Bewertung: 3.5 / 5
Kalt, kälter, "The Lodge"!
Nach der Zweitsichtigung kürzlich(erste war letztes Jahr auf dem Fantasy Filmfest), möchte ich nun doch ein Review loswerden, auch weil der neue Film von Regieduo Severin Fiala & Veronika Franz ("Ich seh ich seh") nicht so mittelmäßig ist wie auf manchen Filmseiten von den Kommentaren vermuten ließe. Was "Wounds" 2019 war, so ist "The Lodge" vielleicht 2020 der unterschätzteste Horrorfilm des Jahres!
Vielleicht liegt es auch an der Erwartung, so dass man dann auf den falschen Fuß erwischt werden könnte.
Weil ein zweites "Hereditary" ist der Film, trotz Anleihen was das Puppenhaus angeht, definitiv nicht. Im Kern ist es zwar auch ein tragisches Familiendrama, aber sonst bleibt "The Lodge" sehr unterkühlt, seeeeehr ruhig und trotz mancher, sehr naher Aufnahmen von Gesichtern gefühlt sehr auf Distanz zu den Figuren.
Das macht den Einstieg inklusive eines schockierenden Moments bzw. die erste Hälfte des Films nicht gerade einfach, verweigern Fiala&Franz nicht nur (glückerlicherweise) komplett den Einsatz von Humor, auch ein richtig roter Faden lässt sich kaum ausmachen, weshalb er aber auch lange schwer durchschaubar ist.
Trailer zu The Lodge
Es ist an manchen Stellen ein schmaler Grad zwischen langatmig und unterschwellig eindringlich von der Stimmung, wo wir neben dem beunruhigenden Sounddesign bei einer der größten Stärken sind: Die Atmosphäre! Weil die ist wirklich ungemütlich und lässt einen frösteln, nicht nur wegen des schneereichen Setting (gedreht wurde in Kanada). Dass man mit Lanthimos Stammkameramann Thimios Bakatakis auch noch ein Profi hat, der sein Handwerk versteht, kommt "The Lodge" in jeder Einstellung nur positiv zu Gute!
Der andere positive Aspekt sind die Darsteller: Die Jungschauspieler Jaeden Martell und Lia McHugh überzeugen weitgehend, v.a. aber Riley Keough ("Logan Lucky") zeigt mit ihrem intensiven Schauspiel eine ganz starke Performance! Wenn ihre Vergangenheit nach und nach sie einholt, so kriecht aus dem eisigen Boden nicht nur die Kälte, sondern neben der Isolierung auch die Verzweiflung sowie die Angst raus und dringt sich in Knochen und Kopf fest. Spannung und Intensität nehmen in der zweiten Filmhälfte unerbittlich zu bis zu einem Finale, dass zwar ernüchternd unspektakulär auskommt, aber gerade deswegen in seiner Nüchternheit so konsequent fies ist!
Fazit: "The Lodge" ist mit Sicherheit kein neuer Stern am Horrorhimmel. Dafür ist die Story einfach zu dünn, teils konstruiert und wirklich was neues wird nicht geboten. Dies wird aber mit einer bärenstarke Atmosphäre und handwerklich, sauberen Inszenierung kompensiert. Unkonventioneller wie kompromissloser Slowburner!
Verdiente 7 Punkte plus einen halben obendrauf für das creepy Bild!