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Licorice Pizza

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Licorice Pizza Kritik

Licorice Pizza Kritik

Licorice Pizza Kritik
0 Kommentare - 29.01.2022 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Licorice Pizza" ist.
Licorice Pizza

Bewertung: 4 / 5

Anfang der 1970er Jahre verliebt sich der fünfzehnjährige Gary Valentine (Cooper Hoffman) in die Foto-Assistentin Alana Kane (Alana Haim). Obwohl zwischen den beiden Jahre liegen, gelingt es Gary Alana zu einem Abendessen zu überreden. Die beiden sind voneinander fasziniert, während Gary als Kinderdarsteller seine eigene PR-Firma gegründet, träumt auch Alana von finanzieller Unabhängigkeit und so gründen sie gemeinsam ein Wasserbett-Geschäft.

Skandale vorzuprogrammieren geht ganz schnell, auch in der Filmwelt. Da gibt es solche, die ausnahmslos intendiert sind, wie das Gesamtwerk von Lars von Trier und da gibt es solche, die unfreiwillig passieren, wie eine unrühmliche Casting-Entscheidung, wie ein falscher Effekt an der falschen Stelle und dann gibt es noch jene Skandale, die tatsächlich wirklich diskussionswürdig sind. Liebe, nichts wird wohl so stark moralisiert wie das Gefühl, daß sich nur mit anderen Gefühlen überhaupt halbwegs beschreiben lässt. Ob gleichgeschlechtlich, ob Hautfarbe, ob Konfession und dann gibt es noch jene Liebe, zwischen den Welten. Sie liegt zwischen den Welten, weil sie quasi einen Generationenkonflikt hervorruft. Und mit Licorice Pizza erzählt Paul Thomas Anderson eine Liebesgeschichte, die so ein wenig in den Fußstapfen von Werken wie Der Amerikaner (1970) oder Harold und Maude (1971) wandelt. Doch das ist gar nicht so beabsichtigt, wie man vielleicht zunächst glauben mag. Denn während sich die anderen Werke primär als Provokation, dann erst als Gesellschaftsstudie verstehen, erklärt dieser Film die eigentlich brisante Frage zum Kernelement der Geschichte. Kann eine Beziehung zwischen Menschen, die ein ganzes Jahrzehnt auseinander liegen funktionieren?

Trailer zu Licorice Pizza

So ganz genau weiß das keiner und auch dieser Film weiß es eben auch nicht. Doch das ist die wohl größte Errungenschaft des Werkes. Denn während sich Gary Valentine noch mitten in der Pubertät befinden sollte, ist er durch das stetige Showgeschäft bereits gereift. Er kennt das gar nicht anders und besucht somit die Highschool als jemand besonderes, hat Auftritte als Schauspieler und sehnt sich eigentlich nach der großen Liebe. Es mutet zunächst an, als wirke die Figur, ob ihres sozialen Standes, einfach nur wie ein weiterer, arroganter Schnösel, der zu viel Geld hat. Doch das ist nicht so. Denn wenn man sein Leben lang und gerade in einer Phase wie dieser, eben bereits alles Erdenkliche erreicht hat, so fällt es oft schwer, überhaupt andere Dinge konkret wahrzunehmen. Nicht aber, weil die Figur das bewusst ausblendet, sondern weil sie schlicht und ergreifend in einer Sphäre aufgewachsen ist, die kaum einen anderen Weg zulässt. Darin kann man natürlich eine Absolution der Reichen, im Besonderen der Künstlerinnen im Hollywoodgewerbe lesen, dennoch steckt auch eine gewisse Wahrheit darin und die Frage ist ja auch berechtigt, wenn man darauf hindeutet, daß eine Umverteilung der Macht, vermutlich auch nur den Spieß umdrehen würde. Der Kontrast darin besteht dann in der Figur Alana Kane, eine Frau in ihren Mittzwanzigern, die bei ihren Eltern lebt und scheinbar nichts auf die Reihe bekommt. Ein Job ist nicht in Aussicht, eine Romanze schon gar nicht und all die Dinge, die in unserer Gesellschaft als so erstrebenswert gelten, vereint diese Figur nicht. Zunächst besteht auch für sie kein Interesse an einem wesentlich jüngeren. Doch der Film verdreht klassische Rollenmuster dabei so geschickt, indem er auch die eigentlich ältere Figur, zur unreiferen Person erklärt.

