesetzt wurde, denn mir viel in der ganzen Laufzeit kein einziges CGI auf, hebt ihn über so ziemlich die meisten Verfilmungen der Neuzeit hinaus. Doch obwohl dem Film immer wieder mal ein wenig die Puste ausgeht, denn wir reden hier nicht von einem Dauer-Action-Feuerwerk, hat er mit seinen zwei Stunden so ziemlich die richtige Laufzeit und der Gros des Casts kann durch seine Performance dann auch vieles an Ungereimtheiten wieder wettmachen.
Das reicht zwar noch lange nicht um sich mit den beiden besten Verfilmungen zu messen, nämlich dem Ensemble-Highlight von 1973 mit Michael York, Oliver Reed, Richard Chamberlain, Christopher Lee, Raquel Welch, Faye Dunaway und einen Charlton Heston als Kardinal Richelieu kann man sowieso nicht übertrumpfen, sowie der klassischen, recht farbenfrohen Hollywood Verfilmung von 1948 mit dem unsterblichen Gene Kelly, dessen Fechtszenen eher einem Tanz gleich kamen.
Trotzdem würde ich hier ein klare Empfehlung aussprechen sich die Neuverfilmung mal anzusehen, aber unter der Prämisse, das wir hier ähnlich wie bei der aktuellen Verfilmung von Dune, eine Zweiteiler vorliegen haben und um das Gesamtbild zu bekommen, man sich auch den zweiten Teil im Dezember anschauen sollte. Ich jedenfalls freu mich auf die Fortsetzung und vergebe bis dahin mal vorsichtig
7 von 10 Punkten - Hoher Wiederschauwert
mit der Option, meine Bewertung am Ende des Jahres evtl. noch zu erhöhen.