
Bewertung: 3.5 / 5
Split ist einer der Filme, wo der Schnitt der Trailer teils einen ganz anderen Film suggerieren - und dann doch wieder nicht. Nach dem überraschenden The Visit sind die Erwartungen an das einstige Wunderkind M. Night Shyamalan nicht minder hoch und gerade was die Performance von James McAvoy betrifft, kommt der Kinozuschauer voll auf seine Kosten. Man ist gefesselt von dessen "Gesichtern", in nackter Erwartung, wer beziehungsweise was da wohl als nächstes kommt, doch schlussendlich bleibt es bei einem soliden Thriller mit guten Ideen, der aber nicht über sich hinauswächst.
Split Kritik
Der Tag begann so wohlig und kippt dann für die drei mehr oder minder Freundinnen Casey (Anya Taylor-Joy), Claire (Haley Lu Richardson) und Marcia (Jessica Sula) ins Unfassbare: Ein Mann (James McAvoy) kidnappt die Teenager und sperrt sie in ein verkleidetes Zimmer, das jede Flucht ausweglos macht. Der Versuch, einen kühlen Kopf zu bewahren, gerät zur unfassbaren Bewährungsprobe, als die Mädchen erkennen müssen, dass sie es mit jemandem zu tun haben, der eine gespaltene Persönlichkeit besitzt. 23 verschiedene Persönlichkeiten lauern unter der Oberfläche und die eine ist netter als die andere - doch alle sind zumindest netter als das Biest, das die Vormachtstellung im Körper des Mannes für sich beansprucht und dessen Kommen kurz bevorsteht...
Trailer zu Split
Split gehört für einige in diesem Filmjahr auf die Liste der meisterwarteten Filme und es sei verraten, dass es deutlich schlechtere Kandidaten geben wird, die dem Thriller diese Ehre nicht streitig machen können. M. Night Shyamalan bleibt ein Fan verschrobener-verwobener Filmstoffe und die Freude, diese auf die Leinwand zu bannen, ist jedem seiner Filme anzumerken. Ob Kornkreise, hinterfotzige Pflanzen oder schrullige Hinterwäldler - kaum ein Thema, das den Regisseur in seinen Möglichkeiten nicht reizt und so ist es fast schade, wenn man als Zuschauer jedes Mal auf den obligatorischen Twist lauert, den Shyamalan selbst zum Guten wie zum Bösen mehrfach in seinen Filmen etabliert hat.
Was Split zum einen so grandios macht, ist die Bandbreite des darstellerischen Spiels von James McAvoy. Der aktuelle Professor X zeigt hier eine Intensität und Vielfalt in seinem Schauspiel, die den Zuschauer zugleich fesseln als auch zum Schmunzeln anregen, was aber eher seinem Können als bloßem Verlachen zuzuschreiben ist. Man lauert auf die Persönlichkeitswechsel, erwartet Ausbrüche, Überraschungen, sogar Hilfe, und bleibt dem Film damit bis zum Ende als aufmerksamer Zuseher erhalten. An McAvoys Seite nehmen die 20-jährige Anya Taylor-Joy, bekannt aus The Witch und Das Morgan Projekt, sowie Betty Buckley (The Happening) als Psychologin den größten Raum ein und gerade was das Casting im Allgemeinen angeht, überzeugt Split.
Andererseits bleibt der Film für unseren Geschmack hinter seinen Möglichkeiten zurück. Multiple Persönlichkeitsstörungen, landläufig fälschlicherweise als Schizophrenie bezeichnet, sind für Laien in ihrer komplizierten Greifbarkeit ein dankbares Thema für Buch und Film und die unfassbaren Wechsel zwischen McAvoys Charakteren tragen wie bereits erwähnt viel zur Spannung des Films bei. Viel trägt dazu auch Buckley in ihrer Rolle bei, die als Psychologin ein natürliches Interesse daran hat, diese "Störungen" zu verstehen und spannende Fakten preisgibt. Der Antagonist wird dabei im Film als übermenschlich aufgebaut und das kippt ihn in eine Richtung, die die Geister scheiden dürfte. Es mag auch sein, dass sich Autor Shyamalan an dem einen oder anderen Roman zum Thema bedient hat und persönlich waren uns Grundzüge aus S.P. Somtows "Wolfsruf" etwas zu ähnlich, so dass das Gesehene dann etwas erwartbar wurde. Jemand, der keine Parallelen findet, wird beim Schauen ganz andere Empfindungen haben, doch bei allen möglichen Enden packt uns die gewählte Version nicht ganz nach knapp zwei Stunden Laufzeit.
Doch abseits dieser Anmerkungen ist es dem Regisseur gelungen, einen intensiven Film zu drehen, der als Kammerspiel mit wenigen Akteuren wie schon 10 Cloverfield Lane überrascht und am Ende für weitere Überraschungen sorgt. Er ist geradliniger, fast simpler als sonstige Shyamalan-Filme und regt doch zum Nachdenken an und so ziehen die Diskussionen über Bedeutung, Sinn und Unsinn im Internet schon wilde Spekulationen nach sich unter all jenen, die ihn schon sahen.
