Bewertung: 3 / 5
Kurz vor der Pensionierung bekommt Detective Jerry Black (Jack Nicholson) einen grauenhaften Fall. Ein Mädchen wurde sexuell missbraucht und anschließend bestialisch ermordet. Jerry verspricht der Mutter, den Täter aufzuspüren. Bald schon wird ein Verdächtiger festgenommen, doch Jerry denkt, der eigentliche Mörder sei noch auf freiem Fuß. Also heckt er einen gefährlichen Plan aus, um den wahren Mörder zu überführen.
Wann immer Kinder sterben, sind wir als Menschen besonders schnell emotional involviert. Ist natürlich klar, ein Ableben mit besonders jungem Alter ist schockierend. Und nicht nur schockierend, sondern auch genauso unerklärlich. Schließlich steht jeder Mensch dem Tod gleichermaßen naiv gegenüber und hat keinerlei Ahnung, was ihn erwarten wird. Nun ist der Tod von Kindern der Aufhänger für Das Versprechen, einem Thriller, der mit einer außergewöhnlichen Star-Besetzung daherkommt und der von einem ebenso außergewöhnlichen Star inszeniert wurde. Nun mag man davon halten, was man will, letzten Endes jedoch wäre es egal, wenn das Endresultat tadellos wäre. Für Das Versprechen gilt, daß der Film tatsächlich lange Zeit genreüblich im Dunkeln tappen lässt. Doch wo andere Thriller Spannung generieren können, gelingt es diesem Werk in vielerlei Hinsicht nicht, daß eigens anstrebte Niveau zu halten. Und das liegt nicht daran, daß der Plot zu wirr wäre und sich die Figuren in irgendwelchen Belanglosigkeiten verlieren würden. Viel eher liegt es daran, daß das mitunter zäh ist und Regisseur Sean Penn hier auch bedingt durch seine melancholische Country-Musik nicht immer am Puls der Zeit zu sein scheint. Es macht keinen Spaß, sollte es bei dem Thema natürlich auch nicht. Doch wenn man die Figuren ein wenig weiter Treiben würde, dann wäre es sicherlich ein wenig spannender geworden. So dümpelt das irgendwie vor sich hin und kommt dann kaum zu einer Erkenntnis.
Die generelle Frage ist nämlich keine, die noch nie ein Thriller gestellt hätte. Das Versprechen handelt davon, was die bloße, grausame Tat mit den Figuren um diese Tat macht. Dabei handelt Penn Klischees ab und es geht ihm darum zu zeigen, wie ein gesamtes Gesellschaftsbild auf Gewalt blickt. Die Exekutive möchte schnelle Erfolge und geht bei dem Versuch diese Erfolge zu erzielen über deutliche Grenzen. So zeichnet sich das zumindest im ein- oder anderen Verhör aus. Das Volk selbst ist traumatisiert und versucht langsam aber sicher die Tat hinter sich zu lassen. Ein geeinigtes Psychogramm hingegen bietet hier die Hauptfigur Jerry Black. Auch da ist natürlich das Klischee vorhanden, daß es sich nun um den letzten großen Fall eines pensionierten Polizisten handelt. Und dann folgt man hauptsächlich seiner Obsession und seinem langanhaltendem und ausbrechenden Wahn sich der Wahrheit verpflichtet zu haben. In jeder kleinen Faser findet sich da aber ein Widerspruch. Zum einen die Gewalt und die Missstände, die Black scheinbar verfolgen und zum anderen das Leben in der ländlichen Idylle und der Traum vom „Aussteigen“. Penn zeichnet eine gewisse Melancholie in den Wäldern. Ein Leben, daß schnörkellos und einfach sein sollte. Dabei verbindet er das Chaos der kapitalistischen Großstadt und zeigt auf, daß man der Gewalt nie entfliehen werden kann. Die Hoffnung stirbt zwar zuletzt, doch für Black gibt es kein geregeltes Leben, nach dem er sich scheinbar so sehr sehnt.
Während die Tristesse und die Absurdität der Gewalt im Schnee natürlich unweigerlich an Fargo (1995) erinnern, so ist Das Versprechen aber keineswegs eine schwarze Komödie. Tatsächlich handelt der Film viel eher von ewigen Grenzüberschreitungen. Nicht nur ausgedrückt in der Gewalt, die Polizisten etwa einem behindertem Mann Gegenüberbringen, sondern auch in einer a-moralischen Form. So etwa, wenn Black ein kleines Kind als Köder verwendet. Dieses kleine Kind, daß quasi die Unschuld und Reinheit repräsentiert wird zum Spielball für die „Erwachsenenwelt“. Es zeigt auf, daß das Böse natürlich ambivalent ist und das ebenso jede Tat, jedes Verbrechen mitunter auch durch zweifelhafte und verwerfliche Methoden gelöst wird. Insofern gibt es hier keine Helden, die einfach nur geliebte Menschen in den Arm nimmt und dann ist der Tag auch gerettet. Unweigerlich wird damit aber auch klar, daß Black sowohl aus einer Verbohrtheit handelt, aber auch wegen der systemisch geprägten Moral. Da spielt die Psyche natürlich eine gesonderte Rolle und Penn zeigt auf, daß Resilienz hier somit zu einem großen Wirkfaktor wird, ebenso wie fehlende Resilienz einer ist. Tatsächlich stellt sich ja die Frage, warum dieser Polizist nicht von dem Fall loslassen kann. Nicht, daß das eine sonderlich neue Ansicht auf Polizisten im Film wäre, aber die Frage bleibt ja, wieso diese Tat einen Mann so schockiert, der unzählige solcher Taten erleben musste. Plötzlich findet er den vermeintlichen Seelenfrieden in einer Zweckfamilie. Mutter mit Kind, mit Tochter um genau zu sein und dann wiederum ist diese Welt sofort wieder „böse“. Was auch immer das heißen mag.
Das heißt also, Black ist getrieben von der Tat und erhofft sich so, die Kontrolle behalten zu können. Auch wenn eine unmittelbare Gefahr keineswegs existent ist. Überdies liefert Das Versprechen eindringliche Performances. Besonders Nicholson kann hier erneut auftrumpfen, weil er so unscheinbar und gleichzeitig völlig getrieben wirkt. Ebenso großartig ist Mickey Rourke, der mit nur einer Szene eigentlich den gesamten Film dominiert, wie auch ein del Toro beeindruckt.
Ein dreckiger und immer aktueller Thriller bleibt Das Versprechen. Der Film selbst ist ein wenig zäh und etwas zu sehr in Melancholie verliebt und dennoch ist gerade das Spiel aber auch das Spiel mit Kontrasten zweier Welten und Realitäten so aufschlussreich.
