Max hatte mal wieder eine Verabredung, diesmal mit Daniel, einem alten Bekannten, den er schon ewig nicht gesehen hatte. „Lass uns doch ins Kino gehen“, schlug Daniel vor. Gesagt, getan. Max freute sich schon auf einen entspannten Abend.
Als er allerdings vor dem Kino stand und Daniel ihm die Tickets in die Hand drückte, stockte er kurz. „OV? Also Englisch? Ohne Untertitel?“ fragte Max irritiert.
„Na klar“, grinste Daniel. „So hört man die Schauspieler, wie sie wirklich sind. Die Originalstimmen transportieren doch viel mehr Nuancen.“
Max schüttelte den Kopf. „Aber wenn man nicht jedes Wort versteht, verpasst man doch automatisch etwas. Da hilft die beste Schauspielkunst nichts, wenn mir die Hälfte entgeht.“
„Ach was“, meinte Daniel. „Man muss nicht jedes Wort aufschnappen, um die Stimmung zu spüren. Gerade im Original merkst du, wie ein Schauspieler atmet, wie er Pausen setzt, wie die Stimme bricht. Das kannst du mit Synchronsprechern einfach nicht nachbilden.“
„Trotzdem“, konterte Max, „Deutschland ist bekannt für seine hervorragenden Synchronfassungen. Viele Sprecher sind so gut, dass die Figuren hierzulande ein eigenes Leben haben. Denk mal an Bruce Willis mit Manfred Lehmann oder an die ganzen Disney-Klassiker. Ohne die Stimmen würde uns etwas fehlen.“
Daniel verschränkte die Arme. „Aber genau das ist das Problem: Du hörst nicht Bruce Willis, du hörst Manfred Lehmann. Der eigentliche Künstler wird ausgetauscht. Und wenn ein Schauspieler Dialekte benutzt oder bewusst stottert, geht das in der Synchro oft verloren.“
„Ja, aber Synchronisation sorgt auch dafür, dass ein Film für alle verständlich ist. Kino ist schließlich ein Gemeinschaftserlebnis. Wenn die Hälfte im Saal rätselt, worum es gerade geht, ist der Spaß vorbei.“
Daniel grinste. „Vielleicht. Aber für mich ist ein Film in Originalversion näher dran an dem, was Regisseur und Schauspieler wirklich wollten. Alles andere ist ein Filter.“
Die beiden lachten, kauften Popcorn und nahmen ihre Plätze ein. Schon nach den ersten Szenen merkte Max, dass er zwar nicht jedes Wort verstand, aber die Intensität der Stimmen doch beeindruckend war. Und gleichzeitig dachte er: In Deutsch wäre es bequemer gewesen.
Als sie nach dem Abspann hinausgingen, meinte Max trocken: „Okay, nächstes Mal suche ich den Film aus.“ – „Abgemacht“, grinste Daniel.
Und nun die Frage an euch: Zeigen eure Kinos Filme in OV? Und wie haltet ihr es: schaut ihr Filme lieber in Originalversion oder bevorzugt ihr die deutsche Synchronfassung?