
Bewertung: 1 / 5
Er hat es wieder getan. Erneut zieht Paul W. S. Anderson einen bedeutenden Namen mit einem katastrophalen Film in den Abgrund. Vor fünf Jahren gelang ihm das bereits hervorragend mit der Videospieladaption Monster Hunter zur gleichnamigen Spielreihe. Dieses Jahr ist es George R. R. Martin, der gefeierte Autor von "Das Lied von Eis und Feuer". Genau wie seine geniale Vorlage für Game of Thrones, gehen wir davon aus, dass auch die Kurzgeschichte, welche für diesen Film als Vorlage herhielt, durchaus von Qualität durchzogen ist. Davon hat Paul W. S. Anderson nur leider nichts in diesem Film verbaut.
In the Lost Lands Kritik
Eine Königin, verzweifelt auf der Suche nach der Erfüllung ihres Liebesglücks, macht einen gewagten Schritt: Sie schickt die mächtige und gefürchtete Hexe Gray Alys (Milla Jovovich) in die „Lost Lands“, um ihr die magische Gabe zu verschaffen, sich in einen Werwolf zu verwandeln. Mit dem geheimnisvollen Jäger Boyce (Dave Bautista), der ihr im Kampf gegen düstere Kreaturen und gnadenlose Gegner zur Seite steht, durchstreift Gray Alys eine unheimliche und gefährliche Welt. Und nur sie weiß, dass jeder Wunsch, den sie erfüllt, ungeahnte Konsequenzen hat …
Trailer zu In the Lost Lands
Solltet ihr den Wunsch haben, In the Lost Lands im Kino zu schauen, werdet auch ihr die Konsequenz dieser Entscheidung tragen müssen, den Verlust eurer kostbaren Lebenszeit. Die Vorboten dieses Desasters sind Milla Jovovich und Dave Bautista. Betrachten wir Andersons neuestes Werk der Schande als Trashfilm, dann erfüllen die beiden Hauptakteure wenigstens die Mindestanforderungen dafür. Abseits davon ist ihre Leistung maximal ungenügend. Dave Bautista, der sich als ernstzunehmender Schauspieler etablieren möchte, enttäuscht umso mehr als seine Kollegin, die diesem Vorhaben lange abgeschworen zu haben scheint. Passend zu den miesen Dialogen liefert er hier kein nennenswertes Schauspiel ab. Kurz nach Beginn ihrer gemeinsamen Reise trauert er einen Moment um seine verstorbene Schlange. Die Hexe Gray Alys entgegnet darauf, dass sie noch nie einen Mann gesehen hat, der so emotional auf den Tod einer Schlange reagiert. Wir sahen jedoch nur Dave Bautista, der mit leerem Blick auf die Schlange schaut und sie post mortem für ihr Können lobt. Das kann nicht weniger als einer dieser paar unfreiwillig komischen Momente des Films sein. Nicht mehr als ein Witz ist ebenso die Chemie zwischen Jovovich und Bautista. Dadurch gelang es ihnen zu keinem Zeitpunkt, uns emotional zu involvieren.
Wie bereits erwähnt, sind wir davon überzeugt, dass die vorliegende Kurzgeschichte, eines der bedeutendsten Fantasy-Autoren unserer Zeit, die Grundlage für eine gute Adaption bildet. Regisseur Paul W. S. Anderson sah das wohl anders. Bei der Umsetzung der postapokalyptischen Fantasy-Welt klaut er nahezu frech von Furiosa - A Mad Max Saga und koppelt diese "Inspirationen" mit Motiven des Western. Passend zum Endzeit-Setting könnten die Sets direkt von der Mülldeponie stammen, doch auch ihnen mangelt es an Tiefe. Stattdessen setzt Anderson auf einen billigen Greenscreen, der in seiner Qualität an das chaotisch hässliche Effektgewitter der Action-Szenen grenzt. Dadurch ruiniert Anderson sich auch die letzten stylishen Shots, in die er Dave Bautista und Milla Jovovich setzen möchte.
