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Wir sind keine Engel

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Wir sind keine Engel Kritik

Wir sind keine Engel Kritik

Wir sind keine Engel Kritik
0 Kommentare - 17.08.2022 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Wir sind keine Engel" ist.

Bewertung: 3.5 / 5

Die drei Freunde Joseph (Humphrey Bogart), Julius (Peter Ustinov) und Albert (Aldo Ray) fliehen kurz vor Heiligabend aus dem Gefängnis. Mit einem Dampfer wollen die drei von der Insel, auf der sie festsitzen, entkommen. Als sie sich kurzzeitig in einem Laden einnisten, geben sie sich als Dachreparateure aus und wollen eigentlich den Laden ausrauben. Doch dann erfahren sie, daß die dortige Familie in einer schwierigen Situation steckt.

Das muss schon eine Zeit gewesen sein, als Mitte der 1950er Jahre ein Film wie Wir sind keine Engel in die Kinos kam. Klar ist das auf den ersten Blick eine Komödie wie jede andere, doch etwas auffallend ist das schon, daß eigentlich alle Hauptfiguren keine wirklichen Sympathlinge sind. Zu jener Zeit konnte man so heikle Themen wohl nur in Komödien unterbringen, wie es auch Billy Wilder in Manche mögen’s heiß (1959) unter Beweis stellen sollte. Denn wo Mörder und Betrüger auf einem Haufen sind, da ist die Moral seltenst auf deren Seite. Klar ist das in anderen Kontexten etwas lockerer oder verständlicher, doch eine solch intensive Charakterstudie will dieser Film gar nicht erst liefern. Im Prinzip ist die Moral vorprogrammiert bei einem solchen Werk. Charaktere sind böse und müssen lernen sich zu resozialisieren. Und das wirkt auf den ersten Blick natürlich etwas klischiert und auch stark konservativ. Doch wenn man sich tiefer in die Materie begibt, dann ist klar, daß dieser Film eben seiner Zeit auch meilenweit voraus war. Das kann nie den heutigen Maßstab gerecht werden, der auch stark von Scorsese remoralisiert wird. Doch für diese Zeit ist man erstaunlich weit. Denn die Charaktere sind nicht nur im übertragenen Sinne keine Helden.

Im Prinzip macht Michel Curtiz hier abgesehen von den amoralischen Hauptfiguren Kino nach dem kleinen einmal eins. Helden, Jungfrauen in Nöten, das zu beschützende Volk und das böse Kapital. Interessant ist, daß es hier vor allem die Familie ist, die in den Konflikt gerät und gleichzeitig dafür sorgt, daß diese Helden sich dazu entscheiden doch nicht das zu tun, was sie eigentlich vorhatten. Unter einem Vorwand schleichen sie sich in einen kleinen Laden, welchen sie zunächst ausnehmen möchten. Doch als sie erfahren, daß es bei dem Besitzer Felix Ducotel nichts zu holen gibt, freunden sich die drei mit der Familie an und beschließen das Weihnachtsfest miteinander zu verbringen. Daraus entstehen natürlich absurde und wirklich herzhafte Momente, die die Figuren in ihrer Mentalität bestätigen, wenn sie etwa einige Dinge für ein Weihnachtfest auf ihre ganz eigene Weise besorgen. In solchen Momenten ist das Schauspiel des Trios gekonnt zurückhaltend und macht einfach nur Spaß. Gleichsam ist das Trio auch untereinander perfekt ausbalanciert, indem hier gängige Stereotypen natürlich bedient werden. Diese aufzuzählen wäre etwas uninspiriert, so zeigen sie aber auf, wie gut die Dynamik untereinander funktioniert und es schlicht und ergreifend Spaß macht, den Figuren in ihrem Treiben zuzuschauen.

Interessant ist, daß die Macher ihre Geschichte zur Weihnachtszeit ansiedeln, was natürlich auch viel Raum für Interpretationen und Deutungen lässt. Man stelle sich das vor, daß drei Sträflinge zur besinnlichen Zeit auf eine Familie treffen, die in einer Not steckt. Im Prinzip ist es natürlich auch so ein wenig die Robin Hood-Mentalität, die Curtiz durch seinen Abenteuerklassiker Die Abenteuer des Robin Hood (1938) sicherlich zur Genüge kennen durfte. Auf der anderen Seite eignet sich dieser Humanismus klar auch als Thema für Filme, weil er in vielerlei Hinsicht natürlich den Soll unserer Zeit widerspiegelt. So möchte man gerne helfen, zumindest würde das ein Großteil der Gesellschaft wohl so sagen. Auf der anderen Seite ist man immer noch selbst vorbelastet, weil man irgendwie Teil einer Welt ist, die in ihrem Konstrukt nur noch ironisch betrachtet werden kann. So ist es zumindest in Wir sind keine Engel. Denn tatsächlich liefern sich die Figuren sehr spitze Wortgefechte und Dialoge, die über reinen Wortwitz hinausgehen. Es ist eigentlich Situationskomik, gepaart mit gutem Schauspiel. Das erreicht zwar nie die Größe eines Leslie Nielsen, doch die Frage ist ja, was das überhaupt tut. Und gerade weil diese Figuren untereinander so viel Freude erwecken und die Chemie zwischen ihnen funktioniert, fühlt sich das Werk über weite Strecken sehr kurzweilig an. So etwa in einer Szene, in der die Figuren eine Gerichtsverhandlung nachstellen.

Da gibt es sicher auch Momente, die man so nicht einfach stehen lassen kann. Das ist klar auch ein Kind seiner Zeit, doch als Ausrede funktioniert das nicht wirklich. Frauen agieren hier mehr als Objekt der Begierde und der pure Sexismus im Voyeurismus einiger Charaktere, ist auch immer noch problematisch. Dabei bleiben gerade alle Figuren neben den Hauptakteuren doch sehr blass. Wahrscheinlich kann man aber auch das nicht zum Vorwurf machen, weil es sehr vielen Filmen abseits der Hauptfiguren so geht. Als Adaption eines Theaterstücks beschränkt sich das Werk zudem auf etwa zwei Schauplätze, bei welchen vor allem die Schauspieler in den Vordergrund gerückt werden. Es sind diese, die die Geschichte vorantreiben und gleichzeitig den Zuschauer begeistern. Zudem merkt man den Figuren a, daß es ihnen auch um die Suche der eigenen Identität geht. Sicherlich ist die Flucht vom Gefängnis in den geregelten Alltag auch eine Sache für sich. Bedenke man, daß das eigentliche Drama ja erst in der Freiheit beginnt. Dadurch kann man viel über wahre Freiheit und dergleichen in die Figuren deuten. Doch auch auf andere Ebene spielt die Identität eine Rolle. So etwa im ständigen Versuch, andere Rollen einzunehmen. Und daher bekommt der Film auch auf ungewöhnlichen Ebenen einen doppelten Boden, über den man nachdenken könnte.

Alles in allem ist Wir sind keine Engel ein extrem dialoglastiger und unterhaltender Film. Kurzweilig und recht stringent erzählt der Film eine Geschichte über die Moral und möchte dabei viel mehr noch sein. Problematisch ist der Film nur als ein Kind seiner Zeit. Nicht nur politisch, aber auch filmisch oder in der reinen Geschichte. Auf der anderen Seite lässt das charmante Trio diesen Ärger schnell vergessen und liefert eine rasante Unterhaltung.

Wir sind keine Engel Bewertung
Bewertung des Films
710

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