Kaum ein Spiel hat uns je so bewegt wie "Shadow of the Colossus". Das Remake zeigt, wie wegweisend das Spiel bereits vor 13 Jahren war.
Shadow of the Colossus ist auch in der neu aufgelegten und grafisch atemberaubenden Form kein Spiel für die breite Masse. Man muss gewillt sein, eine Reise zu unternehmen, wie sie in der Form sonst nicht präsentiert wird. Es ist ein Spiel der vielen stillen Momente, die unterbrochen werden vom steten Kampf gegen wahre Giganten. Es ist ein Spiel, das tief berührt, wenn man es denn zulässt.
"Shadow of the Colossus" Trailer
Shadow of the Colossus
Das Land von Dormin. Legenden ranken sich um diesen verbotenen Ort und dahin zieht es unseren Helden Wander, dessen einziger Wunsch es ist, seine große Liebe wieder zum Leben zu erwecken. Den Geschichten nach kann Dormin einen Menschen aus dem Reich der Toten in das Reich der Lebenden zurückholen, doch dafür muss sich derjenige, der diesen Wunsch hat, als würdig erweisen. 16 Kolosse durstreifen das Land und Wander hat die Aufgabe, diese zu töten. Dann und nur dann wird seine Liebe wieder zum Leben erweckt. So zieht er mit seinem treuen Pferd Agro aus, um die Kolosse zu suchen und zu vernichten. Eine Reise, bei der nicht klar ist, ob der Wunsch die Taten rechtfertigt...
Wüsten, Wälder, Schluchten und Felder erstrecken sich in dieser malerischen, aber menschenleeren Kulisse. So präsentiert sich Shadow of the Colossus. Ab und zu huscht eine Eidechse an einem Felsen entlang, dort am Horizont kreist ein Falke. Abseits dieser seltenen Gesellschaft bin ich allein, allein mit meinem Pferd, welches mich durch dieses weite Land trägt. Mein Schwert weist mir den Weg zum nächsten Koloss. Dann in einem Tal entdecke ich ihn, klein sieht er in der Ferne aus, doch je näher ich komme, desto mächtiger erscheint er. Majestätisch durchschreitet dieser lebende Gigant das Tal. Ich nähere mich, lenke seine Aufmerksamkeit auf mich, reize ihn und mache ihn aggressiv. Ich weiche seinem Schlag aus, nutze die Gelegenheit und klammere mich an seinem Fell fest. Er hebt die Hand, ich halte mich fest, werde in die Höhe gerissen und meine Kraft schwindet, während die Musik anschwillt, mein Herz wie wahnsinnig schlägt. Ich schaffe es, mich festzuhalten, kurz zu verschnaufen. Ich lokalisiere den Schwachpunkt des Kolosses und arbeite mich dorthin vor, Schritt für Schritt erklimme ich den Giganten, während dieser sich wehrt und versucht, mich abzuschütteln. Ich nähere mich dem Ziel, einer leuchtenden Markierung, in die ich tief mein Schwertbohre. Noch zwei weitere dieser Schwachpunkte liegen vor mir. Als ich den letzten schweißgebadet erreiche, habe ich kaum noch Kraft. Noch einmal recke ich mein Schwert in den Himmel und bohre es tief in das Fleisch des Giganten. Er schreit auf vor Schmerz und fällt, majestätisch, so wie er einst dieses Tal durchschritt. Und ich bin wieder allein. Allein mit der Stille...
16 Kolosse, jeder davon ein Puzzle für sich, welches es zu lösen gilt. Der Rest des Spiels gelebter Minimalismus, der den Spieler und den Helden auf emotionale Weise verbindet. Es war seinerzeit ein ungewöhnliches Spiel und ist es im Jahr 2018 noch mehr, wo inzwischen so viele Spiele zielgruppenorientiert auf den Massenmarkt zugeschnitten werden und Kunst nebensächlich wird. Aber Shadow of the Colossus ist beides in Reinform, genau wie sein spiritueller Vorgänger Ico und Nachfolger The Last Guardian.
Wir können verstehen, wenn manche dieses Spiel nicht mögen, weil sie einfach nur beim Zocken abschalten, ein paar Gegner vernichten und sich dabei toll fühlen wollen. All das gibt es bei Shadow of the Colossus nicht. Es ist ein Spiel, bei dem man sich nicht nur auf das Dargebotene einlassen und sich Zeit nehmen muss, sondern auch emotional mitgenommen wird. Die Atmosphäre ist es, wenn man allein jene Welt erkundet, wenn man einen Koloss findet, wenn die Musik zu einem Crescendo ansteigt und wenn der Koloss fällt, einen die Trauer über die eigene blutige Tat überkommt und man diesen Weg bis zum bitteren Ende geht. Es ist die emotionale Reise, die vor einem liegt und die Figur wie auch den Spieler verändert. Wer dazu in der Lage ist, wird erkennen, was für ein Meisterwerk Shadow of the Colossus bereits 2005 war. Das Remake kann an diesem Umstand nicht rütteln, es kann nur die Welt noch wundervoller darstellen.
Das Erstaunliche an diesem Remake ist, dass hauptsächlich an der Grafikschraube und Performance gedreht wurde, während das Spieleprinzip bis auf eine etwas flüssigere Steuerung unangetastet blieb. Dies spricht für Shadow of the Colossus, welches heute noch genauso fasziniert wie vor über zehn Jahren. Wie fortschrittlich das Gameplay war, zeigt sich auch daran, dass so manche Entwickler im Laufe der Jahre versucht haben, es zu kopieren, daran jedoch kläglich scheiterten. Vor allem aber grafisch ist SOTC mit das Beste, was es auf der PS4 zu sehen gibt. Über ein paar Anpassungen beim Remake kann man natürlich geteilter Meinung sein, so gibt es etwas mehr Getier im Land der Giganten und auch die Stimme von Dormin wurde angepasst, dafür stehen jetzt die Schwierigkeitsgrade gleich zu Beginn zur Verfügung und nicht erst nach einem Durchlauf.
Wir gehen fest davon aus, dass Shadow of the Colossus dieses Jahr ein großer Hit werden wird, weit mehr, als es 2005 der Fall war. Ruhm hat es zwar schon über all die Jahre gehabt, aber mehr geht immer. Mit etwas Glück bringt uns das Remake sogar ein Stück dem Shadow of the Colossus-Film näher. Auch wenn ein Spiel dieser Art nur schwer in ein Filmformat zu quetschen ist. Diese Woche ist Shadow of the Colossus also unser unangefochtener Spieletipp aus Überzeugung!
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