Bewertung: 4.5 / 5
Nun hatte ich doch noch die Gelegenheit, mir The Last Duel im Kino anzusehen. Ich musste dafür zwar 60 km extra fahren, aber der Film war es mir wert! Ich habe es definitiv nicht bereut, der Kinobesuch war jeden einzelnen Kilometer und jeden Cent wert!
Schauspieler / Dialoge / Handlung / Logik
Trailer zu The Last Duel
Achtung, leichte Spoiler im folgenden Absatz:
Die Handlung von „The Last Duel“ spielt sich in der Zeit von 1370 bis 1387 in Frankreich in der Normandie ab und beruht auf wahren Begebenheiten. Dreh- und Angelpunkt sind Ritter Jean de Carrouges (Matt Damon), seiner Ehefrau Marguerite de Carrouges (Jodie Comer) und Knappe Jacques Le Gris (Adam Driver). Jean de Carrouges und Jacques Le Gris, eigentlich eng befreundet, werden im Verlauf der Handlung immer mehr zu Feinden, wofür sich auch Graf Pierre dAlençon (Ben Affleck) mitverantwortlich zeigt, der Jacques Le Gris immer bevorzugt behandelt und ihm Geschenke in Form von Titeln und Ländereien macht, die eigentlich Jean de Carrouges zugestanden hätten. Jacques Le Gris jedoch liebt sein Leben in Wohlstand und Einfluss so sehr, dass er eines Tages Marguerite de Carrouges begehrt und während der Abwesenheit von ihrem Mann in ihr Anwesen kommt und sie gegen ihren Willen nimmt. Dies führt letztlich zu dem letzten Duell auf Leben und Tod vor Gott, welches in Frankreich je ausgefochten wurde. Der Sieger sagte die Wahrheit, der Verlierer hat gelogen. Im Falle der Niederlage und des Todes von Jean de Carrouges würde seine Ehefrau Marguerite bei lebendigem Leibe verbrannt werden…
Der Film erzählt die Handlung von 1370 bis 1387 aus den Blickwinkeln aller drei Hauptfiguren. Mir hat diese Art der Erzählung wirklich sehr gut gefallen. Aus jedem Blickwinkel sind die Geschehnisse leicht unterschiedlich, jede der Figuren hat die Geschehnisse zum Teil anders in Erinnerung, wodurch die Unterschiede oft nur in Nuancen vorhanden sind. Wer jetzt jedoch glaubt, der Film würde dieselbe Handlung drei Mal erzählen, der hat damit nur teilweise Recht, denn der Film schafft es, die überschnittenen Szenen oft anders mit anderen Kameraeinstellungen und leicht anderen Dialogen zu zeigen und bietet zudem auch viele Szenen, die man in den jeweils anderen Erinnerungen nicht sehen konnte. Dadurch wirkt der Film trotz gleicher Handlungszeiträume doch sehr abwechslungsreich und bleibt bis zum Ende, bis zum Duell, sehr spannend.
Die Schauspieler spielen ihre Rollen allesamt extrem glaubwürdig und authentisch. Ich kaufe wirklich jedem / jeder seine / ihre Rolle ab.
Matt Damon zeigt sich hier von einer völlig neuen Seite und spielt einen ehrlichen, aber auch sehr dickköpfigen und manchmal auch jähzornigen Ritter, dem vor allem seine eigene Ehre und sein Stolz wichtig sind und der Anerkennung und Wertschätzung braucht, ohne die er ziemlich jähzornig werden kann. Damons Schauspiel verdient absolute Anerkennung, denn er überzeugt in jeder Gefühlslage auf ganzer Ebene.
Adam Driver spielt hier den lustigen und humorvollen, aber auch ehrgeizigen und aufgeblasenen Knappen / Edelmann, der gerne mit vielen Frauen das Bett teilt und der glaubt, ihm gehöre alles, was er haben will. Er ist ein Lügner vor dem Herrn. Auch Driver spielt seine Rolle überaus überzeugend.
Jodie Comer spielt die Ehefrau und Opfer ebenfalls mit vielen Emotionen und viel Einsatz.
