
Bewertung: 3.5 / 5
Der britische Filmregisseur Alex Garland überzeugte 2015 mit seinem minimalistischen Ex Machina. Seine späteren Regiearbeiten Auslöschung sowie Men - Was dich sucht, wird dich finden wurden gemischt aufgenommen, während er mit Civil War überwiegend punkten konnte. Wie wird es mit Warfare aussehen?
Warfare Kritik
Wie bei Civil War befinden wir uns erneut in einem Kriegsszenario. Diesmal handelt es sich jedoch nicht um einen fiktiven Bürgerkrieg. Warfare zeigt einen zusammenhängenden Ausschnitt aus dem realen Einsatz einer Navy-Seals-Truppe im Irakkrieg des Jahres 2006. Die Geschichte basiert vollständig auf wahren Begebenheiten, die auf Erinnerungen von Veteranen zurückgehen – allen voran Ray Mendoza, der 2006 im Irak war und an genau diesem Einsatz teilgenommen hat. Mendoza steuerte dabei nicht nur seine Erinnerungen bei, sondern schrieb gemeinsam mit Alex Garland das Drehbuch. Zudem führten beide gemeinsam Regie. Mendoza unterstützte Garland bereits bei Civil War als militärischer Berater.
Der Film spielt größtenteils in Echtzeit, ist jedoch kein One-Shot, wie man es vielleicht nach Werken wie 1917 vermuten könnte. Im ersten Drittel bleibt das Geschehen noch weitgehend ruhig und wir beobachten, wie die Truppe mit Aufklärungsaufgaben im Irak beschäftigt ist. Warfare ist dabei äußerst dialogarm. Zwar werden immer wieder kurze Funksprüche und Befehle durchgegeben, diese halten sich jedoch strikt an den militärischen Fachjargon. Zwischenmenschliche Beziehungen werden kaum aufgebaut.
Da alle Soldaten in voller Ausrüstung inklusive Helm stecken, stechen auch die überwiegend unbekannten Schauspieler nicht besonders hervor. Der bekannteste Name im Cast dürfte Will Poulter sein, den man unter anderem aus The Revenant - Der Rückkehrer kennt. Ansonsten sind Schauspieler wie Joseph Quinn, D’Pharaoh Woon-A-Tai oder Charles Melton vor der Kamera aktiv.
Nach dem ersten Drittel gerät der Einsatz außer Kontrolle – und es bricht buchstäblich die Hölle los. Dann zeigt Warfare seine Stärken: Auf eindrucksvoll-schockierende Weise, sowohl im Sounddesign als auch in der visuellen Umsetzung. Der Film verdeutlicht, wie brutal und unübersichtlich Krieg sein kann. Diese Unübersichtlichkeit betrifft vor allem die Soldaten - Garland und Mendoza sorgen dafür, dass das Publikum den Überblick weitgehend behalten kann.
Teilweise werden sehr harte Verletzungen schonungslos gezeigt. Doch das ist nicht einmal der größte Schockmoment. Gänsehaut erzeugen insbesondere Szenen, in denen verwundete Soldaten von ihren Kameraden versorgt werden und bei jeder Bewegung vor Schmerzen schreien.
Hier liegt vermutlich eines der Probleme, die man mit Warfare haben könnte: Der Film erzählt im klassischen Sinne keine Geschichte. Es gibt keine Informationen darüber, warum dieser Krieg geführt wird, keine Perspektiven der Beteiligten, keine klaren Ziele. Auch zwischenmenschliche Beziehungen fehlen fast völlig. Rund zwei Drittel des Films bestehen aus ununterbrochenen Feuergefechten und Fluchtversuchen der Soldaten in einer scheinbar ausweglosen Situation.
Als dokumentarische Darstellung vermittelt das einen authentischen Eindruck davon, wie sich Krieg anfühlen kann - und vielleicht wird Warfare auch als Schulungsmaterial Verwendung finden. Als Spielfilm jedoch könnte man sich inhaltlich mehr erhoffen. Zumal die Szenen in Bild und Ton über längere Zeiträume hinweg schwer zu ertragen sind. An sich sind diese Einstellungen stark eingefangen - was ein großer Verdienst des Kamerateams sowie der beiden Regisseure ist. Doch im Gesamterlebnis kann ein monotoner Eindruck entstehen. Daher sollte man bei Warfare genau wissen, worauf man sich einlässt.
Passend dazu ist die Laufzeit mit 95 Minuten sehr kompakt. Die teils surreale Handschrift, die Alex Garlands frühere Werke geprägt hat, sucht man hier vergebens. Im Gesamteindruck wirkt es, als sei es Garland vor allem darum gegangen, dem Veteranen Ray Mendoza eine filmisch einwandfreie Umsetzung seiner Erinnerungen zu ermöglichen - was den beiden zweifellos gelungen ist. Das ist möglicherweise der Hauptkritikpunkt, den man an Warfare haben kann: Garland hat dafür gesorgt, dass der Film handwerklich und technisch hervorragend umgesetzt ist. Jedoch merkt man Warfare an, dass er vor allem von einem Kriegsveteranen erzählt wurde – und nicht von einem der fähigsten aktiven Filmemacher, zu denen Garland gewiss zählt.
Fazit
Warfare ist ein 95-minütiger Kriegshorror, der handwerklich überzeugt, im Gesamterlebnis jedoch äußerst schwer verdaulich ist und streckenweise eintönig wirken kann. Es ist positiv bemerkenswert, dass Studios wie A24 in der heutigen Zeit Filme wie diesen auf die große Leinwand bringen.
Für Zuschauer, die in anderthalb Stunden in ein realistisch zusammenhängendes und fokussiertes Kriegsszenario eintauchen möchten, könnte Warfare genau das Richtige sein. In der langen Liste der (Anti-)Kriegsfilme fallen uns jedoch zahlreiche bessere Werke ein, da sie runder wirken und eine größere Aussagekraft besitzen.
