Mit Babylon - Rausch der Ekstase hat La La Land-Wunderkind Damien Chazelle einen giftigen Gegenentwurf zum Mythos des Stardoms geschaffen und viele Menschen vor den Kopf gestoßen. Trotz geballter Starpower von Brad Pitt und Margot Robbie vermochte das von uns gefeierte Werk (siehe unsere Kritik) seine Anziehungskraft nicht aufs Box-Office-Parkett zu bringen, denn dem Produktionsbudget von 90 Mio. US-Dollar stehen klägliche 63 Mio. US-Dollar gegenüber!
Ausgerechnet Schauer-Autor Stephen King treibt daran anschließend um, dass Babylon von der professionellen Kritik gescholten wurde. Er glaubt jedoch, dass sich das Blatt auf lange Sicht für das in seinen Augen "wahnwitzige, extravagante und provokante" Werk wenden werde und es in 20 Jahren zu den Klassikern gezählt werde:
Maybe this says more about me than the film, but I thought BABYLON was utterly brilliant--extravagant, over the top, hilarious, thought-provoking. Might be one of those movies that reviews badly and is acclaimed as a classic in 20 years.
— Stephen King (@StephenKing) August 10, 2023
Schaut man sich auf RottenTomatoes.com um, wird Babylon - Rausch der Ekstase mit gerade einmal 57 bzw. 52 % vonseiten der professionellen Kritik und des Kinopublikums bewertet. Via IMDb sieht es mit der Durchschnittswertung 7,2 von 10 möglichen Punkten auch nicht unbedingt besser aus.
Wir können die unbändige Energie dieses filmgewordenen Fiebertraums zu den Schieflagen Hollywoods jedem Menschen ans Herz legen, denn der ungeschönte Blick auf die Bedingungen jenes Systems lässt einen erschrecken und doch verliert man sich in diesem 189 Minuten dauernden Epos.
Allein schon schwindelerregende Orchesternummern wie "Voodoo Mama" oder "Coke Room" von Komponist Justin Hurwitz laden zum Schwelgen in jene längst vergessene Ära ein, die wir so niemals erlebt haben und die fast schon selbstverständlich als explosive Mischung aus Drama, Ironie und Augenzwinkern präsentiert wird.
Dazu gesellt sich Margot Robbie in einem Outfit für die Ewigkeit: gleich zu Beginn von Babylon - Rausch der Ekstase führt ihre Figur Nellie LaRoy einen roten Fetzen von Kleid derart selbstbewusst aus, dass man sofort ins Geschehen gezogen wird. In Hollywood geht es stets um die Aura und nicht um Perfektion. Die Kamera bahnt sich ihren Weg in diesem Wirrwarr aus schrägen Klängen und Menschenansammlungen und sie hat eben Nellie als nächsten Star auserkoren. Ob sie damit aber haushalten kann, steht folglich auf einem ganz anderen Blatt ...
Es ist jedenfalls ein absoluter Glücksgriff, dass Robbie als aufstrebender Star im Kontrast zum gealterten Brad Pitt derart auf den Putz hauen darf. Garniert wird das Szenario von der Hitze und Eile, mit der Aufnahmen zustande kommen und von allerlei sexistischen und rassistischen Ressentiments, die man mal lächelnd und mal heulend beiseiteschiebt.
Wir hätten beispielsweise niemals daran geglaubt, dass ein Mainstream-Hollywoodfilm das Thema "Blackfacing" auf solch drastische, mutige und kontroverse Weise vor Augen führen kann, wie in Babylon - Rausch der Ekstase geschehen.
Der Schwarze Schauspieler Jovan Adepo hatte mit dieser Darstellungsweise zu kämpfen, denn er führte laut eigenen Angaben im Vorfeld des Drehs darüber eine Menge Gespräche mit Chazelle und fühlte im Moment der Ausführung eine intensive Form von Erniedrigung. Diese Schlüsselszene sei jedoch nötig gewesen, um die Entbehrungen und das Vermächtnis von BPoC-Darsteller:innen zu würdigen:
Babylon ist mitunter ein überaus spezielles Werk, doch wir können uns dieser Tirade aus treibenden Klängen und wundervoll arrangierten Bildern nicht entziehen. Und natürlich ist der Film durch seine Spieldauer ausufernd, doch eine solche Form von Erschöpfung der Sinne bringt die Ekstase eben mit sich. ;-)
Zum Abschluss gibt es von uns noch einen kleinen aber feinen Filmtipp zur Ergänzung: Falls euch das Ende von Babylon - Rausch der Ekstase verzaubert hat, solltet ihr euch unbedingt Cinema Paradiso ansehen. Die Stimmung dieses wundervollen Werkes von Giuseppe Tornatore ist zwar deutlich nostalgischer und verträumter, was auch an der warmherzigen Musik von Maestro Ennio Morricone liegt, doch im Kern wird eine ähnliche Liebe zur unbändig scheinenden Macht der Kinobilder zum Ausdruck gebracht.
Wie steht ihr zu unseren Ausführungen und der Haltung von Stephen King: Könnt ihr euch ebenfalls vorstellen, dass das Werk in den kommenden Jahren größere Anerkennung erfahren wird oder seid ihr der Meinung, dass der Film zurecht derart schlecht an den Kinokassen und beim (Fach-)Publikum weggekommen ist?
