
Bewertung: 4 / 5
Wer keine Geduld hat und die Vorlagen nicht kennt, wird mit The Witcher, der Netflix-Serienadaption des titelgebenden Hexer-Buch- und Spieleuniversums, in der ersten Hälfte von Staffel 1 ins volle und wirre Fantasychaos gestürzt. Doch wer durchhält bis zum Schluss wird mit magischer grob ausreichender Kontrolle im Chaos belohnt und einem fulminanten Showdown! Folge für Folge, Level für Level, lichtet sich das Chaos ab der zweiten Hälfte und serviert einem eine tolle Fantasyserie mit Henry Cavill als coolstem Hexer der TV-Landschaft!
Hier kurz zusammengefasst auch unser Eindruck zu The Witcher Staffel 2, samt Verlinkung zur detaillierteren Review der ersten fünf Folgen der neuen Season, darunter findet ihr unsere frühere Review zu Staffel 1:
Trailer zu The Witcher
The Witcher Review Staffel 2
Staffel 2 von The Witcher ist seit dem 17. Dezember 2021 online und hat von Beginn an mehr Flow zu bieten, auch wenn man manchmal immer noch überlegen muss, wer jetzt nochmal wo zu wem gehört. Die neue Runde macht Vieles bezüglich Storytelling besser und legt auch sonst ordentlich Schippen drauf!
Vor allem Ciri (Freya Allan), die in Staffel 1 noch blass wirkte, entfaltet ihre volle Power, sie ist der Dreh- und Angelpunkt der neuen Season. Yennefer (Anya Chalotra) und weitere bekannte Gesichter um den wieder herrlich grummeligen Geralt herum, wie auch die Neuzugänge, erhalten dennoch genug Raum und spannende Entwicklungen, Geralt selbst muss sich mit seiner neuen Mentor-Rolle herumschlagen. Figuren und Plots aus dem Animationsfilm The Witcher - Nightmare of the Wolf werden ebenfalls aufgegriffen. Coole Kampf-Action und Drama finden eine gute Balance, der Showdown schließlich ist wahrlich fett. Ein spannender Twist wie auch weitere Anteaser für Staffel 3 folgen dann noch hinterher, den Abspann schauen empfiehlt sich ebenfalls!
Deutlich die bessere Staffel mit insgesamt mehr und vertiefterem Worldbuilding, neben den Monstern bekommen nun auch die Elfen ein größeres Spotlight. So manches Comeback könnte gespalten aufgenommen werden, doch da von der Vergangenheit eingeholt zu werden ein prägendes Thema der Serie ist, passte es für uns. Die Review zu den ersten fünf Folgen mit mehr Details ist hier zu finden, insgesamt umfasst Staffel 2 acht Folgen.
The Witcher Review zu Staffel 1
Geralt von Riva (Cavill) ist ein Hexer, der auch als der weiße Wolf bekannt ist. Wie alle Hexer verdient er sich seinen Lebensunterhalt damit, dass er zwischen den Königreichen umherzieht und Monster für Geld tötet. Das Schicksal führt ihn allerdings zu Yennefer (Anya Cholatra), einer mächtigen Zauberin, und Ciri (Freya Allan), einer jungen Prinzessin mit einem finsteren Geheimnis. Unfreiwillig zusammengeschweißt, müssen die drei die Gefahren, die auf dem Continent lauern, gemeinsam meistern. Dabei wird er immer wieder in den tobenden Krieg zwischen Nilfgaard und den Königreichen des Nordens hineingezogen.
Ja, wer die Vorlagen vor allem bezüglich der Bücher und Kurzgeschichten nicht kennt, bekommt in den ersten vier bis fünf Folgen von The Witcher zwar bereits in jeder Sekunde einen wunderbaren Geralt dank einer tollen Performance von Henry Cavill mit richtig cooler und toll inszenierter Action, jedoch in einem so vielfältigen, chaotischen Fantasyland, das einem schnell der Kopf schwirrt. Genau dieses magische Chaos drückt sich gefühlt nicht nur im wirren roten Faden aus, sondern auch stilistisch, doch wie heißt es so schön in der Serie: Es ist Magie, es ist nicht real.
Zu Beginn ist The Witcher daher eher eine "Monster der Woche"-Serie, die vor allem Geralt und den vielfältigen Wechsel zwischen bunter Fantasy, undurchsichtiger Fantasymagie im Kampf um Kontrolle und gruseligem Fantasyhorror präsentiert. Neben Geralt bekommt hier vor allem Anya Chalotra als tolle Yennefer mit ihrer Hintergrundgeschichte viel Spielraum, während Freya Allan als Ciri in der ersten Hälfte noch blass bleibt, da sie eben sehr wenig Spielraum bekommt.
Hält man jedoch das magische Chaos der ersten Hälfte von The Witcher aus samt auch mal gigantischer und daher verwirrender Zeitsprünge und lernt den Continent und seine Reiche und Charaktere erst einmal wie mitten hineingeboren und damit ahnungslos hineingeworfen kennen bis zum Schluss, wird man mit einer zweiten Hälfte belohnt, die sich vor niemandem - auch nicht vor Game of Thrones - zu verstecken braucht, und in die auch Netflix offenbar das meiste Budget gebuttert hat.
Ja, die Serie hat einen völlig anderen Ansatz, man kann sich nun fragen, ob es mutig oder gewagt leichtsinnig ist, die heutzutage schnell ungeduldigen Zuschauer mit The Witcher zuerst mit dem magischen Chaos zu konfrontieren und zu hoffen, dass die eingestreuten Puzzleteile genug roten Faden bieten, um durchzuhalten, oder einfach auf die Kenner der Vorlage zu setzen, die von Beginn an mit mehr Infos weniger Probleme mit dem Chaos haben werden.
Letztlich macht das vorangestellte magische Chaos in The Witcher aber doppelt Sinn: Zum einen dreht sich die Handlung die gesamte Zeit um den Kampf um Kontrolle im magischen Chaos, wie auch dem Wert der ständig als nicht real benannten Magie, dem Chaos, dem Leben, der Energie in sich und um sich herum, das man mit Regeln zu beherrschen sucht, und das unkontrolliert einen selbst wie auch alles um einen herum verschlingen kann. Zum anderen macht es Sinn, zuerst Geralt und Yennefer aufzubauen und erst in der zweiten Hälfte von Staffel 1 aufeinandertreffen zu lassen, sowie Ciri als Cliffhanger für Staffel 2 zu benutzen: als mysteriöse Figur, hinter der mysteriöse Charaktere her sind aus mysteriösen Gründen, die aber genug angeteast werden, um den geduldigen Zuschauer bei der Stange zu halten.
Liebe ungeduldige Zuschauer, haltet wie wir durch bis zum Schluss von The Witcher, dann erhaltet ihr eine geballte magische Ladung Fantasychaos, das auch Netflix nicht gleich in einer Season zu verschwenden gedenkt. In der zweiten Hälfte schließen sich Kreise und auch der Stil verschmilzt zu einem sinnvollen Ganzen, das jedoch genug Fragen und Geheimnisse für eine zweite Staffel offen lässt, die bekanntlich schon bestellt ist. Hoffentlich lässt uns Netflix nicht allzu lange darauf warten!
Chapeau für den Mut, mit The Witcher tatsächlich mal etwas zu riskieren, das auch nach hinten losgehen kann für die Nicht-Vorlagenkenner, welche das Chaos vielleicht nicht lange genug aushalten.
