Bewertung: 4 / 5
They see me rollin, they hatin
Patrollin and tryna catch me ridin dirty
Wer hier einen Trashfilm über einen Killerreifen (namens Robert) mit telekinetischen Kräften erwartet, wird freilich enttäuscht werden, stattdessen bietet "Rubber" filmtheoretische und philosophische Denkansätze.
Die Beleuchtung des Fillmschaffenden und des Zuschauers als Voyeure, die beim Erschaffen und Schauen eines Films ihre Triebe, Ängste und Wünsche ausleben, ist sicherlich nicht neu, wird aber selten so skuril und schwarzhumorig umgesetzt wie in "Rubber". Darüberhinaus belässt es Quentin Dupieux nicht bei dieser Beleuchtung, sondern stellt weitere Fragen.
Am besten lässt sich "Rubber" meiner Einschätzung nach mit Cornelia Funkes Fantasyroman "Tintenherz" vergleichen, ein passenderes Filmbeispiel ist mir zumindest nicht bekannt. Besitzen Filme und die in ihnen wohnenden Lebewesen ein Eigenleben oder werden sie erst durch die Denkfähigkeit und die Fantasie des Zuschauer zum Leben erweckt? Leben Filme, ihre Geschichten und Charaktere auch dann weiter, wenn sie keiner mehr sieht, wenn man das Kino verlässt oder den TV-Bildschirm ausschaltet? Was würden Filme und Filmcharaktere denken, wenn sie wüssten, dass sie fiktiv sind? Wie würden sie handeln, wenn sie mit dem Zuschauer in verbalen und körperlichen Kontakt treten könnten? Wie würden diejenigen Filmcharaktere reagieren, die NICHT wissen, dass sie fiktiv sind, aber mit ihrer eigenen Fiktivität konfrontiert werden?
Eines von Quentin Dupieuxs Leitmotiven ist das sogenannte "no reason", die "reine Willkür", welches Sachverhalte und Ereignisse beschreibt, die im realen Leben und in fiktiven Werken ohne Hintergedanken oder Bedeutung einfach existieren und geschehen. Dahingehend kann man sich als Mensch und Rezipient auf der Suche nach einem Sinn im Leben und in fiktiven Werken schon ertappt fühlen. Im Bezug auf Filme: Muss alles eine tiefergehende Bedeutung haben oder darf es auch reine Willkür sein? Benötigt ein Film beispielsweise Metaebenen und einen roten Faden oder darf er auch einfach nur ein normaler Film sein, der auf simpelste Art unterhalten möchte? Noch weiter gedacht: Existiert überhaupt eine tiefergehende Bedeutung im Film oder entstammt diese nur der Gedankenwelt des Zuschauers, welcher eine Bedeutung in den Film hineininterpretiert?
Das alles sind Fragen, mit denen sich Quentin Dupieux beschäftigt und sie mal mehr, mal weniger detailliert beantwortet. Als Film an sich beziehungsweise kurz nach dem Abspann empfand ich "Rubber" nur als okay, aber je länger ich über ihn nachdenke, desto besser gefällt er mir. Ursprünglich 6,5/10, erhöht auf 8/10 Punkten.