Bewertung: 4 / 5
Was braucht man eigentlich, um einen Hype im Horror-Genre loszutreten? Man nehme einen Killer, dessen Identität und Aussehen weder in Trailern noch bei PR angefasst wird, einen wieder populär-werdenden Oscar-Gewinner mit dem Hang zu Overacten und eine Prise Okkultismus, um die ganze Kreation zu komplettieren. Doch wird Longlegs dem Mega-Hype und den Lobgesängen wirklich gerecht? Das und weiteres nun in meiner Review.
Kritik: Longlegs
Die FBI-Agentin Lee Harker (Maika Monroe) wird von ihrem Vorgesetzen Carter (Blair Underwood) mit dem Fall einer Mordserie betraut, die aufgrund mysteriöser Briefe an den Tatorten mit Okkultismus in Verbindung gebracht werden kann. Während ihren Ermittlungen stößt sie immer weiter in das Denken des Täter vor und entdeckt zu ihrem Schrecken eine persönliche Verbindung zu dem Fall aus ihrer Kindheit. Es beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, bei welchem Harker nicht nur Longlegs (Nicolas Cage) nächstes Massaker verhindern, sondern sich auch ihrer eigenen Vergangenheit stellen muss...
Longlegs ist eine Mischung aus Slasher und Thriller, garniert mit, wie bereits erwähnt, einem Schuss Okkultem. Der Film erschien in Deutschland am 8. August, ist ab 16 Jahren (R-Rated in den USA) freigegeben und wurde vor allem durch einen großen Hype und durch Mundpropaganda der breiteren Masse bekannt. Für Buch & Regie zeichnet sich OZ Perkins verantwortlich, der bereits die Filme Gretel und Hänsel, sowie Die Tochter des Teufels im Horror-Genre verwirklichte.
Der Film beginnt zunächst recht unscheinbar und zeigt einen verschneiten Wald durch welchen ein Auto auf ein Haus zufährt. Ein kleines Mädchen beobachtet das Geschehen, läuft aus dem Haus und versucht zu erkennen, wer der Fahrer des Autos ist, doch ehe sie sich versieht, hört sie ein seltsames Geräusch hinter der Garage und zudem das Gesicht einer Person, die kurz hervorschaut. Neugierig geht sie der Sache nach, bis auf einmal eine seltsame, ganz in Weiß gekleidete Gestalt mit blassem, blutleeren Hautton und langen gelockten Haaren sie auf ihren Geburtstag anspricht und hier schon auf die titelgebende Eigenschaft verweist. Dabei ist zu erwähnen, dass man nur die untere Gesichthäfte zu sehen bekommt, was kameratechnisch klug und durchdacht eine gewisse Nervosität hervorbringt. Als sich die Person jedoch blitzschnell nach unten duckt und man als Zuschsuer die Rolle des sich erschreckenden Mädchens einnimmt, wird vorerst klar, was man mit Longlegs den Rest der nächsten 1h 41min bekommen wird. So wird der Film dann zunächst in fortlaufenden Kapiteln erzählt, welche jeweils von Rückblenden durchsetzt sind. Jene spielen im Film eine tragende Rolle, da sie wie bei einem Puzzle dem Zuschauer die Ganzheit des Plots nach und nach zusammensetzen. Erkennbar sind die Flashbacks durch beklemmende 35-mm-Aufnahmen, die sich nicht nur vom modernen Breitbandformat abgrenzen, sondern den Horror der gezeigten Szenen noch einmal intensivieren. Überhaupt muss man sagen, dass vor allem Szenenbilder und Setting so einfangen werden, sodass man selbst im Hintergrund noch Momente zum Zusammenzucken geliefert bekommt, da alles sehr lebendig gefilmt wurde.
Vom Setting her befinden wir uns anfangs und gegen Ende oft im FBI-Quartier, doch auch Harkers Haus und das ihrer Mutter, eine Psychatrie und ein Keller/eine Werkstatt sind Schauplätze, gerade Letzterer wird erst am Schluss richtig offenbart, um den Twist und die persönliche Verbindung zu Harker zu unterstreichen. Vom Look ist der Film eher dunkel gehalten; kalte Verhörräume haben diverse Grautöne, bunte Farbspektren wäre hier aber fehl am Platz. Diese Farbauswahl symbolisiert dabei nicht zuletzt das Geheime und das Mysterium um die titelgebende Figur, die so in den Trailer und in der Marketing-Kampagne gar nicht oder nur sehr spärlich zu sehen war. Splatter- bzw. Gore-Effekte sehen dazu handgemacht aus, was einen als Horror-Fan erfreut.
Longlegs ist ohne Frage ein in Teilen spannender Streifen, gerade gegen Ende bekommt man den Eindruck, das Film nach der fantastischen Opening Scene dort noch einmal richtig Fahrt aufnimmt. Zudem versteht es OZ Perkins, mit dem Mysterium um Longlegs zu spielen und mit der Figur auch recht frei und konsequent umzugehen, was im Film zunächst unlogisch wirkt (man wird es merken, wenn man die Szene sieht), bevor der Twist enthüllt wird. Die Darsteller, allen voran Nicolas Cage, zeigen eine glänzende Darbietung auch das Make-Up-Departement leistet starke Arbeit. Nun könnte man meinen, dass der Film ein Volltreffer ist, jedoch fiel die Wahl hier auf 4 Sterne, da der Film dem Hype leider nicht ganz gerecht wird. Dies liegt nicht etwa an den Figuren, sondern viel mehr an dem 2. Akt, der sich etwas zieht und auch nicht allzu viel schocken und fesseln kann. Zudem erfährt man als Zuschauer nicht wirklich, was genau Longlegs Hang zum Okkultismus auslöste, welcher schließlich die Morde zur Folge hatte.
Rundum ist Longlegs definitiv ein sehenswerter Horrorstreifen, der es schafft, neue Ideen in die Thematik zu integrieren, das Spannungslevel des Openings und des Endes aber leider nicht konstant aufrecht erhalten kann und somit ein wenig abrutscht. Dennoch kann Stand jetzt sagen, dass der Film sich auf jeden Fall mit ganz oben in der Rangliste der besten Horrorfilme 2024 einreihen dürfte.