Es war der 16. Oktober 1923, als in Los Angeles einer der wichtigsten Verträge in der Geschichte von Hollywood unterzeichnet wurde. Die Brüder Walt und Roy O. Disney gründeten an diesem Tag das Unternehmen Disney Brothers Cartoon Studio. Das Startkapital betrug 500 Dollar. Es hatte wohl niemand eine Ahnung davon, welch bedeutender Grundstein an diesem Tag gelegt wurde.
100 Jahre später heißt dieses Studio schlicht Disney und hat über Jahrzehnte hinweg Weltgeschichte geschrieben. Nahezu jedes Kind, und jeder, der einmal ein Kind war, kennt den Namen und die Produkte, die aus diesem Unternehmen hervorgegangen sind. Am 16. Oktober 2023 feiert man das ganz große Jubiläum.
"Disney100" Special Look (dt.)
In den ersten Jahren war das Unternehmen noch vergleichsweise winzig, mit einem kleinen Büro für 35 Dollar Miete im Monat. Walt Disney selbst übernahm viele der Arbeiten selbst. Man hatte einen Vertrag mit dem Verleih M.J. Winkler, für den man mehrere Kurzfilme für je 1500 Dollar produzierte. 1927 gab der Verleih die Kreation einer neuen Zeichentrickfigur in Auftrag, die im Zentrum kommender Filme stehen sollte. Zusammen mit seinem Geschäftspartner Ub Iwerks entwickelte Walt Disney die Figur Oswald der lustige Hase. Bei Vertragsverhandlungen mit dem Verleih kam es jedoch zum Bruch und da der Verleih die Rechte an Oswald besaß, durfte Disney im Folgenden die Figur nicht mehr selbst benutzen.
Mittlerweile ist der lustige Hase aber wieder nach Hause zurückgekehrt. Nach mehr als 90 Jahren produzierte Disney passend zum großen Jubiläum in diesem Jahr erstmals wieder einen neuen Kurzfilm mit Oswald:
Der Verlust der eigenen Kreation sollte Walt Disney jedoch nicht aufhalten. Was folgen sollte war wohl die größte und wichtigste Kreation seines Lebens.
Die Geburt einer Maus
Ein Jahr später, im Jahr 1928, entwickelte Walt Disney, erneut zusammen mit Ub Iwerks, die Zeichentrickfigur Micky Maus. Da man genügend Rücklagen besaß, konnte man ohne einen Vertragspartner produzieren. Man fand zudem einen neuen Verleih, der, anders als M.J. Winkler zuvor, nicht auf die Übertragung der Rechte bestand.
Als erster Kurzfilm wurde Plane Crazy produziert, der als Stummfilm am 15. Mai 1928 bei einem Test-Screening Premiere hatte. Es war das erste Mal, dass die Welt auf Micky Maus traf:
Manch einer könnte sich wundern, gilt doch gemeinhin der berühmte Kurzfilm Steamboat Willie als erster Auftritt von Micky Maus. Dies stimmt im Grunde auch, weil dieser, bereits als Tonfilm, der erste war, der am 18. November 1928 landesweit veröffentlicht wurde. Plane Crazy wurde nach dem Test-Screening erst im Jahr darauf, überarbeitet zum Tonfilm, landesweit veröffentlicht.
Gerade als Tonfilm erfreuten sich die Disney-Cartoons großer Beliebtheit. 1929 wurde der Name der Firma in Walt Disney Productions umbenannt. Zu dieser Zeit hatte das Studio 40 Angestellte. 1932 wurde im Studio zudem eine Zeichentrickschule eingerichtet. Der Erfolg sowie die Einnahmen wuchsen und 1935 waren es dann schon 750 Angestellte. Im selben Jahr begannen dann auch die Arbeiten zum ersten abendfüllenden Zeichentrickfilm.
Schneewittchen und die sieben Zwerge feierte am 21. Dezember 1937 Premiere. Trotz mancher Skepsis im Vorfeld erwies der Film sich als großer Erfolg und spielte 8,5 Mio. $ ein, was seinerzeit ziemlich viel war. Bei der anschließenden Oscarverleihung verlieh man Walt Disney einen Spezialoscar, inklusive sieben kleiner Oscars.
