
Bewertung: 4 / 5
Hart, sexy, verführerisch, Red Sparrow ist ein klasse Einstieg in den neuen Monat! Ein Film über die Welt der Geheimdienste, in der das Leben des Einzelnen gar nichts zählt und dieser nur ein Spielball im Namen des Patriotismus ist. Dank erstklassiger Besetzung kann der Film auch ein paar kleine Hänger zum Ende hin gekonnt umschiffen und den Zuschauer so bei der Stange halten.
Red Sparrow Kritik
Dominika Egorova (Jennifer Lawrence) gehört zu den Stars am russischen Bolschoi-Theater, bis ein schwerer Unfall ihrer Karriere ein Ende setzt. Um für sich und ihre Mutter sorgen zu können, gibt sie dem Drängen ihres Onkels (Matthias Schoenaerts) nach und lässt sich zu einem "Sparrow" - einem Spatz - ausbilden. Spatzen werden darauf getrimmt, die Kunst der Verführung für ihre Einsätze gewinnbringend einzusetzen. Doch nicht nur die Ausbildung ist hart, auch ihr erster Auftrag bringt sie an ihre Grenzen. Dominika soll nämlich einen amerikanischen CIA-Agenten (Joel Edgerton) ausfindig machen und dessen Quelle, einen russischen Verräter, enttarnen...
Trailer zu Red Sparrow
Wirklich auf dem Schirm hatten wir Red Sparrow in diesem Jahr nicht. Jennifer Lawrence ist immer ein wenig zu gehyped und Agententhriller zwischen Ost und West sind eine Gratwanderung, denen heutzutage oft der gewisse Funke fehlt. Entsprechend skeptisch waren wir vor der Pressevorführung, doch diese Skepsis verflog recht schnell. Und das lag vor allem an der für heutige Verhältnisse ungewöhnlichen Erzählweise, für die sich Regisseur Francis Lawrence entschied.
Dass die Kombination Lawrence/Lawrence ganz gut harmoniert, wurde bereits mit den Panem-Teilen bewiesen, nachdem der Regisseur die Reihe ab Die Tribute von Panem - Catching Fire übernahm. Sein Talent war immer wieder zu erkennen, aber auch, dass er in vielerlei Hinsicht durch die erzwungene Freigabe limitiert war. Bei Red Sparrow konnte er sich nun ausleben, ohne kleinliche Studiovorgaben beachten zu müssen. Das Ergebnis ist dadurch ein von Beginn an stimmiger Film, im dem die Welt der Geheimdienste als kein schöner Ort gezeichnet wird. Die Protagonisten sind Teil eines perversen Systems, welches sie für Machtspiele einsetzt und benutzt.
Gewalt kommt vor, wird dennoch spärlich eingesetzt, nicht aber ohne teils sehr deftige Gewaltspitzen, die gerade im Kontrast zum Rest des Films extrem intensiv wirken. Ebenso ist der für amerikanische Produktionen hohe Anteil an Sex und nackter Haut ziemlich ungewohnt und sorgt schnell für Aufmerksamkeit. Es passt aber zur Darstellung der Filmhandlung und wirkt dadurch nie aufgesetzt. Regisseur Lawrence ergötzt sich nicht daran und setzt zudem auf ein Erzähltempo, indem er sich ungewöhnlich viel Zeit nimmt.140 Minuten sind eine enorme Laufzeit für einen Agententhriller und die Zeit wird von Anfang an auch ausgenutzt, um besonders die Entwicklung von der Primaballerina hin zur verführerischen Agentin glaubwürdig zu zeigen. Gerade weil die Protagonistin auf ihre Reize setzt und Waffen tabu sind, entsteht für den Zuschauer kein Szenario, in dem man sich fragt, wieso Dominika plötzlich alles kann.
Auch wenn es Francis Lawrence nicht schafft, die gesamte Laufzeit mit spannendem Inhalt zu füllen und sich im letzten Drittel die Handlung etwas zieht, kann sich das Ergebnis sehen lassen und gewährt dem Zuschauer einen aufregenden Einblick in die Welt der Geheimdienste. Natürlich muss man bei einem Film wie Red Sparrow mit einer gewissen Schwarz-/Weiß-Malerei leben. Zwar werden die Amerikaner nicht direkt als Helden glorifiziert und auch Kritik an deren System schimmert durch, aber das alte Feindbild des bösen Russen wird herausgekramt. Entsprechend dunkel und beklemmend ist auch der Ostblock dargestellt und wenn man ganz genau sein will, dann handelt es sich bei Red Sparrow auch um einen Film mit radikalem "US-Washing" - alle Russen werden fast durchgängig von Amerikanern oder Westeuropäern gespielt. Aber da wir diese Debatte für genauso idiotisch halten wie die ständig wiederkehrende übers White-Washing, sei dies nur am Rande erwähnt. Was zählt ist das Produkt und was Regisseur und Schauspieler daraus machen.
