Bewertung: 4 / 5
„Die Braut“ (Uma Thurman) hat ihr altes Leben hinter sich gelassen. Eigentlich. Auf ihrer eigenen Hochzeit verwandeln ihre ehemaligen Weggefährten O-Ren Ishi (Lucy Liu), Vernita Green (Vivica A. Fox), Budd (Michael Madsen) und Elle Driver (Daryl Hannah) den schönsten Tag ihres Lebens in ein Blutbad. Die Braut überlebt das Massaker und schwört nun Rache an der Gruppe und deren Auftraggeber Bill (David Carradine). Nun führt sie ihr Weg nach Okinawa, wo sie auf den legendären Waffenschmied Hattori Hanzo (Sonny Chiba) trifft.
Es gibt wohl kaum einen Film, oder besser gesagt einen filmischen Zweiteiler, an dem man das wahre Talent von Quentin Tarantino besser erkennen kann, als an Kill Bill – Volume 1. Schließlich kann man sagen, daß Tarantino hier vielleicht die dünste Geschichte seiner Karriere verfasste. Eine Frau sehnt sich nach Rache an einem Mann und dessen Gefolgsleuten, die ihr ein unglaubliches Trauma aufbereiteten. Im Folgenden wird das sicherlich nicht tiefsinniger und man hat auch insgesamt den Eindruck, daß Kill Bill – Volume 1 ein Film ist, der über weite Strecken eher ironisiert verschiedenste Genres abklappert und dabei vor allem humoristischen Zynismus bietet. Man kann sich nach mehrmaligem Schauen schon fragen, ob man das wirklich von Anfang bis Ende ohne einen Seufzer durchsteht. Nicht, daß gewisse Actionsequenzen auf Dauer schlechter würden, nur weil man sie schon dutzende Maule gesehen hat. Allerdings ist auch dieses Werk nicht unbedingt brillant gepaced. Dafür sind gerade die Dialoge, wenn sie denn nicht irgendeinen Pseudo-Ehrenkodex enthalten, oder vermeintliche Exposition, manchmal das, was eigentlich am meisten stört. Gut, daß ist natürlich meckern auf einem Niveau, daß erreicht werden muss. Mit Dialog ist auch nicht Dialog gemeint, sondern viel eher das Problem, daß Figuren auch mal zwischendurch reden. Und das will man weder in John Wick (2014), noch in Kill Bill – Volume 1 sehen, besser gesagt hören.
Überdies ist Kill Bill – Volume 1 eine absurd vielschichtige Gewaltorgie. Und zwar im Sinne des Stilismus. Klar ist man da auch substantiell weniger gut aufgestellt. Doch man sollte nicht darüber sprechen, was eigentlich erzählt, sondern viel eher, was gezeigt wird. In dieser Hinsicht ist das Werk ein wahres fest, weil es die verschiedensten Einflüsse auf Tarantino bereithält. Vom Eastern, bis hin zum Italo-Western. Ein Rachefilm mit Thrilleallüren und dann darüber hinaus noch ein waschechtes Drama, daß sich zudem anfühlt wie ein Comic, oder besser gesagt ein Anime. Ja, in seinem Härtegrad und in seiner Stilisierung fühlt sich der Film keineswegs wie etwas an, was man im herkömmlichen, westlichen Kino oft zu sehen bekommt. Viel eher ist es eine absurde Mischung, die aber aus unerfindlichen Gründen funktioniert. Allein, wenn die Braut zu Beginn ihre Kampfkenntnisse erwirbt, dann ist das eine herrliche Idee. Ein Mann, von zweifelhaftem Ökomischen Stand, der auch eher weniger wie das wirkt, was man so aus der Pseudo-Folklore kennt. Und dabei ist das eine ziemlich gute Idee, immerhin wird damit der amerikanische Antiintellektualismus, die kapitalistische Offenheit und das Thema Ausbeutung in einem Satz angerissen. Es ist einfach atemberaubend unterhaltsam. Und das ist sowieso ein großes Talent von Kill Bill – Volume 1. Denn dieser Film ist mit seinen seltsamen Ideen, so anders und damit so gewagt, daß man Tarantino hier eigentlich nur Applaudieren kann.
Wenn Frauen mit Augenklappen und Klingen in den Kampf ziehen und dabei dann noch die Familie des Feindes berücksichtigt wird, kann man nicht mehr von einem gewöhnlichen Film sprechen. Und da ist das zentrale Motiv von Kill Bill – Volume 1 inbegriffen. Es geht im Film um Ehre. Natürlich entnommen aus dem, was die asiatische Kultur da vorgibt, aber auch für die Figuren passend. Das macht sie menschlich und hilft auch die einfachen Konflikte noch einmal auszubreiten. Da reden sie eben darüber, wie sie sich umbringen werden und warum sie das tun. Manchmal reden sie auch darüber, warum sie es nicht tun würden, wie es ihnen Leidtäte, was man dem jeweils anderen passiert ist und so weiter und so fort. Dieser Begriff der Ehre, der ansonsten im modernen Kino und auch in der modernen Kultur fast anachronistisch wirken würde, ist interessant. Denn die Gegenwart kennt Ehre im Kino vor allem in Bezug auf das Thema Familie und Schutz vor Schaden. Hier macht sich Tarantino aber auch nicht frei von diesen Konventionen, weil immerhin ist auch die Familie nein zentraler Teil der Geschichte, besser gesagt der Auslöser. Doch Tarantinos Film betrachtet das eben ironisch, weil es sehr albern wirkt, wenn sich da irgendwelche Kampferprobten Menschen im Krankenhaus die Schädel einschlagen.
Und dann ist Kill Bill – Volume 1 vor allem ein grandioser Actionfilm. Das kann man schon zu Beginn betrachten, wenn die Braut sich ihr erstes großes Opfer sucht. Intim, in einem schönen Haus und dann geht es weiter. Vor allem zum Finale, wenn sie dann auf die sogenannten Crazy Eightyeight trifft, schöpft Tarantino aus dem Vollen. Ein Blutbad, fast orchestriert, mit dem Sinn für Ästhetik, übertriebene Gewaltspitzen, Fontänen aus Blut und dann in einer perfekten Symbiose aus Tanz und Nähe zum Gegenüber. Der Film kostet das in vollen Zügen aus und wie gesagt, er wird dahingehend sicherlich Einfluss auf das Comeback von Keanu Reeves gehabt haben. Das macht Spaß, wenngleich es herrlich a-moralisch ist. Das ist kreativ, wenngleich nichts weiter als ständiges Morden passiert und die Frage, die dann im Raum steht, ist, ob es sich dabei noch um einen ernstzunehmenden Film handelt. Denn in diesen Momenten kann man hier sicherlich eher von einem Cartoon, als einem Film sprechen. Und daher ist es eben auch im gesamten Unterhaltsam.
Inhaltliche Tiefsinnigkeit such mit in Kill Bill – Volume 1 vergebens. Der Film ist eher eine Ansammlung aus Gewalt und Ehre. Ganz im Sinne vorangegangener Werke setzt Tarantino diesem jedoch gekonnt seinen eigenen Stempel auf. Und dann ist es vor allem ein unterhaltsamer Film, der kaum Längen aufweist.
Trailer zu Kill Bill - Vol. 1
