Bewertung: 3.5 / 5
Hochmut, Wollust, Habgier ... widmete sich Martin Scorsese in seinem letzten Werk The Wolf of Wall Street den Todsünden, so schwenkt er mit seinem neuen Werk in die gänzlich andere Richtung. Silence ist ein stiller Film, ein eindringlicher Film über menschlichen Glauben und Passion und fordert dem Zuschauer in ca. 160 Minuten einiges ab. Mit Andrew Garfield in der Hauptrolle überzeugend besetzt, erleben wir eine vergangene Epoche, in der es zahlreiche Missionare in entlegene Ecken der Welt trieb. Ein anstrengender Film, aber auch ein Film, der sich mit Überzeugungen auseinandersetzt und den Zuschauer zum Nachdenken anregt.
Silence Kritik
Die beiden portugiesischen Missionare Rodrigues (Andrew Garfield) und Garupe (Adam Driver) begeben sich nach Japan, um ihren dort verschollenen Lehrmeister Ferreira (Liam Neeson) ausfindig zu machen. Dieser reiste mehrere Jahre zuvor gen Osten, um den Menschen den christlichen Glauben näherzubringen. Inzwischen macht das Gerücht die Runde, dass sich Ferreira vom Christentum abgewandt hat, doch dies mag insbesondere Rodrigues nicht hinnehmen. Bald muss er erkennen, dass die japanischen Herrscher die westlichen Einflüsse nicht dulden und mit überaus rigider Hand und Brutalität gegen Christen vorgehen...
Trailer zu Silence
Eins vorweg, Silence ist ein Film, der ermüdend wirken kann. Aber für geneigte Kinogänger auch interessante Aspekte und Momente des Innehaltens bietet. Wir werden entführt in die Mitte des 17.Jahrhunderts, als die römisch-katholische Missionierung noch in vollem Gange war und sich nach und nach erfolgreich wähnte. Bis heute konnte sich das Christentum in Japan aber nicht als große Glaubensrichtung etablieren, der nur ein verschwindet geringer Prozentsatz der Japaner angehört. Martin Scorsese widmet sich dieser Aufbruchphase und weder beschönigt er in seinen Bildern etwas, noch werden klare Schwarz-Weiß-Muster gezeigt.
Er beschreibt die mühevolle Suche nach einem verschollenen Gläubigen und die aufopferungsvolle Mission der beiden jungen Priester, die so überzeugt von der Richtigkeit ihres Tuns sind. Ebenso die missbilligende Reaktion der Japaner, die sich nicht ganz unverständlich in ihrer Hoheit beeinflusst fühlen. Abhängig davon welcher Überzeugung man selbst anhängt, hier am ehesten Christ, Buddhist oder Atheist, entdeckt man dabei sowohl in der einen als auch anderen Argumentation Ansatzpunkte, die nachvollziehbar sind. Der Film stellt die japanischen Foltermethoden drastisch und - was sie sind - unmenschlich dar, aber nichtsdestotrotz behält der Film stets einen respektvollen Blick für die Japaner. Zwar mag ein stimmschwacher Inquisitor mit Hasenzähnen zum Lachen anmuten, seine Methoden und Darlegungen tun es keinesfalls. Denkwürdig, so banal es auch scheinen mag, ist ebenfalls die immer wiederkehrende Bitte nach Absolution durch einen jungen Japaner. Ist der Glaube für ihn ein bloßes Spiel, der mit der flotten Abbitte stets seine Reinheit bewahrt? Oder leidet er wirklich, erkennt als wahrer Gläubiger tief in sich seine Unfehlbarkeit und braucht die Prozedur bei Rodrigues wie das Wasser zum Leben? Ohnehin werden einige interessante Aspekte bezüglich Überzeugung, Märtyrertum und "wahrer" Glaube im Film aufgeworfen, die zum Diskutieren in geselliger Runde reizen.
Insofern ist Silence ein kraftvoller Film, wenn auch teilweise äußerst zäh. Doch widmet er sich diesem Thema, der Missionierung und dem Glauben seiner Protagonisten, was sich epischer anfühlt als zehn neue Ben Hur zusammen, besonders im Originalton. Stille herrscht in vielen Szenen vor, weswegen auch ein kraftvoller Soundtrack umgangen wird und wem das Thema und die starke Performance von Garfield, Driver und Neeson (leider nur sehr am Rande zu sehen) zusagt, wird vom Film gefesselt sein. Nicht zuletzt, weil es wie stets unfassbar ist zu sehen, was der Mensch dem Menschen antut.