Comicverfilmungen im Wandel der Zeiten. Mit unserem mehrteiligen Special wollen wir mit euch einen Blick zurückwerfen. Aus den ersten Gehversuchen vor vielen Jahrzehnten ist inzwischen ein Filmgenre geworden, welches wie kaum ein zweites gegenwärtig die Kinos dominiert. Die Meinungen darüber gehen auseinander - wo für manche bereits der Sättigungsgrad erreicht ist, finden andere, dass es noch immer zu wenige Comicverfilmungen gibt. Mit dieser Retrospektive wollen wir die Entwicklung des Genres dokumentieren und euch in der vierteiligen Reihe bis in die Gegenwart und Zukunft führen.
Wir haben uns dabei bewusst auf den Zeitraum 1975-2015 konzentriert und die Specials in vier thematische Bereiche unterteilt. Beginnen wollen wir im ersten Teil mit dem Zeitraum 1975-1999, oder der Prä-X-Men-Ära, wenn ihr so wollt. Wir erheben jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit und wissenschaftliche Korrektheit. Es ist unsere Interpretation der letzten Jahrzehnte und wir sind gespannt, wie ihr darüber denkt. Auch können wir nicht garantieren, dass wir jede Comicverfilmung erwischt haben, da auch vereinzelt TV-Produktionen existieren. Wir haben uns generell auf Kinofilme konzentriert. Auch die Abgrenzung von Comicverfilmungen ist nicht immer ganz leicht und der Übergang zwischen reiner Comicverfilmung bzw. Graphic Novel (bspw. Road to Perdition) sind fließend, weswegen wir diese auch einbezogen haben.
Dem Fokus der Vorlagen ist es wohl geschuldet, dass Comicverfilmungen sehr schnell mit Superhelden in Verbindung gebracht werden, wobei das Spektrum viel weitreichender ist. Dadurch kommt es zu Fehleindrücken, denn Filme wie Hancock (2008) und Chronicle - Wozu bist du fähig? (2012) reiten genreübergreifend auf der Comic-/Superhelden-Welle mit, wobei diese in unserem Special bestenfalls als Randnotiz erscheinen.
Wie die Gegenwart, so wurde die Kinowelt auch in den 70er bis 90er Jahren durch Comicverfilmungen geprägt, die hauptsächlich auf MARVEL- oder DC Comics-Vorlagen beruhten. Wer mit den beiden nichts anfangen kann, ein kurzer Crashkurs.
MARVEL Comics
In den 30er Jahren wurde in den USA der Verlag Timely Publications gegründet. Mit über 160 Superheldenpublikationen hatte dieser vor allem in den 1930er und 1940er Jahren seine Blütezeit. In den 50er Jahren war der Verlag hauptsächlich als Atlas Comics bekannt, bevor er ab ca. 1961 unter der heute bekannten Bezeichnung MARVEL firmierte. Zu den bekanntesten Marken von MARVEL zählen Spider-Man, die X-Men, die Fantastic Four, Iron Man und Captain America. MARVEL wurde 2009 vom Walt Disney-Konzern gekauft. Erfahrt mehr über MARVEL in unserem großen Special.
© Marvel Comics
DC Comics
Wie MARVEL hat auch DC Comics seinen Ursprung in den 1930er Jahren in den USA. Gegründet als National Allied Publications im Jahr 1934, konzentrierte sich der Verlag auf amerikanische Comicbücher. Später erfolgte die Umbenennung zu DC Comics. Das DC entstammte den früheren Detective Comics, in denen Batman sein Debüt feierte und später zum Firmennamen wurde. Als einer der größten Comicbuchverlage gehören zu DC Comics bekannte Figuren wie Batman, Superman, Wonder Woman und Green Lantern. Seit den Anfängen war DC Comics dem Time Warner-Konzern zugehörig, bevor 2009 Warner Brothers das Unternehmen kaufte, um seine Position im Filmsegment zu stärken. Der Kauf war eine direkte Reaktion auf den Kauf von MARVEL durch Disney. Unser DC Comics-Special erklärt euch alles ganz genau.
