Bewertung: 1.5 / 5
Zum Negativen:
Ich war begeistert vom Roman als Hörbuch, die "The Stand"-Miniserie könnte man dagegen leider oft für eine zweitklassige Soap halten. Der billige TV-Look, die Lichtsetzung, die (nicht vorhandenen?) Filter, die ruhige, melodisch-eintönige Moll-Musikuntermalung, die schlechten Schauspieler sowie allgemein die holprige und ungeschickte Inszenierung von Drama-, Liebes- und Sexszenen fügen sich zu einem qualitativ minderwertigen Produkt zusammen, wobei sich Schauspieler und Inszenierung da gegenseitig bedingen. Immerhin lädt das alles des Öfterem zur unfreiwilligen Komik ein, insbesondere betrifft das Randall Flagg in der vierten Episode "The Stand", in der er teils mit einer mies aussehenden Teufelsmaske über dem Kopf herumläuft, das schießt echt den Vogel ab^^ Mir tut es ja selbst etwas Leid wegen des geringen Budgets, aber in diesen Momenten ist das reiner Trash. Darüberhinaus handelt es sich bei der Miniserie zum Großteil lediglich um eine Zusammenfassung des Romans, in welcher die wichtigen Ereignisse aneinandergereiht werden, ohne aber die inhaltliche und charakterliche Tiefe der Vorlage zu erreichen.
Ansonsten durchziehen die Miniserie manch spezielle Drehbuch- und Regieentscheidungen, die mir (als Fan des Romans) missfallen. In den Träumen erschreckt Randall Flagg seine Opfer durch Jumpscares, aufgrund der Stupidität konnte ich nicht anders als zu lachen. Der Mülleimermann hätte sich tatsächlich zu einem lustigen und interessanten Charakter entwickeln können, sein Wahnsinn wird bewusst überzogen und komisch dargestellt und seine zerrissene Psyche wird angedeutet, beides muss schließlich aber dem an Randall Flagg gerichteten Ausruf "My life for you!" weichen, der ständig und nervend wiederholt wird. Die Serie endet mit Stu, Fran und ihrem Baby im Krankenhaus, die Romanpassagen danach, inklusive des Epilogs, wurden nicht adaptiert. So steht Stus abschließender Frage "Do you think, people can change? Do you think, that´s possible?" ein klassisches Happy End gegenüber, was den Sinn und Aussagegehalt der Frage vollkommen verfehlt und ad absurdum führt.
Zum Positiven:
Mit der zweiten Hälfte der ersten Episode "The Plague", welche die Folgen des Virus Captain Trips und den Zusammenbruch der Gesellschaft zeigt, gelingt es den Machern, ein überzeugendes Horrordrama zu kreieren. Dabei lebt dieser Abschnitt allerdings auch enorm von Kings hochwertiger Vorlage.
In der zweiten Episode "The Dreams" findet sich eine schöne Szenengestaltung. Im Hintergrund sieht man die qualmenden Ruinen einer Stadt, aus der ein Stau führt, welcher von grünen Wiesen umgeben ist, die Kamera befindet sich hier zwischen den Autos. Vor der Kamera sitzt Larry Underwood auf einem der Autos und singt ein Lied, bei dem er sich selbst mit einer Gitarre begleitet. Befreit und friedlich, nur für sich selbst bzw. für den Zuschauer in der menschenverlassenen Welt.
Das Singen der Nationalhymne während der Versammlung in der dritten Episode "The Betrayal", die Kamera fährt und schneidet durch die Reihen und zeigt neben dem singenden, vereinigten Kollektiv auch die individuellen Reaktionen der Protagonisten. Zum Beispiel Frans Stolz auf Stu, sie stimmt die Hymne auch an, um das Eis zu brechen. Leo, der aus Schüchternheit oder Peinlichkeit nicht mitsingt, sich aber die Hand an die Brust hält. Nick, der dem inbrünstig singenden Tom die Hand auf die Brust hält, um dessen Stimmvibrationen zu fühlen, dadurch angesteckt wird und ebenfalls zu singen versucht. Harolds intrigantes, künstliches Mitsingen und Nadines zweigeteilte Gefühlswelt. Sie singt mit bzw. täuscht dies vor und bricht dann ab, was aber wohl Zweifel und Unsicherheit in ihr zu wecken scheint. Direkt nach dem Gesang wird zu Mutter Abagail geschnitten, wie sie Boulder alleine, heimlich und unbemerkt verlässt.
Zum Bemerkenswerten an den Schauspielern:
Die beiden früheren King-Schauspieler Ed Harris und Kathy Bates wurden bewusst von King in die Miniserie eingebaut, passenderweise treten beide in der zweiten Hälfte der ersten Episode auf, dem für mich hochwertigsten Abschnitt der Miniserie. Harris spielt den Army-General und Vorgesetzten des Biowaffen-Projektes, Bates spielt die gegenüber dem US-Militär rebellische und oppositionelle Radiomoderatorin Rae Flowers. Der ebenfalls bekannte und größere Schauspieler Gary Sinise kann dem Werk in einer der Hauptrollen als Stu Redman dagegen keinen auffallenden und nachhallenden Stempel aufdrücken. Funfact: Ken Jenkins, Dr. Bob Kelso aus "Scrubs", ist in der ersten Episode als Frans Vater zu sehen^^
Adam Storke, der Schauspieler von Larry Underwood, sieht ein bisschen so aus, als wollte man Jeff Goldblum casten, hätte aber nicht die Gage zahlen können. Ähnliches gilt für Randall Flagg, Jamey Sheridan sieht aus wie Mel Gibson, ich hätte es aufgrund seiner Fähigkeit zum manischen Spiel klasse gefunden, wäre er es tatsächlich gewesen. Unabhängig davon handelt es sich bei Jamey Sheridan meiner Meinung nach um den besten Schauspieler im Cast, Flaggs typisches Lächeln und Lachen sowie allgemein das Humoristische bringt er überzeugend rüber.
Eine große Überraschung für mich: Stephen King selbst übernimmt hier eine kleine Nebenrolle^^ Er spielt einen Mann, der Nadine Cross per Anhalter nach Boulder mitnimmt und sich dort der Freien Zone anschließt. Dort wird er später Mitglied des Beerdigungskomitees, was gleich auf doppelte Weise zu ihm passt. Zum Einen beerdigt er als Autor sehr viele der namentlich erwähnten Charaktere im Roman, Milliarden von Menschen im Bezug auf den Virus, zum Anderen spielt King bereits in "Friedhof der Kuscheltiere" einen Bestatter.
Fazit:
Schade, einfach nur schade. Ursprünglich hatte ich gehofft, dass mich die "The Stand"-Miniserie zumindest ähnlich unterhalten könnte wie die Miniserien-Adaption von "Es" aus den 90ern, die habe ich immerhin mit 6-6,5/10 Punkten bewertet. Im Vergleich mit "The Stand" sieht "Es" fast schon wie ein Meisterwerk aus, das hier kam für mich leider mehr einem Schuss in den Ofen gleich, den ich mit 3-4/10 Punkten bewerten würde. Dementsprechend freue ich mich schon auf die kommende und bisher vielversprechend klingene Miniserien-Neuverfilmung, die kann an sich nur besser werden.