Bewertung: 2 / 5
Vor gerade einmal drei Jahren startete mit WandaVision die erste Serie, zugehörig zum Marvel-Cinematic-Universe. Seitdem sind ganze neun weitere MCU-Live-Action-Serien erschienen, so Geschichten wie Marvels What If...? oder Ich bin Groot ausgeschlossen. Bei diesem enormen Output von Serien, ist es unvermeidbar, dass die Qualität der einzelnen Projekte darunter leidet. Zwar hat Marvel selbst dieses Problem mittlerweile erkannt, doch werden wir die Ergebnisse der Strategie: weniger ist mehr, erst in geraumer Zeit zu Gesicht bekommen. Nun bekommt auch die Bösewichtin aus WandaVision, Agatha Harkness ihre eigene Serie in Form von "Agatha All Along".
Ersteindruck zu Agatha All Along
In einer Zeit, in der wir Marvel-Fans gespannt auf die Rückkehr von Robert Downey Jr. als Doctor Doom in Avengers - Doomsday sind, bringt uns Agatha All Along wieder ins hier und jetzt zurück. Aber Moment, in welchem Jahr innerhalb des MCUs befinden wir uns denn gerade? Bei all den Filmen und Serien ist es ein Leichtes, den Überblick für das große Ganze zu verlieren. Agatha All Along spielt drei Jahre nach dem Ende von WandaVision. Die Serie umfasst neun Episoden, von denen wir vier bereits vorab sehen durften.
Trailer zu Agatha All Along
Zu Beginn von Agatha All Along findet Agatha Harkness (Kathryn Hahn) sich in einem verzerrten Zauber wieder, den sie zunächst mit der Hilfe eines Goth-Teenagers (Joe Locke) aufheben muss. Wieder in ihrem alten Ich angekommen, stellt Agatha fest, dass ihre Kräfte verschwunden sind. Daher begibt sie sich mit ihrem verdächtigen Begleiter auf den legendären Weg der Hexen, der jede Hexe mit dem belohnt, was ihr fehlt. Da dieser Weg jedoch voller Gefahren, Fallen und Prüfungen ist, muss Agatha zunächst aus der Not heraus einen Hexenzirkel, bestehend aus verschiedenen Hexen mit unterschiedlicher Profession, zusammenbringen. Zu diesen Hexen zählen Jennifer Kale (Sasheer Zamata), Alice Wu-Gulliver (Ali Ahn), Mrs. Hart (Debra Jo Rupp), Rio Vidal (Aubrey Plaza) und Lilia Calderu (Patti LuPone).
Obwohl sie als Antagonistin zu Wanda Maximoff aufgebaut wurde, fällt es uns in Agatha All Along leicht, mit ihr zu sympathisieren, insbesondere seit Wanda in Doctor Strange in the Multiverse of Madness die Antagonstin darstellte. Sie handelt sehr eigensinnig und scheut nicht davor zurück, andere Weggefährten auszunutzen, um ihr Ziel, die Wiederherstellung ihrer Macht, zu erreichen. Dabei hilft sie den anderen Hexen auf dem Weg, ihre eigenen Dämonen zu bezwingen. Die Schöpferin von Agatha All Along, als auch WandaVision, Jac Schaeffer war bei uns zu Gast im Interview und verglich Agatha mit der Figur des House aus der gleichnamigen Serie Dr. House. Auf die eigenen Ziele bedacht und doch hilft sie als Nebenprodukt dessen ihren Mitmenschen. Gespielt wird Agatha erneut von Karthyn Hahn, die zeitgleich die Stimmung der Serie verkörpert. Die Serie steht und fällt mit eurer Sympathie ihr gegenüber. Mögt ihr die Art ihres Schauspiels und die Figur, die sie verkörpert, so wird euch die Serie umso besser gefallen.
Joe Locke’s Charakter Teen, dessen Identitat zunächst geheim bleibt, ist der zweite Ankerpunkt für die Zuschauer. Jac Schaeffer beschreibt den Ursprung seiner Figur wie folgt: "This idea of creating a character that feels the way the audience does felt really right." Genau wie wir in WandaVision von Agatha’s Song "Agatha All Along" begeistert waren, ist er es von ihr. Wir begeben uns mit ihm zusammen auf diese Reise ins Unbekannte, auf den Weg der Hexen. Gleichzeitig wird früh klar, dass hinter seiner wahren Identität mehr steckt als zunächst scheint. Da Jac Schaeffer für die Episoden eins, zwei und sieben Regie führte, gehen wir davon aus, dass sein Geheimnis in der siebten Folge der neunteiligen Serie enthüllt wird. Der Mittelteil der Serie beschäftigt sich hingegen primär mit dem Hexenzirkel den Teen und Agatha zusammenstellen. Jede Folge konzentriert sich auf eine der sie begleitenden Hexen, die dadurch mehr Charaktertiefe erhalten. Leider reicht dieser Fokus nicht aus, um aus den Hexen wirklich nahbare, interessante Nebenfiguren zu kreieren, wie wir sie beispielsweise in Form von Mobius aus Loki kennen.