© DC Comics
In Comicverfilmungen konzentrierten sich die Studios vor allem auf bekannte Figuren oder Klassiker. Vor allem zwei Figuren prägten die Epoche, die auch heute noch im Rampenlicht stehen und die Popkultur maßgeblich beeinflusst haben. Den Anfang machte 1978 Richard Donner mit Superman. Der Film war ein weltweiter Erfolg und markierte auch den Höhepunkt dieser ikonischen Figur. Drei Fortsetzungen in den Jahren 1980, 1983 und 1987 folgten, ebenfalls mit Christopher Reeve (1952-2004) in der Hauptrolle. Mit jeder Iteration wurden die Storys schlechter, die Filme alberner. Dies schien ein generelles Problem in den späten 70er und den 80er Jahren zu sein, denn es fehlten zu der Zeit schlicht übergreifende Konzepte, die die Stärken der Comics auf die Leinwand transportierten.
Überhaupt verströmen viele Filme aus jener Zeit aus heutiger Sicht einen gewissen Trashfaktor, der so manche zu Kultfilmen machte. Flash Gordon (1980) zum Beispiel, dessen quirlig bunte Optik an einen Drogenrausch erinnert - und der unserer Meinung nach der wahre Grund für Queens Unsterblichkeit ist...
© Warner Bros.
Kurzum, die Anfänge waren vor allem durch Filme geprägt, deren Figuren auch heute noch im Fokus der Studios stehen oder deren Remake-Gerüchte sich seit Jahren halten. Zwar wurden regelmäßig Comicverfilmungen in die Kinos gebracht, doch verteilten sich diese über Jahre, während es heutzutage keine Seltenheit ist, wenn ein Studio allein pro Jahr zwei bis drei dieser Filme produziert. Einen Film, der allein wegen seiner Grenzwertigkeit und seinem Kultpotential (aus heutiger Sicht) erwähnt werden sollte, ist auch Howard - Ein tierischer Held. Ausnahmsweise ein MARVEL-Gezücht, stellt dieser Film mit das Schrägste dar, was die 80er zu bieten hatten. Wir lieben den Film allein deswegen schon. Mit The Punisher gab es 1989 ebenfalls den ersten Gehversuch MARVELs, Frank Castle (hier noch von Dolph Lundgren gespielt), mehr schlecht als recht in die Kinos zu bringen. Ebenfalls ohne Lundgren kam 1987 auch nicht das schrille Masters of the Universe aus.
Trotz dieser Auswüchse gehörten die 80er vor allem Superman und zeigen ein Problem, welches Warner bis zum heutigen Tage verfolgt: So wurde es nicht geschafft, die Marke DC Comics effektiv zu nutzen. Dabei war die Kinolandschaft nahezu dominiert von DC Comics. Im Jahr 1989 versuchte Warner eine neue Figur im Kino zu etablieren: Tim Burton lieferte mit seiner düsteren Batman-Vision einen Klassiker ab, dessen depressive Stimmung nur durch die Fortsetzung Batmans Rückkehr 1992 getoppt wurde. Michael Keaton gab hier als Bruce Wayne neben Beetlejuice die wohl markanteste Performance seiner Karriere ab. Nicht zu vergessen die Leistung von Jack Nicholson als Joker, ein Meister seines Fachs durch und durch.
© Warner Bros.
Im Gegensatz zu den 80ern waren die frühen 90er deutlich düsterer in der Comicausprägung, woran Burton durchaus seinen Anteil gehabt hat. Dies hinderte andere Firmen wie Buena Vista aber nicht daran, mit Filmen wie Dick Tracy (1990) und Rocketeer - Der Raketenmann (1991) noch der Vergangenheit nachzutrauern. Auch wir erinnern uns als einst treue Micky Maus-Leser an die Zeiten, als in jeder Woche mit schrägen Beilagen Werbung für den Detektivfilm gemacht wurde.
