
Bewertung: 4 / 5
In der trüben Wüstenwelt ist die Menschheit vollkommen verkommen. Der schweigsame Max (Tom Hardy) versucht dein Verlust seiner Familie zu überwinden, während die elitäre Furiosa (Charlize Theron) ihr Leben zu retten versucht. Als Max auf seinem Weg auf einen Kampfwagen trifft, auf welchem Furiosa herrscht, gerät Max mitten in eine Verfolgungsjagd. Der Warlord Immortan Joe (Hugh Keays-Byrne) ist der Gruppe auf den Fersen.
Als George Miller in den späten 1970er Jahren mit Mad Max (1979) sein Filmdebüt feierte, war die Filmwelt noch eine ganz andere. Viele Dinge, die wegweisend waren, mussten nur dem Anspruch genügend, in gewisser Instanz möglichst radikal gewesen zu sein, was nicht automatisch bedeutet, daß jene Werke zwangsläufig wirklich schlecht oder inhaltsleer gewesen wären. Doch es reichte mitunter schon aus, einfach nur Gewalt zu zeigen und die Absurdität dessen in den Vordergrund zu rücken. Mit den Jahren ist das im Besonderen im kommerzialisierten Blockbuster wieder erheblich schwer und wenngleich die Mel Gibson-Mad Max-Trilogie sicherlich bei hartgesottenen Filmfans einen Stein im Brett hat, so darf bezweifelt werden, daß es sich hierbei um waschechte Klassiker im Sinne von Der Pate (1972) oder Star Wars: Episode IV – Eine neue Hoffnung (1977) handelt. Stattdessen sind das wohl allenfalls Kultfilme, die auch nicht unbedingt zur großen Unterhaltung taugen. Nur ist auch klar, daß man in der Retromanie der 2010er Jahre eben auch alles versucht, um alte Lizenzen wiederzubeleben um das Risiko so gering und den Profit zu maximal wie möglich zu halten. Kurz um, Mad Max: Fury Road ist kalkuliertes Kino. Und während man auch hier wieder sagen muss, daß der Film mit den Jahren einen absurden Status bei Filmfans gewonnen hat, so hat er schon seinen Reiz. Miller inszeniert vielleicht einen der leersten Filme der Filmgeschichte, und zwar nicht aufgrund einer fehlenden Handlung, sondern aufgrund eines fehlenden Subtextes.
Trailer zu Mad Max - Fury Road
Die Handlung ist egal, daß ist sie eigentlich schon immer gewesen und das scheint im Falle von Mad Max: Fury Road auch vollends verstanden worden zu sein. Was hier passiert ist, daß Figuren in Autos durch die Wüste fahren und von anderen Figuren verfolgt werden. Wieder einmal zeichnet Miller eine Post-Apokalypse im Mad Max-Universum. Doch entgegen was in den 1980er Jahren allenfalls als peinlich verstanden werden muss, ist dieser neue Film durchaus etwas anders. Denn Miller kommt es zugute, daß die Zeit sich gewandelt hat und man in Hollywood eben nicht mehr auf alberne Sets oder Effekte zurückgreifen muss. Daher wirkt Mad Max: Fury Road im gesamten wie ein Gemälde, voller Farben und einer eigenartigen Wärme. Klar, man könnte das durch den Umstand, daß´es sich hierbei auch um eine Jagd durch die Wüste handelt, erklären. Allerdings ist das zu kurz gedacht. Miller spielt hier mit Farben, berauschenden Farben, absurden Farben und Filtern, die man ansonsten keinem anderen Regisseur verzeihen würde. Klar, zugegeben, manchmal wirkt der Film dadurch auch wie das Experiment von Opa mit neuer Technik. Aber im gesamten fühlt sich der Film durchaus prächtig und warm und absurd an. Und das passt auch im gesamten zur Tonalität vom Film. Denn immerhin spiegelt die Kamera dadurch den Wahn und die Wut und die Lust nach Gewalt der Figuren. Und diese Gewaltspirale ist natürlich ebenso spannend. Mitunter fühlt man sich dabei ganz klar an Falling Down – Ein ganz normaler Tag (1993) oder The Purge: Anarchy (2014) erinnert.