Auch darin liegt eine gewisse Ehrlichkeit und der Film wählt mit Alana Haim und Cooper Hoffman eine wahrhaftige Kombination. Denn während dieser Liebesfilm sich so langsam aber sicher mausert, offenbart das Casting auch eine Antihollywoodästhetik, indem nämlich weder Haim, noch Hoffman den gängigen Schönheitsidealen unserer Zeit entsprechen. Sie wirken so glaubhaft, weil sie zum einen von klassischen Träumen umgeben sind, und zum anderen, weil sie eben das Bewusstsein der Mehrheit stärken. Da sind keine Muskeln, schön frisiertes Haar oder diese stoische Ernsthaftigkeit, die männlichen Stereotypen nachgesagt wird. Da sind auch keine Stupsnasen, hervorstechende Oberweite oder dauerhafter Sexappeal in der Stimme, die man weiblichen Stereotypen nachsagt. Und daß der Film dabei dennoch im Showgeschäft stattfindet, zeigt, wie traumhaft die gesamte Wirkungsweise jener Welt überhaupt erst ist. Da zieht man dann deutlich Parallelen zu Once Upon a Time in Hollywood (2019), weil auch die Geschichte sich ähnlich verspielt in einer Sinnsuche verliert. Doch der große Unterschied ist, daß Licorice Pizza auch abseits seiner scheinbaren Inhaltsleere, die einzelnen Episoden und Charaktere mit wesentlich mehr Leben füllen kann. Dabei investiert der Film vor allem auch gute Zeit in die Beziehung Alana Kane und Gary Valantine, weil auch ihre gesamte Wirkung aufeinander so seltsam romantisch anmutet.

So gefallen sich die Figuren im Anziehen voneinander. Es ist ausschlaggebend, daß sie einander irgendwie nicht erfüllen, doch auch nicht voneinander loskommen. Irgendwie tun sie sich nicht gut, wenn sie sich mit Seitensprüngen, oder der Ausübung von sozial besser gestelltem Sein konfrontieren. Dabei hat gerade dieser Umstand etwas Elektrisierendes, weil sich dieses Unverständnis auch auf den Zuschauer überträgt und über die gesamte Laufzeit somit ein Porträt von hochkomplexen Wesen entsteht, die die Liebe nicht begreifen. Da steckt also auch keinerlei Moral hinter, wenn der Film versucht etwas darzustellen. Er begründet das Verhalten einzelner Figuren vielleicht, doch das sind Gründe, die man sich nur in der metaphorischen Deutung von Liebe klarmachen kann, ob das nun übergeordnet einen Sinn ergibt, möchte man so auch nicht unterschreiben. Derweil wird auch das gesamte Treiben von einer Odyssee begleitet, in welcher die Hauptcharaktere exzentrische Figuren des Filmgeschäfts treffen. Daraus entsteht dann mitunter auch der großartig subtile Humor des Films, wenn etwa ein exzentrischer Jon Peters etwa bedrohend wirkt, wenn es um sein eigenes Haus geht. Oder auch ein Jerry Frick, der wunderbar von John Michael Higgins in eine klare Me-Too-Debatte verfrachtet wird. Diese seltsamen Gestalten, die man irgendwie amüsant findet, ihnen aber dennoch keineswegs über den Weg laufen wollte, sind das, was die Ambivalenzen des Menschseins am deutlichsten veranschaulichen.

Und gerade weil der Film so kritische Momente humoristisch aufgreift und daran nicht scheitert, gewinnt er an wahrer Größe, weil die reine Romantisierung hier nicht im Vordergrund steht und gleichzeitig aber auch der Kunst einen riesen Dienst erwiesen wird, weil es Tabubrüche trotz allem noch geben darf. Ein überaus politisches Werk ist es aber auch nicht, denn dafür wirkt die Romanze zu dominant. Insofern lässt sich das Werk schwer greifen, weil es nicht in die populäre Prolliberalismus-Blase packen lässt und dennoch nicht auf etwaige Seitenhiebe verzichtet.

Souverän und fernab von lastender Schwere erzählt Licorice Pizza eine authentische Liebesgeschichte, die auch abseits von nostalgischer Verklärung atemberaubend schön ist. Schrille Charaktere belieben die Odyssee, die nur noch von ihren Hauptdarstellern übertroffen wird. Es verleibt der Einblick in Wahrhaftigkeit, die zwar provozierender wirkt, als sie letztlich ist und dennoch entlädt der Film soviel Spannung in all den Nuancen.

Licorice Pizza Bewertung
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