Ebenfalls in die düstere Kerbe schlug Alex Proyas mit seiner Adaption von The Crow - Die Krähe (1994). Der Film kann wie Batman als zeitloses Meisterwerk jener Epoche gewertet werden. Düster, melancholisch und mitreißend. Tragisch war hier nicht nur die Handlung, sondern auch der plötzliche Tod von Hauptdarsteller Brandon Lee (1965-1993), der bei den Dreharbeiten verwundet wurde und starb. Im Film wird deutlich, welch großartiger Schauspieler hier viel zu früh von uns ging. 1996 folgte mit The Crow - Die Rache der Krähe eine Fortsetzung, die an die Qualitäten des Originals nicht herankam. Die Jahre danach wurden diverse DVD-Produktionen veröffentlicht und immer wieder gab es Meldungen über ein Remake des Originals, doch bis heute sind diese Planungen im Sand verlaufen.
Auch wenn die Abgrenzung Comicverfilmung bei Shadow und der Fluch des Khan nicht ganz so leicht fällt, darf die Verfilmung aus dem Jahr 1994 nicht vergessen werden. Seine Ursprünge hatte The Shadow in den 30er-Jahren basierend auf Radiohörspielen. Spätere Veröffentlichungen als Comics folgten. Zwar hatte der Verbrechensjäger keine "echten" Comicwurzeln, die Figur selbst prägte aber maßgeblich das Comicgenre und besonders die Figur des Batman. In eine etwas andere Kerbe schlugen ab 1990 die Turtles-Verfilmungen, die bis 1993 mit Mutationen, Ninjas und pizzaliebenden Schildkröten für Aufsehen sorgten. Zwar wirken diese Filme heute etwas trashig, doch vor allem der erste Teil war überraschend düster für einen Jugendfilm. Leider war dies in der deutschen Fassung nicht zu spüren, da diese auf einer geschnittenen britischen Version beruhte, der zusätzlich kindische Cartoongeräusche in den Kampfszenen beigefügt wurden. Ein Reboot der Turtles ist für 2014 geplant.
Dass düster nicht alles sein kann und um den bis heute gefestigten Ruf zu sichern, dachte sich Warner Bros. im Jahr 1995, dass Batman eine Frischzellenkur benötigt. Mit Joel Schumacher hinter und Val Kilmer vor der Kamera wurde aus dem dunklen Rächer ein bunter LSD-Trip. Die Optik war Gewöhnungssache, doch die Musik markant und der Film mit Tommy Lee-Jones als Two Face und Jim Carrey als Riddler gut besetzt. Den Kritikern und Zuschauern gefiel es trotzdem nicht so, auch wenn dank einer großen Werbekampagne der Film als voller Erfolg gewertet werden konnte. Mit Batman Forever brachte Warner den Stein ins Rollen und demonstrierte, wie ein Superheld mit falscher Planung schrittweise demontiert werden kann. In die gleiche Kerbe haute 1995 auch die Judge Dredd-Verfilmung. Darin durfte Sylvester Stallone mit markigen Sprüchen das Gesetz verkörpern. Im Gegensatz zur Neuauflage aus dem Jahr 2012 wurde dieser Film den Comics aber nicht gerecht. Trotz aller negativen Aspekte stellte Batman Forever jedoch nicht den Tiefpunkt dar, dieser sollte erst zwei Jahre später mit Batman & Robin folgen. Noch bunter, noch schriller inszenierte Schumacher hier nun George Clooney als Batman. Selbst Uma Thurman und Arnold Schwarzenegger an seiner Seite konnten nichts mehr retten und so zählt Batman & Robin zweifelslos mit zu den schlechtesten Comicverfilmungen, die je gedreht wurden. Der Film zerstörte den Ruf der Figur auf Jahre hinaus.
