Bewertung: 3 / 5
Zu definieren was genau bei Star Trek Into Darkness nicht stimmt, ist dabei kompliziert. Es ist die Summe der vielen einzelnen Elemente, die einem als Trek-Fan nur sauer aufstoßen können. Da sind die Weiten des Alls, die den Kern früherer Teile ausmachten, das unentdeckte Land, was es zu erforschen galt. Doch während die Enterprise kurze Abstecher machen darf, bleibt die Handlung wie auch beim Vorgänger weitestgehend im erdnahen Raum behaftet. Da sind die Klingonen, die endlich auch in Erscheinung treten dürfen, jenes stolze Kriegervolk, mit dem Kirk einst blanker Hass verband. Sich über das wirklich furchtbare neue Design zu beschweren, ist zwecklos, bereits 2009 sollten sie kurz auftreten, wurden dann aber aus dem Film geschnitten. Nun werden die hässlichsten Klingonen des Universums auf nichtsahnende Zuschauer losgelassen. 2013 verkommen sie zu Randfiguren, die zu dumm für einen richtigen Kampf sind. Einen Bird of Prey, der sich majestätisch enttarnt, sucht man ebenfalls vergebens.
Für so etwas hat Abrams keine Zeit und so wundert es auch nicht, dass selbst die USS Enterprise - der Stolz der Sternenflotte! - optisch nicht viel hermacht, ihr kaum Zeit gewidmet wird, sie erschreckend winzig wirkt. Die Enterprise war früher nicht nur ein Rauschiff, sie war Teil der Crew. Aber dieses Crewmitglied hat nichts auf einer Planetenoberfläche zu suchen, was Abrams aber nicht hindert. Das Schlachtschiff von früher ist wie schon im Vorgänger nur dazu da, wie eine Tontaube beschossen zu werden, harmlos, wehrlos, langweilig, Raumschlachten zum Abgewöhnen. Auch werden immer wieder klassische Star Trek-Begriffe wie die Neutrale Zone oder Oberste Direktive ins Spiel gebracht, wie so vieles bleiben dies aber Randbemerkungen, die wahre Bedeutung dieser wichtigen Begriffe ist den Machern völlig egal. Wenn es gut klingt, wird es verwendet.
Trailer zu Star Trek Into Darkness
Doch über all das könnte man mit einer Träne im Auge hinwegsehen, Zeiten ändern sich, die Wahrnehmung ändert sich und solange die Chemie in der Crew stimmt, ist vieles im Lot. Und tatsächlich, das Zusammenspiel der Schauspieler rettet vieles, auch wenn der Fokus sehr stark auf Kirk und Spock gerichtet ist, Pille (Karl Urban) nur selten zu Wort kommt und Uhura (Zoe Saldana), Scotty (Simon Pegg) und Chekov (Anton Yelchin) zu Nebenfiguren verkommen. Die geringste Aufmerksamkeit bekommt trotz kurzzeitigem Kommando Sulu (John Cho). Nein, es ist nicht alles perfekt, aber im Gesamtpaket stimmt die Mischung. Besonders die Witze und Spitzen untereinander zünden. Woran der Film letztlich zerbricht, sind nicht die Helden, sondern die Schurken und was Abrams daraus macht.
Verwurstet ist dabei das passende Wort. Düsterer sollte der neue Film werden, der Gegenspieler sollte im Gegensatz zu Nero im letzten Film Kontur besitzen. Heraus kam John Harrison, der in der Originalfassung schon allein durch die Stimme von Benedict Cumberbatch weitestgehend überzeugt. Im Vorfeld wurde viel gemutmaßt, dass Harrison nur ein Pseudonym sei, ob dies aber stimmt, wollen wir hier nicht verraten. Nur so viel, die Auflösung ist einer der Tiefpunkte des Films. Kreativ und gleichzeitig ein Schlag ins Gesicht all jener, die den Film längere Zeit im Vorfeld verfolgt haben. Zwar ist das, was sich Abrams und sein Team ausdachten, durchaus denkbar, da Star Trek Into Darkness aber nur knapp ein Jahr nach Star Trek spielt, ist die Unlogik um die Verstrickungen von John Harrison einfach nicht wegzudiskutieren. Das gesamte Konstrukt hält selbst in der neuen Zeitlinie einer sogar oberflächlichen Analyse nicht stand. Ideen für Story und Charakterentwicklungen sind durchaus gegeben, dennoch kommt man mit kritischem Blick nicht umhin, den durchweg hoch gelobten Autor Damon Lindelof von seinem Thron stoßen zu müssen.
Es macht von vorn bis hinten keinen Sinn. Harrisons Motivation, sein Auftauchen, seine Involvierung mit der Sternenflotte, nichts was auch nur im Ansatz plausibel wäre. Schlimmer noch, Abrams versucht mit Wendungen und Täuschungen die Geschichte eines der besten Science-Fiction-Filme aller Zeiten über den Haufen zu werfen und verliert sich dabei in einem Wahn, in dem Storyänderungen nicht der Logik wegen vorkommen. Den wirklich absoluten Tiefpunkt erreicht der Film aber dann, als eine der markantesten und wohl emotionalsten Szenen in der Star Trek-Geschichte neu interpretiert wird. Beinahe möchte man dann vor so viel Mut applaudieren, Kobayashi Maru lässt grüßen, bevor Abrams im Tribbles-Wahn den Deus Ex Machina hervorzaubert und jegliche Opfer mit Füßen tritt. Was bleibt, ist ein Ende, welches erschreckend antiklimatisch ist und den Blick Richtung Zukunft lenkt, denn erst jetzt, am Ende von Star Trek Into Darkness bricht die Enterprise zu jener fünf Jahre dauernden Forschungsreise auf, die sie vor Jahrzehnten berühmt machte. Doch da ist es längst zu spät.
Wir wissen, dass wir mit unserer Einschätzung viele Gegenstimmen einfangen werden, aber als Star Trek-Fan der alten Teile können wir - wie schon bei Stirb Langsam 5 - Ein guter Tag zum Sterben und so einem großen Tamtam im Vorfeld - nur ein Urteil bilden: Bitte lass in Zukunft die Finger von der Reihe, Abrams! Er ist der Historie verpflichtet, doch man merkt dem Film an vielen Stellen an, dass er keine Liebe für dieses Universum mitbringt. Abrams ändert, weil er es kann, nicht weil es Sinn macht und dies ist und bleibt unverzeihlich - egal ob man mit der Reboot-Idee leben kann oder aber nicht.