Bewertung: 3.5 / 5
Manchmal schaut man im Kino einen Film und fragt sich, wie dieser es nur auf die große Leinwand geschafft hat. Und dann schaut man einen nur im Streaming veröffentlichten Film und fragt sich, wie dieser es nicht ins Kino schaffen konnte. Mit No One Will Save You ist jetzt ein Film auf Disney+ erschienen, den man durchaus als kleines Juwel bezeichnen könnte und der auch auf der großen Leinwand einen Blick wert gewesen wäre.
No One Will Save You Kritik
Brynn (Kaitlyn Dever) ist eine begabte junge Frau, die sich von der Gesellschaft entfremdet hat. Sie findet Trost in ihrem Haus, in dem sie aufwuchs, bis sie eines Nachts von seltsamen Geräuschen geweckt wird, die von außerirdischen Eindringlingen stammen. Es entsteht ein actionreicher Kampf zwischen Brynn und den außerirdischen Wesen, die ihre Zukunft bedrohen und sie zwingen, sich ihrer Vergangenheit zu stellen.
Trailer zu No One Will Save You
So ganz verstehen wir die Veröffentlichungspolitik von Disney zuletzt nicht. Der perfekte Halloween-Film für die ganze Familie wird im Juli direkt nach Barbenheimer veröffentlicht und ein mehr als beachtlicher Alien-Horrorfilm wird ohne große Werbung im Streaming vergraben.
Diese Entscheidung ist nicht nur aufgrund der guten Qualität von No One Will Save You bedenklich, sondern auch aufgrund des UFO-Hypes der letzten Monate, nicht zuletzt durch die Kongressanhörung in den USA. Das alleine wäre doch perfektes Marketing gewesen. Das Thema UFOs und Aliens wird zudem spätestens seit diesem Jahr nicht mehr nur belächelt, sondern ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Es hätte doch kaum einen besseren Zeitpunkt als aktuell gegeben, einen Film wie diesen im Kino zu veröffentlichen.
Wer auf beklemmende Alien-Invasions-Filme im kleinen Rahmen steht, wird mit No One Will Save You viel Freude haben. Große, spektakuläre Bilder sollte man hier nicht erwarten. Statt die globalen Auswirkungen zu zeigen, geht No One Will Save You den eher intimeren Weg. Regisseur Brian Duffield schafft es dabei, die häusliche Invasion der fremden Macht äußert spannend zu inszenieren und das zudem ohne, dass einem das alles wie eine Kopie so vieler anderer Filme vorkommt. Und das, obwohl er, streng genommen, nur wenig wirklich Originelles bietet. Dass der Film dennoch eine fast schon frische Aura versprüht, liegt vor allem an einigen sehr guten Entscheidungen, die hier kreativ getroffen wurden.
Man nutzt zwar viele der üblichen Markenzeichen ähnlicher Horrorfilme, gleichzeitig vermeidet man aber auch viele der sonst üblichen inszenatorischen Methoden dieses Genres. Dadurch erschafft der Film sich eine gewisse Unvorhersehbarkeit. Wo andere Filme mit simplen Jump Scares versuchen für Grusel zu sorgen, geht No One Will Save You wesentlich subtiler und ruhiger vor und sorgt damit für eine teils noch unheimlichere Stimmung. Ein im Hintergrund still stehendes Alien ist durchaus unheimlicher, als ein plötzlich aus dem Schrank springendes Monster.
Wir wollen euch natürlich nicht alles vorwegnehmen, doch der Film geht noch einige weitere, eher unübliche Wege, von denen wir überrascht waren. Dadurch entsteht gar ein Genremix, der den Film um noch einiges unterhaltsamer macht. Denn so unheimlich und bedrohlich die ganze Situation auch sein mag, so ist Protagonistin Brynn nicht gewillt, sich nur zu verstecken und erschrecken zu lassen.
Sie ist es auch, mit der wir den ganzen Film über verbringen. Kaitlyn Dever liefert dabei eine wirklich tolle Performance ab. Und das musste sie auch, denn der Film kommt fast vollständig ohne Dialoge aus. Tatsächlich dauert es mehr als eine Stunde, bis das erste Wort gesprochen wird und auch dann nur sehr zurückhaltend. Doch durchs Devers tolles Schauspiel ist dies auch gar nicht nötig. Sie schafft es auch ohne Worte, uns alles zu sagen, was wir wissen müssen. Und ihre Brynn ist nicht stumm, es ist schlicht eine kreative Entscheidung gewesen, hier so vorzugehen. Vor allem all diejenigen, die sich stets über unrealistische und unnötige Selbstgespräche mancher Protagonisten in anderen Filmen aufregen, werden das Vorgehen hier äußerst erfrischend finden.
Aufgrund dieser Tatsache ist es auch nicht schlimm, dass No One Will Save You über Disney+ nur in der englischen Version vorliegt. Ebenfalls positiv erwähnenswert ist die knappe Laufzeit von gerade einmal 93 Minuten. Und der Film verschwendet keine Minute davon, denn nach einer kurzen Einführung geht der Film auch schon recht zügig in die vollen.
Ganz auf Spezialeffekte wird hier nicht verzichtet, doch werden sie sehr dezent eingesetzt. Und wenn es welche gibt, so können die sich auch durchaus sehen lassen. Der Rest ist klassisch und handgemacht, was spürbar zur Atmosphäre beiträgt.
Fazit
Es sind diese vielen guten Entscheidungen, die No One Will Save You von vielen anderen Filmen ähnlicher Thematik abhebt. Dennoch muss man natürlich erwähnen, dass hier das Rad nicht neu erfunden wird. Und auch zum Ende hin durchlebt die Story einige Wendungen, die vielleicht nicht jedem schmecken werden.
Doch als Ganzes ist hier ein atmosphärisch dichter und spannender Vertreter eines Genres erschienen, von dem wir nicht dachten, dass er uns so gut unterhalten kann. Sowohl Regisseur Brian Duffield als auch Hauptdarstellerin Kaitlyn Dever zeigen, dass auch mit nur minimalistischen Mitteln eine Geschichte auf kleinem Raum durchaus große Qualität hervorbringen kann. No One Will Save You ist eine schöne Überraschung geworden.
Wiederschauwert: 70 %