Werfen wir einen Blick auf die Ausstattung der Serie, fallen uns vor allem die praktischen Sets und Effekte sehr positiv auf. Hier wird sich der alten Schule bedient und nahezu ausschließlich auf CGI verzichtet. Dabei fallen diese praktischen Sets bei genauem Hingucken aber auch negativ auf. Ein Haus in der Ferne erkennen wir sofort als aufgestellten Hintergrund, hier fehlt die Tiefe, die das Set benötigt hätte. Da der Weg der Hexen bekanntermaßen in ewige Nacht gehüllt ist, raten wir euch streng davon ab, die Serie tagsüber während strahlender Sonne zu schauen. Nicht nur fühlen wir uns abends in die Atmosphäre der Serie besser ein, sondern erkennen wir tagsüber auch schlicht in vielen Szenen kaum etwas, da das Bild nahezu stockdunkel erscheint. Dies kreiden wir der Serie aufgrund des Settings nicht an, doch wollten wir euch an dieser Stelle darauf hinweisen.
Wie bereits erwähnt, gilt der Song "Agatha All Along" aus WandaVision als Highlight der Serie und begeisterte Kritiker und Fans zugleich. Aus diesem Grund wurde Agatha All Along nicht nur nach dem Song benannt, sondern macht Musik erneut zu einem wichtigen Teil von Agatha’s Charakter und somit der Serie. Mit "Down the Witches Road" bringt die Serie einen weiteren ikonischen Song ins MCU, der unser Highlight der ersten Episoden darstellt. Er dient gleichzeitig als eine Art Leitmotiv der Hexen, das sie durch die Serie begleitet und somit wird der Song in verschiedenen Versionen in zukünftigen Folgen erneut zu hören sein.
Agatha All Along ist eindeutig ins Genre der Dark-Comedy einzuordnen, ist doch die Serie zu großen Teil dunkel wie die Nacht und die Charaktere in jeder noch so gefährlichen Situation sich nicht zu schade, einen flotten Spruch von den Lippen zu lassen. Zu unserem Bedauern ruiniert der Humor in der ein oder anderen Szene dadurch nicht nur die Spannung oder einen emotionalen Moment, sondern zündet er bei uns nur selten. Dabei ist es gerade der Gen-Z-Humor rund um Joe Locke’s jungen Charakter Teen, der an vielen Stellen nicht passt und in Teilen geradezu übertrieben wirkt. Hier reißt uns die Serie am ehesten aus der Immersion heraus. Wie bereits bei Kathryn Hahn als Hauptdarstellerin, kann auch der Humor auf jeden individuell anders wirken.
Schließlich bleiben wir mit einem sehr gemischten Gefühl nach den ersten Episoden von Agatha All Along zurück. Wir mögen die praktischen Sets, den neuen Titelsong, der seinen Vorgänger unserer Meinung nach sogar übertrumpfen kann, den Mystery-Aspekt von Joe Locke’s Figur und die leichten Gruselmomente, die die Serie hier und da einstreut. Dem gegenüber stehen der selten funktionierende Humor, eine strukturell vorhersehbare Handlung und ein Ensemble von Figuren, zu denen wir wenig Sympathie in den bisherigen Episoden aufbauen konnten.
Darüber hinaus haben wir das Gefühl, dass die Serie sich im Kreis drehen könnte und Agatha nach dem Wiedererlangen ihrer Kräfte genau dort ankommt, wo sie am Ende von WandaVision bereits stand. Der einzige Unterschied besteht darin, dass wir sie nach dem Anschauen von Agatha All Along mehr mögen, also noch davor. In einem überall verzahnten MCU, dass schon längst die Serien als essenziellen Teil zum Verständnis der übergeordneten Handlung versteht, wäre uns diese Handlung dann zu dünn. Auf der anderen Seite könnte Agatha All Along gerade dadurch auch eine der wenigen komplett optionalen Marvel-Serien werden, die kaum Relevanz für zukünftige Projekte mit sich bringt.
Auf die Frage hin, ob wir eine zweite Staffel von Agatha All Along erwarten dürfen, äußert sich Jac Schaeffer: "There are currently no plans, I am not involved in any second season of Agatha. That’s what I can say." Inwiefern die Erzählung um Agatha Harkness nach der Serie also weitergeht, bleibt abzuwarten.