Auch Ben Affleck überzeugt als Graf Pierre dAlençon auf ganzer Linie. Er ist ein fauler Trinker, der sich am liebsten nur mit seinen Frauen und seinem Wein umgibt und der nicht auf Ehre oder Pflichtgefühl gibt und dem nur sein Geld und seine Freuden etwas bedeuten.
Setting / Ausstattung / Kostüme / Sprache (deutsche Synchronisation)
Das Setting des Mittelalters wird hier hervorragend eingefangen und dargestellt. Es wirkt alles extrem authentisch und überzeugend. Die Kleider und die Rüstungen sehen extrem echt aus, und toll finde ich auch, dass das Einkleiden und Rüsten hier mehrmals detailreich gezeigt werden. Auch die Waffen wirken sehr authentisch und nicht wie billige Imitate. Man sieht an den Kleidungen und Rüstungen der Figuren auch immer den Wohlstand dieser. Von dreckig über ordentlich bis hin zu pompös und extrem sauber und poliert gibt es hier die gesamte Palette. Auch hier wirkt alles sehr authentisch.
Die deutsche Synchronisation ist erstklassig und ich finde es klasse, dass unsere deutschen Sprecher weiterhin die mittelalterliche Sprache nutzen und auch tatsächlich Begriffe und Namen französisch bzw. manchmal auch lateinisch aussprechen. Sehr authentisch!
CGI-Animationen / Actionszenen / Kampfchoreografien
CGI ist mir in dem Film nicht wirklich aufgefallen, entweder, weil es hervorragende Qualitäten hat oder weil einfach kein CGI zum Einsatz kam. So oder so, hervorragend!
Actionszenen sind im Film eher rar gesät. Abgesehen vom titelgebenden Duell am Ende des Films gibt es noch zwei, drei kleinere Kämpfe zwischen Franzosen, Engländern und Schotten während der Kriegszüge. Diese haben es aber in sich und sind blutig, brutal und dreckig. Das Duell am Ende ist extrem spannend und hart, als Zuschauer fieberte ich extrem mit, schon aus Angst wegen des möglichen Ausgangs und der möglichen Folgen.
Kamera / Szenenbilder / Schnitt
Die Kameraeinstellungen haben mir durchweg gut gefallen, außer dass die Kamera in manchen Kampfszenen zu nah dran war und manche Schnitte etwas zu schnell waren. Aber in den ruhigen Szenen, die 95 % des Films ausmachen, sind die Kameraeinstellungen immer gut. Auch der Schnitt gefällt mir sehr gut. Niemals kommt Hektik in das Geschehen. Toll finde ich, dass die Blickwinkel der Kamera in Szenen, die sich wiederholen, dann völlig andere sind, passend zur derzeit zentralen Figur, dessen Blickwinkel man gerade erlebt.
Musik
Die Musik ist meistens sehr dezent oder sogar gar nicht vorhanden. Oft sind die Geschehnisse so sehr im Fokus, dass die Musik kaum wahrgenommen wird. Aber in Szenen wie während des Duells oder in anderen größeren Szenen ist die Musik wirklich sehr gut gelungen und passt perfekt zu der Zeit.
Fazit
The Last Duel ist ein Brett von einem Historienfilm. Im Gegensatz zu Ridley Scotts Gladiator, Königreich der Himmel oder Exodus liegt der Fokus hier mehr auf Drama als auf dem Unterhaltungswert. Dahingehend sind die anderen Filme etwas abwechslungsreicher und auch leichter zu schauen. Es gibt in den genannten Filmen sowohl Drama und Emotionen als auch viele Schauwerte und viel Unterhaltung. The Last Duel ist hier mehr ein reines Drama, welches aber dennoch zu keiner Minute langweilig ist, wenn man sich auf die Geschichte und die Charaktere und vor allem die Erzählart aus drei Blickwinkeln einlassen kann und will.
Für mich ein extrem starker und wirklich authentischer und glaubwürdiger Historienfilm, der aber auch sehr anspruchsvoll ist und schwer im Magen liegt.
Einen Punkt „Abzug“ gibt es, weil ich persönlich es mehr mag, wenn solche Filme einen guten Spagat zwischen Drama und Unterhaltung hinlegen, so wie eben Gladiator. Das ist daher eher ein persönlicher und subjektiver Punktabzug, der nicht von Schwächen des Films herrührt.
9/10 Punkte – Mittlerer Wiederschauwert