Bewertung: 4 / 5
Bohemian Rhapsody zeichnet Queens Werdegang bis zum grandiosen Live-Aid-Auftritt 1985 nach und widmet mancher musikalischen Entstehungsgeschichte und Anekdote ihren großen Auftritt. Wo wären wir ohne Hits wie "We are the champions", "Who wants to live forever", "Radio Ga Ga" oder das titelgebende Monsterwerk "Bohemian Rhapsody"? Als Mercury im November 1991 verstarb, hinterließ er einen nicht zu füllenden Platz auf der Bühne - bewegend, ihn jetzt für einen kurzen Moment wieder auferstehen zu sehen.
Bohemian Rhapsody Kritik
Anfang der 70er trifft der junge Farrokh Bulsara (Rami Malek) auf zwei Musiker, die gerade ihren Leadsänger eingebüßt haben: Brian May (Gwilym Lee) und Roger Taylor (Ben Hardy). Es kommt zu einer schicksalsträchtigen Kooperation und einem kometengleichen Aufstieg der inzwischen auf vier Musiker angewachsenen Gruppe Queen. Bulsaras exaltiertes Auftreten, der sich nunmehr Freddie Mercury nennt, macht die Auftritte der Band zu einem Erlebnis, andererseits ist die kongeniale und gleichberechtigte Zusammenarbeit der Vier im Studio Garant für unzählige Hits. Und zieht Gönner wie Schmarotzer gleichzeitig an...
Trailer zu Bohemian Rhapsody
Rami Malek ist Freddie Mercury. Im Prinzip könnte die Kritik an dieser Stelle enden, denn die Präsenz des 37-jährigen, der mit scheinbarer Leichtigkeit die Rampensau, Lebenslust, aber auch Zerbrechlichkeit Mercurys einfängt, ist triumphal. Mittlerweile unvorstellbar, dass Namen wie Sacha Baron Cohen und Johnny Depp zuvor gefallen sind, um die Ikone auf der Leinwand darzustellen. Doch eine Gruppe ist die Summe ihrer Einzelteile und da haben Regisseur Bryan Singer und die Castingverantwortlichen ein gutes Händchen bewiesen: Gwilym Lee als Gitarrist Brian May, Ben Hardy als Drummer Roger Taylor und Joseph Mazzello als Bassist John Deacon haben nicht nur eine hohe Ähnlichkeit, auch die Attitüde der Stars wurde genauestens studiert, um das Biopic so realistisch wie möglich zu gestalten. Und so theatralisch und pompös die Adeligen auf der Bühne klingen, so einfach und sympathisch werden Mercury, May, Taylor und Deacon als Menschen gezeichnet.
Die echten May und Taylor produzierten (neben Manager Jim Beach und Robert de Niro) den Film und segnen seine Existenz und das Nahe-an-der-Realität-sein ab, auch wenn so manches Detail für den Erzählfluss gebeugt wurde. So wurde die Geschichte um die Band Smile etwas verkürzt dargestellt, auch Bulsaras musikalische Vorgeschichte, der dann zum Leadsänger wurde, was hier in wenigen Minuten geschieht. Auch die Bekanntgabe seiner HIV-Erkrankung gegenüber seinen Bandkollegen ist im Film wahrscheinlich nicht vor dem berühmten Live-Aid-Gig geschehen, doch dieser Zeitpunkt intensiviert den darauf folgenden, ausschweifenden Auftritt ungemein.
Unvergessen der 13. Juli 1985 im Londoner Wembley-Stadion, wo sie Bob Geldofs Ruf gefolgt sind, um den Hunger in Afrika zu lindern. Ihr Set mit "Bohemian Rhapsody", "Radio Ga Ga", "Hammer to fall", "Crazy little thing called love", "We will rock you" und "We are the champions" gehört zu den fulminantesten Auftritten der weltweit ausgestrahlten Veranstaltung, die auch im JFK-Stadion in Philadelphia stattfand und auf der u.a. Duran Duran, Elton John, David Bowie, die Dire Straits, U2 oder Madonna auftraten. Bohemian Rhapsody widmet diesem musikalischen Weltereignis eine sehr intensive Sequenz und schafft es, dass man sich mit Gänsehaut an diesen Moment erinnert beziehungsweise mit Gänsehaut trauert, dass man nicht dabei sein konnte.
Und so nimmt sich Bohemian Rhapsody viel Zeit, die Stationen in der Geschichte von Queen als auch Mercurys Privatleben sensibel zu beleuchten. Der Mann, der sich stets bedeckt hielt, was sein Leben abseits der Bühne anging, den eine lebenslange Freundschaft mit Mary Austin (Lucy Boynton, das süße Model aus Sing Street) verband, der sich Anfeindungen wegen seines Gebisses gegenüber sah und der ausschweifende Partys liebte, aber gleichzeitig eine sehr menschliche, bedachte, und dann doch wieder kraftvolle Seite hatte, mit der er seine Kreativität vorantrieb und verteidigte.
Bei aller Melancholie bleibt Bohemian Rhapsody aber vor allen Dingen ein sehr ausgelassener Rückblick, der um der Unterhaltung Willen auch Details hinzufügt, die nicht ganz der Realität entsprechen. Wenn ein Mike Myers als Label-Chef "Bohemian Rhapsody" ablehnt, dann entbehrt das nicht eines großen Hallos für Filmfans und offenbart auch den Humor der ehemaligen Bandmitglieder, sich selbst nicht zu ernst zu nehmen. Ein Film für Fans, der es umwerfend schafft, selbst distanzierte Queen-Hörer mitzureißen.