Mit lediglich 101 Minuten Lauflänge quält euch In the Lost Lands immerhin nicht übermäßig lange. Tatsächlich liegt in der Laufzeit und dem Pacing die wahrscheinlich einzige Stärke des Films. Die Geschichte führt unsere Protagonisten auf ein gemeinsames Abenteuer, eine Reise, deren Fortschritt über eine eingeblendete Karte visualisiert wird. Dass diese Karte eher der Logik eines Videospiels entspricht, als eine glaubhafte Welt darzustellen, steht außer Frage. Die verschiedenen Etappen der Geschichte fühlen sich wie zunehmend schwieriger werdende Level an, die schließlich in einen Bosskampf am Ende der Handlung münden. Zeitgleich nutzt der Streifen einen Timer, in Form von Tagen bis zum Vollmond, um die Dringlichkeit ihres Unterfangens zu unterstreichen. Durch die schiere Menge an Handlungsorten und die begrenzte Laufzeit springen wir in der Handlung schnell voran. Dieses Tempo des Films wird sowohl durch den Timer als auch die Landkarte symbolisiert. Dadurch gelingt es In the Lost Lands ein flottes Pacing aufrechtzuerhalten und keine unnötig gestreckten Szenen zu hinterlassen. Leider verliert sich dieses Tempo zum Finale hin. Hier zeigt Anderson, dass er eine komplexere Geschichte erzählen wollte. Die Twists des letzten Akts waren es, die uns daran erinnern ließen, dass dies auf einer Geschichte von George R. R. Martin basiert. Während sie im Buch möglicherweise besser vorbereitet wurden, setzt Anderson auf den Überraschungsmoment der Wendepunkte, ohne diese ausreichend vorzubereiten. Damit Nichtkenner der Geschichte nicht verwirrt das Kino verlassen müssen, schmiert er uns die Erklärungen mittels Voice-over und Rückblenden aufs Brot.
Trotz einer überraschend komplexen Handlung im letzten Akt und lustloser Erklärungen dieser, kamen wir nicht umhin, die zahlreichen Plotholes zu entdecken, die die gesamte Handlung obsolet werden lassen. Als Gray Alys zwecks der Rekrutierung von Boyce zu Beginn in die Bar kommt, versucht dieser sie mit der Begründung, er sei hier, um Karten zu spielen, abzuwimmeln. Da kam bei uns unweigerlich die Frage auf: mit wem denn? In solchen Momenten glänzt In the Lost Lands mit seinem herrlich schrecklichen Drehbuch und schaffte es immerhin, uns zum Schmunzeln zu bringen. Darüber hinaus sind es Momente wie der Kampf im Atomkraftwerk, die uns jeglichen Glauben an physikalische Gesetze nahmen. Passend zum Videospielvergleich nutzt Boyce explosive Fässer, um die tödlichen Kreaturen der Wildnis zu bekämpfen. Wir wollen euch an dieser Stelle den Spaß nicht nehmen und lediglich auf die Position der verschiedenen Fässer hinweisen. Da würde der Brandschutzbeauftragte glatt den Glauben an die Menschheit verlieren. Widerwillig müssen wir dem Streifen zugutehalten, dass Boyce zuvor erwähnt, dass die Naturgesetze in den titelgebenden Lost Lands nicht gelten.
Fazit
Ja, nein ... vielleicht? So ganz wissen wir noch nicht, ob wir In the Lost Lands über oder unter Monster Hunter einordnen sollen. Fakt ist, beides sind apokalyptisch miese Streifen, die, wenn überhaupt, als Trashfilme etwas taugen. Sie beide versagen darin, eine Fantasy-Welt glaubhaft zu etablieren und ihre Figuren packend einzuführen. Die Handlung verläuft somit ohne emotionale Teilhabe des Zuschauers und mündet in der Not, Twists und Motive von Figuren über Rückblenden und Voice-over erklären zu müssen. Das Gerippe von Drehbuch wird angereichert mit unausgereiften Effekten und trostlosen Sets. Diese sollen ein Spektakel suggerieren, damit wir Zuschauer bloß keine Sekunde daran verschwenden, über die Logik all dessen nachzudenken.
Schließlich zeigt sich die einzige Stärke von In the Lost Lands in seiner Kurzweiligkeit. Zwar ist der Streifen mit seinen 101 Minuten weiterhin zu lang, doch vergehen sie dank flottem Pacing schnell genug, bevor die Müdigkeit anfängt einzusetzen. Abseits der Qualität von Paul W. S. Andersons neuesten Streich, sind die Einflüsse der Kurzgeschichte von George R. R. Martin auf sein adaptiertes Meisterwerk "Das Lied von Eis und Feuer" klar erkennbar. Religionskritik, Gestaltwandler, Ränkespiele um die Macht, alles komplexe und interessante Konzepte, die der Film mit Bravour links liegen lässt und sich stattdessen auf sein stumpfes Action-Spektakel konzentriert.
