Bewertung: 4.5 / 5
Wenn du in den 1970ern geboren bist und irgendwie halbwegs normal erzogen wurdest, führt eigentlich kein Weg an Astrid Lindgren vorbei. Dabei ist es eigentlich egal, wer dein Favorit ist, die Brüder Löwenherz (wird hier vermutlich kaum einer kennen), Michel (die meisten werden den kennen) oder Pippi Langstrumpf (ich wage zu behaupten, dass alle die kennen). Ronja Räubertochter wurde erst in den 1980ern populär.
Sowohl Michel als auch Pippi zeichnet eine Liebe zum Detail sowie eine Unbedarfttheit aus, welche diese Werke vor allem für kleine Kinder zu einem absoluten Vergnügen machen, dabei aber auch die elementaren Aspekte des Kindseins immer wieder mit der Erwachsenenwelt in Kollision bringen und möglichst kindlich und -gerecht dann auflösen. So wird den Kindern schon im frühen Alter gerade durch die Figur der Pippi eine junge Rebellin aufgezeigt, die einfach tun und machen kann, was sie will und dadurch sich nicht den elterlichen Regeln beugen muss. Und bei Michel haben wir es mit einem Jungen zu tun, der sogar deutlich subversiver ist, da er die familiären Strukturen im Grunde genommen unterwandert. Das sind kleine Freiheiten, die sich diese Figuren immer wieder erkämpfen, immer mit einem schelmischen Lächeln.
Ja, das ist Astrid Lindgren in Topform und ja, das sind die schwedischen Verfilmungen jener Zeit, die einfach zeitlos sind und auch alle späteren Verfilmungen zu diesen Büchern locker in die Tasche stecken. Sie sind liebevoll umgesetzt, nicht mit künstlicher und gestelzter Komik garniert, sondern einfach gut und lustig.
Und sie haben auch den Mut, mal nebenher und melancholisch zu werden. Wenn beispielsweise Weihnachten gefeiert wird und alle bei ihren Familien sind, dann wird es für einen Moment (aber nicht wirklich lange) auch mal traurig, weil Pippi eben keine Familie da hat.
Und dann ist da natürlich auch immer die Frage nach der Wahrnehmung: Was man als Kind gut und toll fand, muss ja als Erwachsener nicht auch noch so sein? Gerade diese neunmalkluge Pippi, die einfach beratungsresistent und dummdreist vor sich hin blubbert und eigentlich ihr Nichtwissen in die Umwelt zirkuliert, ist als Identifikationsfigur aus elterlicher Sicht für die Kinder eigentlich extrem ungeeignet. Aber dafür hat man es ja selbst in der Hand, mit den Kindern darüber zu reden...
Alles in allem sind das allesamt Super-Klassiker der Zeit von damals, hier eine abschliessende und kurze sehr subjektive Bewertung der einzelnen Filme. Im Übrigen sind für mich nur die Filme mit Inger Nilsson die echten Pippi Filme:
Pippi Langstrumpf: Supereinführung des Charakters und fast die stärkste Verfilmung des Charakters, inkl. auch der nachdenklicheren Momente. 10 Punkte
Pippi geht von Bord: Im Grunde genommen ein guter Neu-Aufguss. 7 Punkte
(Wobei Teil 1 und 2 ja irgendwie Zusammenschnitte der Serie sind, aber funktionieren als Film für mich sogar deutlich besser, da kaum Längen vorhanden)
Pippi im Taka-Tuka-Land: Mal kein episodenhafter Film sondern eine zusammenhängende Abenteuer-Geschichte. Als Kind habe ich diesen Film geliebt. 8 Punkte
Pipi außer Rand und Band: Hier ist die Luft deutlich raus und es wird eigentlich nie der Charme der ersten drei Filme erreicht. 5 Punkte.
Der Komplettheit halber nun noch die Michel-Filme:
In aller Kürze haben wir es hier mit drei Filmen zu tun, die wahrscheinlicherweise auch ein Zusammenschnitt der Serie sein könnten (da ich hier alles aus der Erinnerung heraus schreibe, natürlich kein Gewähr für überhaupt was), aber hier haben wir durchweg ein sehr hohes Level. Und aus Elternsicht dürfte diese Reihe sogar die pädagogisch wertvollere sein, da auch das Erwachsenenumfeld deutlich verständnisvoller interpretiert wird. 8-9 Punkte
Ach ja, und letztlich noch die Brüder Löwenherz? Nee, das ist ein eigenes Review wert, mal sehen, ob sich da vielleicht mal jemand anderes für erbarmt? (Denn auf einen ellenlangen Quervergleich mit LOST, der Zauberer von OZ, Das Siebente Siegel und was einem da noch zu tiefschürfenden Afterlife Klassikern einfällt habe ich derzeit mal so gar keine Lust)