Bewertung: 3.5 / 5
Selten spielen Filme so direkt mit Vorurteilen und Erwartungen wie die Monsieur Claude-Reihe. Wo es 2014 noch um die Multikulti-Pärchenbildung ging, hängt nun in Monsieur Claude - Immer für eine Überraschung gut der Haussegen wegen Selbstverwirklichung und einer lesbischen Hochzeit schief. Klischeehaft, politisch unkorrekt und gerade deswegen so ein spitzfindiger Zuschauermagnet.
Monsieur Claude - Immer für eine Überraschung gut Kritik
Kaum ist der Trubel um die Partner ihrer vier Töchter verklungen, machen sich Claude Verneuil (Christian Clavier) und seine Frau Marie (Chantal Lauby) auf, die Heimat ihrer Schwiegersöhne zu erkunden: Nach den Stopps in China, Israel & Co. gibt es eine Menge zu erzählen und prompt tappt Claude von einem Fettnäpfchen ins andere. Nicht allein seine lakonischen Spitzen, auch der "desolate Zustand" ihrer Heimat festigen den Entschluss von David (Ary Abittan), Medi (Rachid Benassem), Frédéric (Chao Ling) und Noom (Charles Koffi), sich weitab von Frankreich eine neue Existenz aufzubauen. Mit dem Rückhalt ihrer Gattinnen gesegnet, steht dem Aufbruch eigentlich nichts mehr im Wege - doch da haben sie die Rechnung ohne Claude und Marie gemacht...
Trailer zu Monsieur Claude - Immer für eine Überraschung gut
Monsieur Claude - Immer für eine Überraschung gut läuft zum Zeitpunkt unserer Kritik in der fünften Woche - und die Kinos sind weiterhin gerappelt voll. Schon Monsieur Claude und seine Töchter zog vor knapp fünf Jahren Heerscharen in seinen Bann, der zu den erfolgreichsten französischen Filmen in Frankreich zählt, vereinte aber nach seiner Veröffentlichung auch viel Kritik um sich. Im Original schon mit einem süffisanten Titel ausgestattet - "Qu´est-ce qu´on a fait au bon Dieu?" ("Was haben wir bloß verbrochen?"), wälzt er klassische Vorurteile und gipfelt in Sprüchen wie "Sind wir nicht alle ein bisschen rassistisch?". Die Diskussion um ein Rassismusproblem ist bei so einem Drehbuch ein dankbares Thema, aber so wie der Film weder sich, seine Protagonisten, noch speziell die beiden "Urfranzosen" Claude und Marie ernstnimmt, wird vielmehr auch allen Zuschauern der Spiegel vorgehalten.
Auch Monsieur Claude - Immer für eine Überraschung gut setzt auf Klischees, ist selbst ein pures Klischee, aber das mitunter so plakativ und ungeschönt präsentiert, jede politische Korrektheit wegwischend, dass man ob der Übertreibung einfach mitlacht. Ja, mitlacht: In jeder Ecke giggelte es, das Publikum fühlte sich sehr unterhalten und zwei schwarze Zuschauerinnen waren so amüsiert, dass sie zwischendurch Szenen ihren Freunden schickten... So problematisch und komplex das Thema üblicherweise ist, darf eben auch ein leicht verdaulicher Ansatz gewählt werden, denn rassistische oder sexistische Positionen werden mit Humor immer noch am besten ausgehebelt.
Im Zuge der Gilets Jaunes, der Gelbwesten-Bewegung, die Frankreich immer noch beschäftigt, ist das große Thema im Film - die Abkehr vom Land aufgrund sozialer Spannungen - hingegen viel auffallender. Wenn sich mit jungen, gesegneten Familienvätern, die teils Topjobs haben, in ihren teuren Pariser High-Class-Appartements Dialoge um den schlimmen Zustand der Republik und auch ihre dramatische persönliche Situation entspinnt, mutet das gerade vor dem Hintergrund wahrer Probleme wie Hohn an. Aber genau diese Überzeichnung zwecks purer Unterhaltung ist markant für Monsieur Claude - Immer für eine Überraschung gut, der kunterbunt aktuelle Themen vermischt, um vor allen Dingen leicht verdaulich zu sein.
Monsieur Claude - Immer für eine Überraschung gut ist pure Dekadenz der gehobenen Mittelschicht, doch Humor ist, wenn man trotzdem lacht, besonders wenn man erkennt, dass "die da" eigentlich auch einen selbst meinen. Das mag nicht jedem Zuschauer gelingen, ebenso wenig wie die oberflächliche Komik der Reihe allen zusagen dürfte. Für uns zählt, dass über menschliche Schwächen und Vorurteile gelacht werden darf - besonders wenn es so ein kurzweiliges Miteinanderlachen ist.