Bewertung: 3 / 5
Nach rund 47 Jahren, ca. 120 Millionen Dollar Eigeninvestion und einigen Eklats im Vorfeld später ist es nun endlich soweit: Francis Ford Coppolas’ Megalopolis läuft ab dem 26. September in den deutschen Kinos. Dabei war es nie klar, ob jener überhaupt einmal das Licht der Welt bzw. des Projektors sehen wird, was diesen Streifen doch eigentlich noch sehenswerter machen sollte, oder? Ob dies stimmt oder ob doch eher die schlechten Kritiken der Fachpresse den Nagel auf den Kopf treffen (ein römisches Sprichwort, wie passend) erfahrt ihr hier.
Kritik: “Megalopolis”
Trailer zu Megalopolis
Die einst so prachtvolle und einflussreiche Metropole “New Rome” sieht sich dem Verfall entgegen: Gier und Korruption plagen die politischen Strukturen, die Schere zwischen den Gesellschaftsschichten gleicht der der Antike und die monumentalen Bauten fallen in sich zusammen. Nur der visionäre Architekt Cäsar Catilina (Adam Driver) glaubt noch an das Bestehen der Stadt und ihrer Ideale in Form der zukunftssichernden Megalopolis. Wäre da nur nicht der sich an die Vergangenheit klammernde Bürgermeister Franklyn Cicero (Giancarlo Esposito), der sich mehr um seine eigene Machterhaltung, als um die großen Fragen von Morgen schert. Als sich Cicero’s Tochter Julia (Nathalie Emmanuel) dann eines Tages aber in Catilina verliebt, sieht sie sich zwischen den Fronten: Familie oder der Weg in eine glorreiche Zukunft…
Megalopolis ist 2 Stunden und 18 Minuten lang, genre-technisch ein Mix aus Sci-Fi, Fantasy und Drama oder wie der Film sich selbst betitelt: eine Fabel. Das Werk ist hierzulande ab 16 Jahren freigegeben, versammelt einen großen namhaften Cast (unter anderem Aubrey Plaza, Jon Voight, Laurence Fishburn oder auch Dustin Hoffman) und ist wie eingangs beschrieben unter Francis Ford Coppola als Director, Writer und auch Produzent entstanden.
Der Film beginnt mit der Einführung des Protagonisten Cäsar Catilina, welcher hoch oben auf einem Wolkenkratzer kurz vor der Schwelle zum Abgrund steht. Mit einem Bein bereits kurz davor hinabzustürzen, spricht er die Worte “Zeit, steh still!”, die in den Straßenschluchten fahrenden Autos sind wie eingefroren, die Wolken bewegen sich nicht mehr, aber das Wichtigste: Catilina kann nicht fallen. Eine interessante Metapher, welche dem Zuschauer während des Films noch öfters begegnen wird. Im Folgenden bekommt man zunächst einen einleitenden Einblick die gesellschaftlichen Gegebenheiten “New Rom’s”, dazu werden nach und nach alle anderen story-tragenden Charaktere eingeführt. Prinzipiell folgt der Film damit einer recht linearen Erzählstruktur, die sich vorwiegend durch das gesamte Werk zieht, abgesehen von einigen Visionen Catilinas und einem Zeitsprung gegen Ende der Geschichte. Die Kamera fängt dabei häufig Totalaufnahmen von der Skyline New Romes oder dem Spektal der modernen Wagenrennen ein, bietet dennoch aber auch intime Nahaufnahmen beim Anbandeln zwischen Catilina und Julia oder Detailaufnahmen von Catilina während seines Deliriums. Die Szenenwechsel, sei es etwa der große Wolkenkratzer Catilinas’ oder heruntergekommene Straßenschluchten, erfolgen meist rasch aufeinander; oft unterteilt mit Zitaten aus der Zeit des römischen Reiches, die die Parallelen zu jener Metropole und auch zur wirklichen Welt hervorheben sollen. Die Farbgebung bzw. der Look des Films zeichnet sich aus durch etwaige Neon-Farb-Kontraste sinnbildlich für die Oberschicht, dunkle Grauabstufungen für die verkommenen Ecken der Stadt und helle, leuchtende Töne für die grelle und hoffnungsvolle Zukunft in Form der “Megalopolis”. Die Kleidung der Oberschicht ähnelt dabei mal mehr mal weniger der im alten Rom; so trägt beispielsweise Shia LaBeouf’s Figur Clodio Pulcher ein schon fast feminin wirkendes Gewand bestehend aus Toga, einer Robe und goldenen Sandalen, das einen recht skurrilen Eindruck hinterlässt. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass man mit jenem “antiken” Kleidungsstil keine durchgängige Linie fährt, was auf den Zuschauer einen eher halbherzigen Eindruck macht. Die Musik zum Film findet meist bei Schlüsselszenen ihren Einsatz und untermalt die Geschehnisse entsprechend.
Megalopolis greift im Zuge des Rom/Amerika-Vergleichs noch einen weiteren Aspekt auf, nämlich die zunehmende Tendenz zur antidemokratischen Neigungen. Zwar wird diese nur in einer Szene richtig gezielt thematisiert, dafür aber idiotensicher, was den Film unbestreitbar aktuell und brisant macht, schaut man nur mal nach Übersee auf die anstehenden Wahl. Richtig unterhalten kann Megalopolis auch - leider werden diese Phasen aber oft durch wirklich schlimme CGI-Patzer kaputtgemacht, da ein Monumentalfilm diesen Ausmaßes wohl locker ein Budget von über 200 Millionen Dollar hätte vertragen können. Was die Bildsprache und Logik im Gesamten betrifft, wäre es eigentlich erforderlich, den Film mindestens 2-3 Mal im Kino zu erleben, da man die vorhandene Tiefe und Fülle der Metaphern und Symbole sonst nicht vollständig mitbekommt, geschweige denn entschlüsseln kann. Die Handlungen der einzelnen Akteure kann man diesbezüglich nicht immer ganz nachvollziehen; so wird beispielsweise der handlungsweisende Hass Clodios auf seinen Vettern Catilina nie wirklich erklärt. Die Darsteller spielen dabei solide, einzig Adam Driver kann hier aus der Masse herausstechen, was aber auch daran liegen dürfte, dass Catilina der Protagonist der Geschichte ist. Die restlichen Leistungen sind dazu leider nur durchschnittlich, vor allem Aubrey Plaza oder Shia LaBeouf agieren zusammen sehr theatralisch, was in der wohl seltsamsten Szene im ganzen Film auffällt. Die Geschicht im Ganzen betrachtet, nimmt nach etwa der Hälfte eine merkwürdige Entwicklung und auch das Ende ist eher utopisch, wenn man sich die Ausgangssituation vor Augen führt.
Alles in allem kann man festhalten, dass Francis Ford Coppola nun nach über 40 Jahren einen Film geliefert hat, der definitiv prekäre Themen in Bezug auf die Gesellschaftsentwicklung aufgreift und mit dem Rom-Vergleich ein passendes Gleichnis geschaffen hat. Der Film strotzt dabei vor verdichteter Bildsprache und ist für Filmliebhaber des Kunstkinos auf jeden Fall sehenswert. Dagegen stehen die an Stellen heftigen CGI-Ausfälle, die etwas zu seltsamen Figuren und die mitunter schwachen Darstellerleistungen, die die Bewertung dann nur auf 3 Sterne fallen lässt, wodurch die anfangs im Titel aufgeworfene Frage wohl mit einem Remi ganz gut beantworten werden könnte.