Bewertung: 3.5 / 5
Woran Cloud Atlas krankt, sind die Zusammenhänge der einzelnen Epochen. So spannend es ist, so viele Genres in einem Film zusammengewürfelt zu sehen, so sehr schwingt immer die Botschaft des Films mit, alles ist verbunden. Wiedergeburt, das Treffen in einem anderen Leben, was kommt nach dem Tod? Große Fragen thematisiert Cloud Atlas. Liebe und Hass, Gier und Güte, Freiheit und Unterdrückung, der Akt der Schöpfung. Wer sind wir? Sind wir nur ein Teil dieser Welt? Was können wir bewegen? Was kann Güte gegen Gier ausrichten? Vor allem Letzteres ist ein immer wiederkehrendes Thema. Einige Wenige, die sich nicht den Konventionen beugen wollen, die sich gegen das System stellen, nach Freiheit streben. Das sind große Themen, die packen, die den Zuschauer immer wieder emotional greifen. Doch die Themen allein schaffen keinen konkreten Zusammenhalt der einzelnen Epochen. Teils wahllos zusammengewürfelt wirken sie, obwohl sich eben diese Themen und manche Sätze immer wiederholen. Und doch ist der viel zitierte Zusammenhalt von allem meist enttäuschend trivial.
Vielleicht wäre es sogar sinnvoller gewesen, einzelne Episoden gänzlich wegzulassen und andere stärker auszubauen. Einige hätten beinahe einen eigenen Film verdient. Besonders Sonmis Reise - auch wenn hier schamlos bei Jahr 2022... die überleben wollen gekupfert wurde - schöpft nur im Ansatz das vorhandene Potential aus, denn die Auswirkungen auf das Ende der Menschheit hätten weitaus stärker thematisiert werden können. Hier wird auch besonders deutlich, zu welch schrecklichen Taten der Mensch fähig ist und wie wichtig es ist, sein Leben einem höheren Ideal zu verschreiben. Wohin dies führt, wenn Güte und Aufrichtigkeit unterliegen, sehen wir in der fernen Zukunft, in der Barbarei das letzte bisschen Menschlichkeit beinahe ausrottet. Einziger Wermutstropfen: Zwar wurde für diese ferne Zeit versucht, eine eigene Sprache zu finden, deren Phonetik erinnert aber erschreckend an die Gungans aus Star Wars: Episode I - Die dunkle Bedrohung. Dies sind die Momente, wo man nicht weiß, ob man lachen oder weinen soll.
Trailer zu Cloud Atlas
Cloud Atlas ist ein Film geworden, der die Zuschauer spalten wird. Es ist kein Film, der es einem leicht macht, ihn zu mögen - zu verworren wird er einigen sein, zu simpel anderen. Ambitioniert ja und doch voller Fehler, Ecken und Kanten. Aber vielleicht sticht Cloud Atlas gerade deswegen aus der grauen Masse hervor und ist deswegen kein Film für die Masse. Er ist nicht bis zur Unkenntlichkeit glattgebügelt, nur um mit aller Gewalt die Zielgruppe zu erweitern. Es ist ein buntes Spektrum an Figuren, Genres, Themen, wild zusammengewürfelt, mal lustig, mal spannend, mal emotional. Man lacht, man weint. Man hasst, man liebt. Streckenweise ein Appell an das Gute im Menschen, etwas mit seinen Taten zu bewirken, was auch die Zeit überdauert. Unsere Leben gehören nicht uns allein. Von der Wiege bis zur Bahre sind wir mit anderen verbunden.
Man muss sich bewusst sein, dass der Film zwar mit bedeutungsschweren Worthülsen um sich wirft, Antworten aber oft schuldig bleibt. Es liegt am Zuschauer selbst, aus dem ganzen Wust sich die Ideen herauszupicken, die letztlich darüber entscheiden, ob einem der Film gefällt oder nicht. Man muss bereit sein, etwas mitnehmen zu wollen, Passivität wird gnadenlos bestraft. Somit steht der Zuschauer wie die Protagonisten vor der Wahl - und vielleicht ist genau diese Erkenntnis das Geschenk, welches uns die Wachowskis und Tom Tykwer machen.