Bewertung: 4.5 / 5
"Trautes Heim, Glück allein", heißt es in einem Sprichwort. Die eigenen vier Wände sind ein Rückzugspunkt, einer der wenigen Orte, an denen man sich wirklich sicher fühlen kann. Aber wer sagt eigentlich, dass dieses Gefühl der Realität entspricht? Was, wenn die Wohnung nur scheinbar ein ganz privater Raum ist, zu dem niemand sonst Zugang hat? Regisseur Jaume Balagueró, der sich mit dem Horrorfilm [Rec] (2007) einen Namen machte, entlarvt in dem perfiden Thriller Sleep Tight die Sicherheit als Illusion, das ganz Normale als das abgrundtief Böse. Dieses Mal schlummert es in einem dienstbeflissenen Hauswart.
Die muntere Clara (Marta Etura) begegnet Portier César (Luis Tosar) stets fröhlich und gut gelaunt. Und genau das nervt den stillen Mann, der nach außen hin immer freundlich und hilfsbereit auftritt, ungemein: Tief in seinem Inneren kocht die Wut über diese alberne junge Frau, der scheinbar nichts den Tag vermiesen kann. Doch César weiß ebensogut, dass er die Macht hat, Claras Leben für immer zu zerstören.
Subtil und Schritt für Schritt arbeitet sich Balagueró in die schwarze Seele seines Protagonisten vor. Alles, was César tut, ist genau durchdacht, exakt geplant und von Drehbuchautor Alberto Marini glaubhaft und nachvollziehbar entwickelt. Hier liegt das wirklich Erschütternde: Das, was in dem Mietshaus in Barcelona passiert, könnte sich in jedem anderen Mietshaus auf der Welt zutragen - sofern der Portier wie César die Schlüssel zu sämtlichen Wohnungen besitzt.
Diese Tatsache und das uneingeschränkte Vertrauen der Mieter, die nichts von Césars Intrigen gegen sich ahnen, öffnen dem devoten Dienstboten wortwörtlich Tür und Tor. Sein grausamer Plan, seinem Lieblingsopfer Clara das Lächeln ein für allemal auszutreiben, lässt sich so kinderleicht in die Tat umsetzen. Plötzlicher Kakerlakenbefall der Wohnung, Hautausschlag nach dem Eincremen, ständige Müdigkeit trotz tiefen Schlafs - die Grafikerin hat keine Ahnung, was die Ursache für diese Unannehmlichkeiten ist.
Immer mehr spitzt sich die Situation zu, immer abgebrühter und kaltschnäuziger werden Césars Aktionen - bis es schließlich zu einem ebenso ekelhaften wie grausamen Showdown kommt...
Die konstante Anspannung, die das exakt bemessene Erzähltempo verursacht, nimmt bis zur letzten schockierenden Minute des Films nicht ab. Immer mehr identifiziert man sich mit der zunehmend verstörten Clara, immer entsetzlicher muten die Taten des von Luis Tosar mit einer beachtlichen Kälte gespielen César an. Die ruhigen, aufgeräumten Bilder tun ihr Übriges, um das Ausmaß des Psychoterrors, dem Clara unterworfen ist, beinahe unerträglich zu machen. Sleep Tight ist ein beklemmendes Kammerspiel, das kompromisslos klarmacht, dass längst nicht alles so ist, wie es scheint. Selbst die eigenen vier Wände nicht.
Sleep Tight bekommt 4,5 von 5 Hüten.
(Quelle: teleschau - der mediendienst | Christina Freko)


