Bewertung: 4 / 5
Nein, Das Leben gehört uns erzähle nicht ihre Geschichte, beteuert Valérie Donzelli, auch wenn ihr Werk in gewisser Weise autobiografisch sei: Die Krebserkrankung des gemeinsamen Kindes stellt darin die Beziehung eines jungen Paares auf eine harte Probe. Ein Schicksal, das die Regisseurin des französischen Oscarbeitrags und ihr damaliger Lebensgefährte Jérémie Elkaim vor einigen Jahren durchlitten - und nun als Hauptdarsteller in diesem außergewöhnlichen Drama ein zweites Mal durchleben.
Auf der Party funkte es sofort zwischen den beiden - doch welche Wahl hätten sie auch, wenn sie doch ausgerechnet Roméo und Juliette heißen? Durchgestylte Bilder zeigen die Freuden des Verliebtseins in ihrer schönsten Form, bis Babygebrüll den schicken Schnelldurchlauf beendet: Der kleine Adam krönt das Glück des quirligen Paares - dann jedoch wird bei dem Winzling ein Hirntumor entdeckt.
Valérie Donzelli ist jedes Stilmittel recht, um einen Eindruck von der Gefühlswelt des Paares zu vermitteln: Manchmal wählt sie dazu schnelle Schnitte, mal laut dröhnende Bässe. An einer Stelle choreografiert sie Bewegungsabläufe ganz offenkundig durch, an anderer tritt sie förmlich die Flucht vor der Kamera an. Lange bevor die Hauptdarsteller zum Duett ansetzen, hegt der Zuschauer bereits den Verdacht, in einem Musikvideo statt in einem Krebsdrama gelandet zu sein. Doch Donzellis Experimentierfreude zeigt Wirkung: Selten ließ sich Schmerz so nachfühlen wie in den Szenen, in denen die Elternteile von der schweren Erkrankung ihres Sohnes erfahren.
Aber das ist es nicht, was Das Leben gehört uns zu einem bemerkenswerten Stück Kino macht - zumindest nicht das allein. Es ist die Art, wie das Paar - und damit der Film - mit der dramatischen Situation umgeht. Einerseits natürlich entschlossen und kämpferisch, wie schon der so treffende Originaltitel La Guerre est déclarée - "Der Krieg ist erklärt" nahelegt. Andererseits jedoch mit einer Leichtigkeit, die von einem solchen Sujet kaum zu erwarten war: Um sich ihre Ängste zu nehmen, reißen Roméo und Juliette vor wichtigen Operationen Witze. Statt sich in großen Streits den Frust herauszuschreien, entwickeln die beiden gemeinsam Schlachtpläne.
Darin zeigt sich die persönliche Erfahrung der Ko-Autoren Valérie Donzelli und Jérémie Elkaim wohl am deutlichsten: Sie wissen eben, das ein Paar mit einem kranken Kind trotz ständiger Sorgen und Entbehrungen auch glückliche Momente genießt, ja, sich sogar hin und wieder bei Partys amüsiert. Und es war ihnen wichtig, das zu zeigen: die Art Realität, die auf der Leinwand normalerweise außen vor gelassen wird.
Das Leben gehört uns bekommt 4 von 5 Hüten.
(Quelle: teleschau - der mediendienst | Annekatrin Liebisch)