Wurden die Kinos bisher hauptsächlich von DC Comics dominiert, setzte nun langsam ein Wandel ein. Nicht nur Superman und Batman sollten die Kinos unsicher machen, auch geistiges Eigentum von MARVEL sollte endlich den Sprung auf die Leinwand schaffen. Statt Eigenentwicklung setzte der Konzern in den späten 90er Jahren darauf, Lizenzen für die jeweiligen Figuren zu vergeben. Ab 1997 wurden wichtige Marken an Filmstudios lizensiert - ein Schritt, der sich aus heutiger Sicht als gewaltiger Fehler herausstellt. Während 1998 mit Blade und Men in Black Erfolge gefeiert und viele Fortsetzungen dadurch hervorgebracht wurden, stellten diese jedoch nicht das Tafelsilber von MARVEL dar. Dieses wurde an 20th Century Fox und Sony Pictures verkauft, was Auswirkungen auf die nächsten Jahre haben sollte und das Geschäft von MARVEL bis heute maßgeblich beeinflusst.
© Sony Pictures
Comicverfilmungen 1975-1999
Film | Jahr | US | INT | Gesamt |
Superman | 1978 | 134,2 Mio. $ | 166,0 Mio. $ | 300,2 Mio. $ |
Buck Rogers | 1979 | 21,61 Mio. $ | k.A. | 21,61 Mio. $ |
Flash Gordon | 1980 | 27,1 Mio. $ | k.A. | 27,1 Mio. $ |
Superman 2 | 1980 | 108,2 Mio. $ | k.A. | 108,2 Mio. $ |
Superman 3 | 1983 | 60,0 Mio. $ | k.A. | 60,0 Mio. $ |
Howard - Ein tierischer Held | 1986 | 16,3 Mio. $ | 21,7 Mio. $ | 38,0 Mio. $ |
Masters of the Universe | 1987 | 17,3 Mio. $ | k.A. | 17,3 Mio. $ |
Superman 4 | 1987 | 15,7 Mio. $ | k.A. | 15,7 Mio. $ |
Batman | 1989 | 251,2 Mio. $ | 162,0 Mio. $ | 413,2 Mio. $ |
Dick Tracy | 1990 | 103,7 Mio. $ | 59,0 Mio. $ | 162,7 Mio. $ |
Turtles | 1990 | 135,3 Mio. $ | 66,7 Mio. $ | 202,0 Mio. $ |
Batmans Rückkehr | 1991 | 162,8 Mio. $ | 120,0 Mio. $ | 282,8 Mio. $ |
Rocketeer - Der Raketenmann | 1991 | 46,7 Mio. $ | 0,0 Mio. $ | 46,7 Mio. $ |
Turtles 2 - Das Geheimnis des Ooze | 1991 | 78,7 Mio. $ | k.A. | 78,7 Mio. $ |
Ninja Turtles 3 | 1993 | 42,3 Mio. $ | k.A. | 42,3 Mio. $ |
The Crow - Die Krähe | 1994 | 50,7 Mio. $ | k.A. | 50,7 Mio. $ |
Shadow und der Fluch des Khan | 1994 | 32,1 Mio. $ | 16,0 Mio. $ | 48,1 Mio. $ |
Batman Forever | 1995 | 184,0 Mio. $ | 152,5 Mio. $ | 336,5 Mio. $ |
Judge Dredd | 1995 | 34,7 Mio. $ | 78,8 Mio. $ | 113,5 Mio. $ |
The Crow - Die Rache der Krähe | 1996 | 17,9 Mio. $ | 0,0 Mio. $ | 17,9 Mio. $ |
Batman & Robin | 1997 | 107,3 Mio. $ | 130,0 Mio. $ | 237,3 Mio. $ |
Spawn | 1997 | 55,0 Mio. $ | 33,0 Mio. $ | 88,0 Mio. $ |
Blade | 1998 | 70,1 Mio. $ | 57,8 Mio. $ | 127,9 Mio. $ |
Men in Black | 1998 | 250,7 Mio. $ | 338,7 Mio. $ | 589,4 Mio. $ |