Bewertung: 2.5 / 5
Fünf Jahre ist es her, dass die Wahl-Amerikanerin Marion (Julie Delpy) für eine kurzweilige Beziehungsanalyse einen kurzen Stopp in ihrer Heimat einlegte: Die "2 Tage Paris" waren vor allem für ihren damaligen Lover anstrengend. In der Zwischenzeit ist viel passiert: Marion ist Ende 30, hat einen Sohn, einen neuen Freund und ein Problem. Der Gegenbesuch steht an, Marions Familie hat sich angekündigt. Papa Jeannot (Albert Delpy), Schwester Rose (Alexia Landeau) und Ex-Lover Manu (Alex Nahon) reichen 2 Tage New York, um Marions Leben gehörig auf den Kopf zu stellen. - Als Drehbuchautorin, Regisseurin und Hauptdarstellerin seziert das französische Multitalent Julie Delpy einmal mehr das komplizierte Gefühlsleben moderner Großstadtmenschen - hat dabei aber die gewitzte Unbeschwertheit etwas zu oft gegen alberne Plattitüden ausgetauscht.
Marion und Mingus (Chris Rock) leben das globalisierte Patchwork-Leben, das irgendwie der letzte Schrei geworden ist in den vergangenen Jahren. Beide brachten ein Kind mit in die Beziehung, beide sind Kreative, beide kämpfen mit den Veränderungen, die das Leben im allgemeinen und eine Beziehung im Besonderen mit Ende 30 so mit sich bringt. Eigentlich könnte alles ganz beschaulich sein, aber in ihrem Alter stellt man sich Fragen, wies weitergeht, und ob der Status quo okay ist oder es nicht doch noch ein unentdecktes Land gibt.
Die Antworten bringt Marions Familie mit, wenngleich zunächst einmal der Kulturschock verdaut werden muss. Franzosen im Big Apple: Delpy nutzt da erstmal die ganze Bandbreite transatlantischer Klischees - was aber eher albern als lustig ist. Papa lässt sich bei der Einreise vom Zoll verhaften, weil er ungefähr drei Zentner Wurst mitbringt. Schwester Rose zieht ihre französischen Brüste blank - für ein Statement gegen amerikanische Prüderie. Ex-Freund Manu kifft mehr als ein Bus voller Jamaikaner, und Mingus verzweifelt ob der anzüglichen Witze über die genitale Ausstattung afro-amerikanischer Männer. Das ist auf Dauer nicht nur für ihn etwas ermüdend.
Bei all dem Durcheinander bleibt Delpy kaum Zeit, sich um ihre Kernanliegen zu kümmern. Um die große Verunsicherung, ob Marions Art zu leben, die richtige ist? Man ist in einem Alter, in dem man Verantwortung übernommen hat und in dem sich Alltagsstrukturen verfestigten aus denen man nicht mehr so leicht ausbrechen kann. Oder doch?
Zumindest kann sie zur Kunst erheben: Marion kommentiert ihren Alltag mit recht banalen Fotos, die sich zumindest - ein feiner Seitenhieb auf den Kunstbetrieb - verkaufen wie warme Baguettes. Sie bietet in einem verzweifelten Akt auch ihre Seele feil, als Kunsthappening - und wird sie auch tatsächlich los: an den Schauspieler Vincent Gallo, der sich selbst spielt und einfach eine Seele in Reserve haben will.
Zu geschwätzig und zu hyperaktiv kommt 2 Tage New York etwas zu aufdringlich daher. Dabei weiß Delpy durchaus, worauf es ankommt, verlässt sich aber nicht darauf: Die stärksten Szenen sind diejenigen, in denen Marion und Mingus Zeit für sich alleine haben, in denen keine Familie stört, in denen kein dummer Witz gemacht wird.
Wenn Mingus in seinem Herrenzimmer eine lebensgroße Pappfigur Obamas um Rat fragt zum Beispiel oder Marion über die Wichtigkeit ihrer gerade verscherbelten Seele nachdenkt, ist das humorvoll und tiefsinnig. Dann merken Marion und Mingus auch, wie wichtig es ist, eine Familie zu haben, auf die man sich verlassen kann - egal wie bekloppt sie ist. Weil es dann nämlich auch in der Beziehung klappt und die Welt, so wie sie ist, ganz in Ordnung ist.
2 Tage New York bekommt 2,5 von 5 Hüten.
(Quelle: teleschau - der mediendienst | Andreas Fischer)
