Orientierungslos erwacht Captain Colter Stevens (Jake Gyllenhaal) in einem Personenzug im Körper eines Unbekannten. Eine hübsche Frau (Michelle Monaghan) sitzt ihm gegenüber und stellt sich als Christina vor. Doch Stevens ist das egal, er will nur wissen, was vor sich geht. Kurz darauf explodiert der Zug, alle Insassen sterben, bis auf Stevens, der kurze Zeit später allein in einer Kammer aufwacht. Eine Soldatin, die sich als Carol Goodwin (Vera Farmiga) vorstellt, teilt ihm mit, er gehöre zu einem streng geheimen Militärprojekt namens "Source Code": Dieses ermöglicht es einem Menschen, die letzten acht Minuten im Leben eines anderen Menschen zu durchleben. Colter Stevens' Auftrag ist es nun, in diesen zur Verfügung stehenden Minuten herauszufinden, wo die Bombe im Zug und wer der Bombenleger ist! Denn eines steht fest, gelingt ihm das nicht, steht das Schlimmste noch bevor, denn der Attentäter will im Laufe des Tages noch eine schmutzige Bombe mitten in einem bewohnten Gebiet zünden. Je öfter Colter Stevens in die Zeit zurückreist, desto näher kommt er dem Täter, aber auch einer schrecklichen Wahrheit - denn nicht alles, was Goodwin und Erfinder Rutledge (Jeffrey Wright) ihn glauben lassen, scheint auch der Wahrheit zu entsprechen...
Bereits mit seinem Debütfilm Moon bewies Regisseur Duncan Jones, dass auch heutzutage noch mit einem schmalen Budget und kleinem Cast große Filme gedreht werden können solange die Idee stimmt. Diesem Erfolgsrezept bleibt sich Jones auch bei Source Code treu. Zwar sieht man dem Film das moderat höhere Budget an, aber es rückt nicht in den Vordergrund. Erneut widmet sich Jones der Science Fiction, wenn auch dieses Mal sehr viel bodenständiger, die Atmosphäre vermittelt jedoch einen ähnlichen Eindruck wie in Moon. Natürlich mag man diesmal anmerken, dass sich Jones bei Source Code durch die Zeitreisethematik in einem gut bestückten Genre bewegt und Kennern werden Ähnlichkeiten zu anderen Filmen auffallen. Manchmal erinnerte uns Colter Stevens an Bill Murray in Und täglich grüßt das Murmeltier und auch ein 12 Monkeys ist nicht so abwegig. Doch Source Code ist kein Zeitreisefilm im klassischen Sinne, deswegen sind Ähnlichkeiten nebensächlich und Jones schafft es im Laufe des Films, etwas Eigenständiges zu erschaffen.
Je weiter die Story voranschreitet, desto mehr rückt die Suche nach dem Attentäter in den Hintergrund und als Zuschauer ist man stärker an der Wahrheit über Colter Stevens interessiert. Hier werden wieder Konzepte von Moon aufgegriffen: So wie dort Sam Rockwell die Erfahrung machen musste, dass nichts ist, wie es scheint, so hat auch Stevens einiges zu durchleiden. Oft steckt dahinter die Frage, ob das Bild, welches wir von uns selbst haben und durch unsere Umwelt vermittelt wird, überhaupt der Wahrheit entspricht. So eine Story kann natürlich nur durch eine gute Besetzung überzeugend vermittelt werden und hier zeigte Jones ebenfalls größtenteils ein glückliches Händchen. Auch wenn der Personenzug voll besetzt ist, konzentriert sich der Regisseur auch in Source Code auf einige besondere Figuren. Dass Jake Gyllenhaal schauspielern kann, hat er bereits in der Vergangenheit mehrfach bewiesen und so schafft er es auch hier, die Hauptrolle zu schultern. Mal energisch, mal zerbrechlich, aber nie aufgesetzt, mimt der Darsteller die Höhen und Tiefen von Colter Stevens. Michelle Monaghan bleibt da weitestgehend dezent im Hintergrund, jedoch im positiven Sinne. Die verschiedenen Reaktionen von Christina in den unterschiedlichen Zeitsträngen spielt sie souverän und - besonders wichtig -, die Chemie zwischen ihr und Gyllenhaal stimmt. Vera Farmiga ist als Goodwin zu Beginn schwer einzuschätzen, im Laufe des Films, wenn ihre Zweifel zunehmen, überzeugt auch sie. Leider kann dies nicht über Jeffrey Wright gesagt werden, der ein gravierender Schwachpunkt in der Besetzung ist, dessen Rutledge den ganzen Film zu aufgesetzt und eher störend auf den Zuschauer wirkt - dessen Leinwandzeit ist zum Glück aber auch begrenzt.
Mit etwas über 90 Minuten ist Source Code recht kurz geraten, aber dies ist sogar von Vorteil. Jones zieht den Film nicht unnötig in die Länge, streut regelmäßig Überraschungen ein und löst das Ende relativ logisch auf, ein Punkt, an dem viele Zeitreisefilme scheitern. Neben dem genannten Jeffrey Wright gibt es auch nur einen wirklichen Kritikpunkt an Source Code und diese Schwäche hat der Film mit Moon gemein: Zwar schafft es Jones, die Spannung konsequent auf hohem Niveau zu halten, aber er schafft auch keine wichtigen Ausreißer nach oben, denn es fehlt die Ausarbeitung eines echten finalen Aha-Moments. Sowohl Moon als auch Source Code bieten sich an, nicht nur das Weltbild des Protagonisten, sondern vor allem auch das des Zuschauers auf den Kopf zu stellen - doch statt eines wirklich intensiven Moments splittet Jones diesen auf und wirft die Auflösungen dem Zuschauer immer nur bröckchenweise vor die Füße. In Summation sind die daraus gewonnenen Erkenntnisse wirklich intensiv, als einzelne Teile des Puzzles aber oft nicht stark genug, um die Spannung konsequent zu steigern. Jones hat viele gute Ideen, nur bei der Vermittlung an den Zuschauer hapert es noch ein wenig. Trotzdem wächst hier ein Regietalent heran, welches man im Auge behalten sollte.
Trotz dieses finalen Abers erlebt der Zuschauer mit Source Code einen gelungen Kinoabend und die Mängel sind bestenfalls Jammern auf hohem Niveau. Kurzweilig erzählt mit einer kleinen, aber größtenteils überzeugenden Besetzung kann der Film definitiv punkten. Ein Film, der Erholung abseits der groß produzierten Blockbuster in diesem Jahr bietet, erhält von uns satte 4 von 5 Hüten und wir freuen uns auf die nächsten Filme von Duncan Jones.
Der Source Code Filmstart ist am 2. Juni.