Also kann man sagen, daß Mad Max: Fury Road thematisch vor allem den Irrsinn, besser gesagt das Chaos ablichtet. Da gibt es auch eine klare Überschneidung. Denn während Schumacher Choas als Chaos zeichnete und DeMonaco das geordnete Chaos zentralisierte, vermischt Miller diese Ebenen. Und das macht er durch verschiedenste Perspektiven. Da gibt es einmal Max, der das Chaos nicvht wählt und irgendwie dort hineingeworfen wurde. Und dann gibt Furiosa, die ihr Schicksal selbst in die Hand nimmt und damit eben das Chaos zu gewissen Teilen kontrolliert. Unterdessen liegt die komplette Kontrolle über das Chaos natürlich auch zunächst bei Immortan Joe. Insofern ist das ein deutlicher Unterschied. Unterdessen ist es ebenso spannend, wie sich Mad Max: Fury Road eigentlich als feministischer Film offenbart. Natürlich gab es starke Frauen auch etwa schon in Mad Max – Jenseits der Donnerkuppel (1985). Allerdings war Aunty Entity eher eine zweifelhafte Personalie, die auch dem Zeitgeist entsprach. Hier beginnen Frauen als passiver Part und als Reproduziererinnen. Das sieht man auch eindringlich an manchen Stellen im Film, die Frauen sehr funktionsgetrieben darstellen. Doch daraus folgt eben der Aufstand gegen den Herrscher Immortan Joe. Die Flucht, die natürlich auch den gesamten Film erst einmal in Fahrt bringt, ist eben die Flucht vor der patriarchalen Ordnung. Nun könnte man es als kleinen Wermutstropfen verstehen, daß die Frauen ja trotzdem im Angesicht der übergroßen Bedrohung durch Immortan Joe und dessen Gefolgschaft keinerlei reale Chancen haben. Könnte ist hier allerdings das entscheidende Wort. Denn tatsächlich ist es ja nicht einfach nur eine politische Agenda wie etwa Captain Marvel (2019) eine sein wollte, sondern viel eher die Tatsache, daß Miller hier mehrdimensional aufgestellt ist. Das heißt, es ist zum einen die Flucht vor dem Patriarchat, aber eben auch die Flucht vor einem Diktator. Und das ist eigentlich das Entscheidende.
Entgegen der Vorgänger-Filme kann Miller hier vor allem durch seinen Einfallsreichtum in die Technik brillieren. Es sind schon erstaunliche Bilder und es sind Actionsequenzen, die zwar zu großen Teilen auch stark überbewertet werden, aber dennoch einen gewissen Reiz haben. Man hat auch schon mehrmals Figuren in einen Sturm fahren oder laufen sehen. Da kann man ruhig ehrlich zu sich sein. Doch Miller macht hier etwas ganz entscheidend anderes. Mad Max: Fury Road ist nämlich ein Film, der als eine einzige Actionsequenz gedeutet werden kann. Klar konservativ geprägt, klar auch etwas trashig. Aber Miller hält den Zuschauer bei Laune, weil er sich immer wieder etwas neues Einfallen lässt und selbst eine einfache Flucht durch eine Bergschlucht etwas seltsam inszeniert und dadurch an Spannung gewinnt.
Nein, Mad Max: Fury Road hat nicht das Zeug meisterhaft zu sein. Dafür ist das Werk inhaltlich zu limitiert und genaugenommen auch einfach zu einfach gedacht. Dennoch gefällt der Film durch seinen visuellen Aspekt besonders gut und wenn man mal die ein oder andere ironische Brechung erleben möchte, dann wird man daran große Freude haben können.
