Es gibt mehrere Faktoren, die Broadchurch besonders machen - zum einen der nicht einzigartige Faktor, dass harmlos wirkende Menschen ihre dunklen Seiten haben, Dinge verbergen, die man ihnen nicht zugetraut hätte. Wie heißt es so schön: Man kann den Menschen nur vor den Kopf gucken und vor allem nicht ins Herz gucken - wem kann man wirklich vertrauen? Kennt man selbst die, die einem am nächsten stehen, tatsächlich bis in den letzten Winkel? Diesen Faktor spielt Broadchurch in mehrfacher Hinsicht aus, mancher macht sich schuldig, ohne jedoch deshalb der gesuchte Mörder sein zu müssen. Dazu kommt das Drama der Familie, die mit dem Tod ihres Sohnes umgehen muss, das Drama der Einwohner, die Angst um ihre Kinder bekommen und deren Geheimnisse offenbart werden, das Drama des ungewöhnlichen und sehr verschieden tickenden Ermittlerduos, das nun zusammenarbeiten muss, das Drama einer sensationslüsternen Presse.
Ein weiterer Faktor ist der starke auch visuelle Kontrast zwischen einem grausigen Mord an einem Kind und dem sonnendurchfluteten Küstenstädtchen mit seinen so harmlos wirkenden Bewohnern. Statt den Küstenort wie in manch anderen Serien finster, mysteriös, neblig zu inszenieren, um Thrillstimmung zu erschaffen, wird alles durchgehend überhell und freundlich, sonnengelb oder in satten Farben in Szene gesetzt. Ein Mord ist grundsätzlich furchtbar, ein Mord an einem Kind jedoch vertieft den Schauder noch mehr, entsprechend stark empfindet man den Kontrast. Auch die Musik passt hervorragend, keine elektronische Thrillmusik, sondern dramatische, melancholische oder Spannung erzeugende Pianoklänge sind vorherrschend.
Beeindruckt hat uns auch das Ermittlerduo des deutlich fremd an diesem Ort wirkenden Alec Hardy (Tennant) und der einfach gestrickt wirkenden dort lebenden Polizistin Ellie (Colman), deren eigener Sohn mit dem toten Jungen befreundet war. Beide Ermittler sind so auf ihre Weise persönlich betroffen, Hardy lastet ein früherer Fall schwer auf der Seele neben noch manch anderem, was auf beiden Seiten für eine gewisse Besessenheit von der Lösung des aktuellen Falls sorgt. David Tennant hat uns bereits in den ersten Sekunden überzeugt, wir hatten Zweifel, ob wir seinen Doctor Who vergessen können, und wir konnten es schon nach den ersten Szenen mit ihm. Der Bart mag mithelfen, ebenso der Genrewechsel von SciFi-Comedy zu Crimedrama, aber vor allem seine Mimik, sein ganzes Spiel ist so anders, selten haben wir das bei von anderen Rollen stark vorgeprägten Darstellern so deutlich und schnell wirkend erlebt. Auch der Rest des Casts macht seinen Part bis in die Nebenrollen hervorragend. Zu meckern finden wir hier nichts, man kann höchstens sagen, dass Broadchurch nichts für Freunde rascher Action oder düsterer Thrillspannung ist, die sich langsam enthüllenden Kleinstadtdramen stehen hier deutlich im Vordergrund.
Die erste Staffel von Broadchurch umfasst nur acht Folgen, schaut man sie wie wir via Blu-ray rasch hintereinander weg im Heimkino, wirkt alles noch dichter und intensiver als es sowieso schon ist. Anfangs nur als Miniserie geplant, ist die Staffel eine abgeschlossene Geschichte, nach der man sich fragt, wie es denn überhaupt in Staffel 2 weitergehen können soll. Die zweite Runde lief Anfang des Jahres in den UK und soll bei uns wieder beim ZDF starten, ein Sendetermin ist aber noch offen. Wie man sich denken kann, dann mit einem neuen Fall, ähnlich wie bei anderen Serien dieser Art. Wer Serien wie The Killing, Top of the Lake oder Fargo mag, dem wird auch Broadchurch sicher gefallen. Die US-Adaption Gracepoint konnte sich bei den Amerikanern jedoch nicht durchsetzen, auch wenn zumindest David Tennant dort selbst wieder in seine Originalrolle schlüpfte.
Unten die Trailer zu den ersten beiden Staffeln von Broadchurch für euch, ins Heimkino könnt ihr euch die Crimeserie hier holen:
