Bewertung: 3.5 / 5
Nachdem Talk to Me bereits im Februar dieses Jahres auf der Berlinale lief, startet der Horrorfilm auch endlich regulär in den deutschen Kinos. Ein dunkler Kinosaal ist auch der richtige Ort, um sich dieses Regiedebüt anzusehen, denn Talk to Me ist ein atmosphärischer Horrorfilm mit Mystery-Elementen geworden, der immer wieder das Blut in den Adern gefrieren lässt und auch mit seiner emotionalen Geschichte zu überzeugen weiß.
Talk to Me Kritik
Die 17-jährige Mia (Sophie Wilde) hat vor zwei Jahren ihre Mutter verloren. Um ihre Trauer zu begraben, verbringt sie fast jeden Abend bei ihrer besten Freundin Jade (Alexandra Jensen). Deren Freundeskreis entdeckt eines Tages, wie man mit einer einbalsamierten Hand Geister beschwören kann. Aus einem Partyspiel für gelangweilte Teenager wird jedoch zunehmend blutige Realität...
Trailer zu Talk to Me
Ein starkes Regiedebüt
Talk to Me ist das Spielfilmdebüt der Zwillingsbrüder Danny und Michael Philippou, die mit ihrem YouTube-Kanal RackaRacka bekannt geworden sind. Darauf haben die Australier Live-Action-Horror-Comedy-Videos veröffentlicht, die mitunter recht gewaltvoll und vulgär ausgefallen sind. Wenn YouTuber anfangen, Filme zu drehen, kann das mitunter mächtig nach hinten losgehen, man denke nur an Bruder vor Luder von den Lochis oder Kartoffelsalat - Nicht fragen! von Freshtorge.
Auch die Handlung von Talk to Me wirkt auf den ersten Blick generisch, doch die Philippou-Brüder machen bereits mit der kompromisslosen und die Tonalität des Films bestimmenden Eröffnungssequenz klar, dass sie das filmische Handwerk beherrschen. Das erste Geisterbeschwören mithilfe der einbalsamierten Hand baut zunächst tolle Atmosphäre auf und der Horror erinnert in seinem terrorisierenden Ausmaß an die Evil Dead-Filme, jedoch ohne deren Dimension zu erreichen.
Insbesondere die Szenen, in denen mit der einbalsamierten Hand Geister beschworen werden, zählen zu den Highlights des Films. Es ist nur etwas schade, dass in einigen Szenen auf das Zeigen der Geister verzichtet wird. Zwar überlassen die Filmemacher in diesen Situationen die Vorstellung dem Publikum, es wäre jedoch manchmal wünschenswert gewesen, den Grund für den ein oder anderen Gesichtsausdruck eines Jugendlichen zu erfahren.
Emotionaler Horror
In einer Szene werden zudem zahlreiche Geisterbeschwörungen mithilfe von einer Montage abgehandelt. Es wäre zwar nicht nötig gewesen, alle dieser Beschwörungen zu zeigen, ein paar mehr hätten es aber schon sein können. Hervorzuheben sind aber auch die Effekte. Nichts an Talk to Me sieht billig aus und gerade das Make-up der Geister ist gelungen und teilweise extrem schaurig.
Doch nicht nur die Horroraspekte des Films wissen zu überzeugen, auch die Hauptfiguren bekommen genug Raum, sich zu entfalten. Gerade die Konflikte untereinander sorgen für die spannendsten Momente, wenn ein Geist den Körper eines Jugendlichen für anderthalb Minuten übernimmt und dessen wahre Gefühle und Gedanken ausspricht.
Talk to Me thematisiert zudem wichtige gesellschaftliche Themen wie Depressionen, unterdrückte Trauer und Traumata und hat auch immer wieder gesellschaftskritische Spitzen, wenn die Jugendlichen mithilfe ihrer Smartphones alles dokumentieren und ins Netz stellen. Hervorzuheben ist zudem der starke Sound, der insbesondere im Kino zur Verdichtung der Atmosphäre beiträgt. Viele Horrorfilme scheitern zudem bei der Auflösung des Unheimlichen. Doch auch das Ende überzeugt und rundet die Geschichte sehr gut ab, ohne allzu versöhnlich auszufallen.
Möchte man etwas kritisieren, dann, dass der Film für seine kurze Laufzeit von 94 Minuten vielleicht einen Ticken zu lange braucht, um nach der starken Eröffnungssequenz so richtig Fahrt aufzunehmen. Auch wenn die Figurenkonstellationen gut ausgearbeitet sind, wirkt die Einführung der Figuren mitunter etwas sprunghaft und hier und da ist dem Film dann auch sein geringes Budget anzumerken, wenn nicht immer die gerufenen Geister gezeigt werden. Doch das ist Meckern auf hohem Niveau, denn Talk to Me hat uns sehr viel Freude bereitet.
Fazit
Mit Talk to Me haben die YouTuber Danny und Michael Philippou ein überraschend starkes Regiedebüt abgeliefert. Auch wenn sich die Handlung um eine Geister beschwörende, einbalsamierte Hand zunächst generisch anhört, überzeugt der Film immer wieder mit einer dichten Atmosphäre und fiesen Schockmomenten. Die geraten teilweise recht brutal und sind nichts für zarte Gemüter, auch dank des perfiden Sounddesigns. Zudem weiß der Film mit einer emotionalen Geschichte und dem Thematisieren wichtiger gesellschaftlicher Dinge zu überzeugen. Wir würden auf jeden Fall erneut die Hand schütteln.
Wiederschauwert: 60 %