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Der englische Patient

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Der englische Patient Kritik

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Der englische Patient Kritik
0 Kommentare - 15.07.2024 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Der englische Patient" ist.

Bewertung: 4 / 5

In Ägypten, kurz vor dem Zweiten Weltkrieg erkundet der ungarische Graf Laszlo Almasy (Ralph Fiennes) die Wüste, um Karten für Forschungsprojekte und Geographen zu erstellen. Als er von der deutschen Armee abgeschossen wird, wird er von einem englischen Konvoi gefunden und aufgenommen. Die französische Krankenschwester Hana (Juliette Binoche) kümmert sich liebevoll um seine Wunden. Sein Gesicht ist nach dem Absturz bis zur Unkenntlichkeit verbrannt und auch seine Organe erlitten schwere Schäden. Weiterhin leidet Almasy an Amnesie. Aufgrund dessen entscheidet sich Hana ihren Konvoi zu verlassen such sich weiterhin, um Almasy zu kümmern.

Es hat etwas neckisches, wenn ein Film, der eine dreistündige Abhandlung von Sentimentalem Melodram darstellt, den Zuschauer vereinnahmen möchte. Sicherlich gibt es da sinnigere Konzepte und sicherlich kann man auch darüber streiten, ob Der englische Patient ein Werk ist, daß mehr auf Oscar, als auf Qualität getrimmt wurde. Denn ehrlich gesagt kann man, je nach Gemütsverfassung schnell davon erschrocken werden und dann wiederum müsste man sich fragen, ob denn die Laufzeit, die ja durchaus sportlich daherkommt, auch inhaltlich das vermag, was sie verspricht. Das ist nicht so, der gleiche Film hätte auch in einer humaneren Zeit vonstattengehen können und etwa zur Mitte hin macht sich das auch beim Zuschauer bemerkbar. Denn Regisseur Anthony Minghella erzählt ab der grundsätzlichen Prämisse fast nichts mehr von Bedeutung. Manchmal Bedeutungsschwanger und fast schon Betrug am Zuschauer, kann man hier betrachten. Auf dem Papier ist Der englische Patient also ein Film, den man eigentlich nicht mögen darf. Aufgewertet mit einer Zuckerwattenartigen Geschichte und vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkriegs. Das erinnert nicht zufällig auch ein wenig an Casablanca (1942) und hat noch dazu den monumentalen Anspruch von Lawrence von Arabien (1962). Mysterien gibt es hier nicht. Große Fragen? Nun ja, vielleicht. Vielleicht aber auch nicht und letzten Endes ist das großer Style over Substance.

Und irgendwie ist Der englische Patient dennoch in all seiner Sentimentalität bewegend. Man lauscht gebannt, wenn Ralph Fiennes seine Lebensgeschichte erzählt und tatsächlich wird hier bestes Schauspiel geboten. Fiennes zeichnet eine äußere Ruhe, die von inneren Traumata und Verlangen geplagt wird. Ja, das ist schmalzig. Doch es hat Stil in gewisser Weise. Man muss sich das also mal vor Augen führen. Melodramatische, überkitschte Liebesgeschichten gibt es ja im Film nicht selten. Man erinnere sich nur einmal an das durchaus interessante, wenn auch inhaltlich dürftige bis fragwürdige Werk von Nancy Meyers. Diese schuf zu Beginn der 2000er Jahre Liebeskomödien Was Frauen wollen (2000), Was das Herz begehrt (2003) und den Weihnachts-Cringe Liebe braucht keine Ferien (2006). All das, wie auch Der englische Patient, Bridget Jones – Schokolade zum Frühstück (2001) oder Notting Hill (1999) sind Werke, für die es immer einen gewissen Mut braucht, um sich damit in irgendeiner Weise zu befassen. Ja, das klingt nun ein wenig seltsam, weil die Romanze als solche ja je nach Auslegung weder brutal noch gefährlich ist. Doch diese Art des theatralischen Dauergeheuls, mitsamt hat eine seltsame Limitierung im Film. Denn diese Art, wie hier Gefühle, bedeutungsschwanger in die Welt getragen werden ist fernab jedweder Realität und genau deshalb ist es auch so wertvoll.

Denn der Anspruch des Kinos, möglichst reale Verhältnisse, im irrealen Zustand zu zeichnen ist paradox. Nun ist der Zweite Weltkrieg leider Gottes mehr als nur real gewesen, aber das ist auch gar nicht gemeint. Es ist eine Ansammlung von Zufälligkeiten und eben einer geschichtlichen Bestimmtheit für die Figuren die Der englische Patient, wie so viele andere Filme aufzeigt. Daher gibt es auf der rein geschichtlichen Ebene auch kaum einen Verweis auf die Realität. Es passiert eben im Film und bleibt als Film immer ein Film. Nicht mit dem Anspruch etwas Reales sehen zu wollen. Sondern große, ja sehr oft auch bedeutungsschwangere Momente, die weit über eine realistische Beziehung hinausgehen. In dieser Hinsicht ist das Werk also ein sehr realer Film, weil er als Film, filmische Komponenten großartig aufzeigt. Und dann ist er ähnlich wie ein Terrence Malick in Der schmale Grat (1998) in Bilder verliebt. Hier und da werden ähnliche, bedeutungsschwangere, wie auch philosophische Gespräche geführt oder Monologe gehalten. Und dann muss man nicht unbedingt eine tiefschürfende Analyse über dieses oder jenes erwarten. In einer postmodernen Welt ist das ohnehin ein zweifelhafter Anspruch. Viel eher geht es darum, die Narben des Krieges, die nicht annährend so tief sitzen, wie die Narben der gebrochen Herzen, mit sich zu tragen. Das hat in seiner Ausführung und Zeichung des Innenelebens seiner Figuren durchaus etwas von einer gewissen Spätromantik.

Und diese bewegenden Momente werden dadurch noch aufgewertet, daß sie zumeist von einer großartigen schauspielerischen Leistung durch Ralph Fiennes getragen werden. Ja, es ist eine einfache Figur, die Fiennes aber so zerbrechlich verkörpert, daß man wirklich beeindruckt ist. Derweil spielt der Film ebenso gekonnt mit Kontrasten. Während der die zerstörerische Gewalt und das Resultat des Krieges physisch wie psychisch zeichnet, sind es vor allem die Bilder der Welt, die hier beeindrucken. Mal Tod und Verderben und dann wiederum hoffnungsvolle Romantik, Wiesen und Felder.

Etwas übertrieben kehrt in Der englische Patient ein Pathos vergangener Tage zurück. Dieser jedoch ist so gut transportiert, daß man darin große Freude haben kann. Es ist zweifelsfrei ein kontroverses Werk, daß realitätsnah und realitätsfern zugleich ist. Großartig gespielt und irgendwie verträumt.

Der englische Patient Bewertung
Bewertung des Films
810

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