Schwere Jahre
Walt Disney war durch den Erfolg von Schneewittchen bestärkt, weitere abendfüllende Zeichentrickfilme zu produzieren. Es folgten die heute als Klassiker angesehenen Filme Pinocchio (1940), Fantasia (1940), Dumbo (1941) und Bambi (1942). Jedoch blieb der Erfolg aus. Bei den Filmen handelte es sich, aus heutiger Sicht überraschend, um finanzielle Flops. Zum Teil konnten sie nicht einmal ihr Budget einspielen. Tatsächlich blieb Schneewittchen für lange Zeit der einzige wirklich Erfolg des Studios.
Mit ein Grund war die Zeit, in der sie veröffentlicht wurden: Der Zweite Weltkrieg. Dadurch fielen einige Märkte wie Europa als Einnahmequelle aus. Nach Bambi entschied man sich, erstmals keine abendfüllenden Zeichentrickfilme mehr zu produzieren. Stattdessen entwickelte man Lernfilme für den Staat oder kürzere Filme mit einem lateinamerikanischen Bezug wie Drei Caballeros im Sambafieber (1943).
1940 wechselte das Studio seinen Standort und zog von Hollywood nach Burbank. Da man von den Banken keine Kredite mehr erhielt, wandelte man das Unternehmen zudem in eine Aktiengesellschaft um. Dennoch hatte das Studio 1945 ganze 4 Mio. $ Schulden. Es war unklar, ob das Studio finanziell überleben konnte.
Goldene Jahre
Doch es kamen auch wieder bessere Jahre. Sogar richtig gute. 1950 erschien Cinderella und wurde zu einem großen Erfolg. In den Jahren darauf folgten heutige Klassiker wie Alice im Wunderland (1951), Peter Pan (1953) oder Susi und Strolch (1955). Und längst konzentrierte man sich nicht nur auf Zeichentrickfilme, sondern veröffentlichte auch Dokumentar- und Abenteuerfilme und auch damit feierte man Erfolge.
“I have a great love of animals and laughter.” –Walt Disney pic.twitter.com/Co4wUQoQLw
— Disney (@Disney) February 18, 2023
Zudem erlangte eine noch recht neue Erfindung immer größere Bedeutung, das Fernsehen. Dieses half dem Unternehmen unter anderem bei der Vermarktung, wie sich vor allem 1955 zeigen sollte. Auf dem Sender ABC lief eine Dokumentation, moderiert von Walt Disney höchstselbst. Dabei ging es um das bisher größte Projekt des Unternehmens: Disneyland.
Bereits 1948 soll Walt Disney über einen "Micky Maus-Park" geredet haben. Die ursprüngliche Idee wurde immer größer und 1954 begann schließlich in Anaheim der Bau des Parks, der am 17. Juli 1955 eröffnet wurde.
Ob im Kino, im Fernsehen, Musik oder Freizeitparks, Disney war jetzt überall. Und der Erfolg setzte sich auch in den 60ern fort. 101 Dalmatiner (1961) avancierte zum Erfolg und mit Mary Poppins erschien 1964 der bislang erfolgreichste Realfilm des Studios.
Der Zeichentrickfilm Die Hexe und der Zauberer erhielt dann eine besondere, leider traurige Bedeutung, denn er war 1963 der letzte Zeichentrickfilm, dessen Veröffentlichung Walt Disney selbst noch miterleben sollte. Der Gründer und Visionär starb am 15. Dezember 1966. Das Dschungelbuch erschien 1967 und war die letzte Produktion, an der Disney noch beteiligt war.
Lest auf der nächsten Seite, wie es für den Konzern ohne den großen Walt Disney weiterging...
Mickey brings the cheer year after year. ? Join him in celebrating Disney’s 100th anniversary! #Disney100 pic.twitter.com/r8doOOA3fT
— Disney (@Disney) February 13, 2023