Nach dem schon coolen Auftakt des Breaking Bad-Spin-off Better Call Saul, der in Deutschland bei Netflix am 11. Februar mit einer Doppelfolge online ging, geht es schön skurril und schwarzhumorig weiter. Eine der Grundfragen ist natürlich, wie sich Jimmy McGill (Bob Odenkirk) wohl zum Ganovenanwalt Saul Goodman entwickelt hat, und genau das lichtete sich mit einem ersten größeren Schritt in diese Richtung in Episode 3 "Nacho". Nacho (Michael Mando) heißt der der zweite Ganove neben Tuco (Raymond Cruz), mit beiden bekam es Jimmy schon in Episode 2 "Mijo" zu tun.
Nacho stattet Jimmy einen spontanen Besuch in seinem winzigen Büro ab, in dem sich Jimmy eigentlich gerade zur Ruhe betten wollte, fix macht er wieder ein Büro aus dem spartanischen Schlafgemach. Und was will Nacho? Er erfuhr schon in Better Call Saul Episode 2 von den Kettlemans, den Mandanten, die Jimmy gern vertreten hätte, die ihm aber sein charmanter Konkurrent weggeschnappt hat. Der Mandant wird verdächtigt, eine stattliche Summe Kohle unterschlagen zu haben. Da klingelt es natürlich gleich in Ganovenohren, Nacho ist scharf auf die immerhin über 1 Mio. $ und will Jimmy überreden, sein Crime-Partner zu werden. Doch soweit ist Jimmy zu dieser Zeit noch nicht.
Denn wie die Zuschauer schon zu Beginn der Episode via Flashback erfahren, hat Jimmy zwar durchaus ein Ganovengen, jedoch auch Bruder Chuck (Michael McKean) ein dickes Versprechen gegeben, fortan rechtschaffen zu sein, nachdem Chuck ihn aus einer unschönen Geschichte herausgeboxt hat. Jimmy lehnt also den Deal ab, doch er muss befürchten, dass es Nacho ohne ihn durchzieht. Also versucht er, den Mandanten zu warnen. Mit kuriosen Folgen.
Denn kurz darauf ist der Mandant samt Familie verschwunden. Man befürchtet eine Entführung und plötzlich sitzt Jimmy Nacho als dessen Pflichtverteidiger gegenüber! Doch Nacho beschwört, unschuldig zu sein. Er hatte zwar tatsächlich vor, den Mandanten zu beklauen, sollte dieser die Kohle wirklich irgendwo haben, doch er habe diesen vorerst nur ausgekundschaftet. Das hat allerdings ein Zeuge mitbekommen, was ihn zum Hauptverdächtigen stempelt. Jimmy ist nun gezwungen, ihn flott aus der Untersuchungshaft herauszuholen, sonst muss er um seinen eigenen Hals fürchten, macht Nacho deutlich.
Jimmy hat schon bald eine Theorie, was tatsächlich passiert sein könnte, doch niemand glaubt ihm, es sei zu absurd. Überraschend ist es dann ausgerechnet Mike (Jonathan Banks), der Parkwächter am Gericht, mit dem er einen sehr amüsanten Parkticket-Kleinkrieg führt, der einen hilfreichen Tipp für ihn hat, um seine Theorie zu beweisen. Eine schräge, lustige und intelligente Geschichte, die den roten Faden weiterführt und dennoch ein Fall für sich ist. Wie zuvor im so einzigartigen und dank Spin-off doch nicht ganz so einzigartigen Kamerastil der Mutterserie inszeniert, mit ähnlich genial-absurden Dialogen und dramaturgisch tollen und skurrilen Szenerien. Das Niveau sinkt nicht ab, wenn das Spin-off dieses hohe Level tatsächlich weiter durchhalten kann, ist Better Call Saul schon nach einer Staffel Kult und eine der besten Comedys oder eher Dramedys, die die Fernsehlandschaft je gesehen hat.
Bleibt das Niveau auch in Episode 4 "Hero" erhalten?
In Better Call Saul Episode 4 "Hero" konzentriert sich alles auf Jimmys Schlitzohr-Fähigkeiten. Die Episode ist insgesamt etwas ruhiger als die ersten drei Folgen, lotet dafür aber gründlicher Jimmys Charakter aus. Noch deutlicher als bisher wird, dass Jimmys Rechtschaffenheit eng mit seinem Gewissen gegenüber Bruder Chuck verbunden ist. Man erfährt zu Beginn auch via Flashback, aus welcher Abzocknummer Chuck ihn damals wohl herausgeboxt hat. Doch Jimmys Verbissenheit, sich neben Konkurrent Hamlin (Patrick Fabian) durchsetzen zu wollen, führt dazu, dass er gleich zwei unkoschere Dinge tut, die Chuck besser nicht erfahren sollte.
Die überführten sich selbst Entführer aus der vorherigen Episode von Better Call Saul machen etwas klar, was später auch eintreten wird: Jimmy McGill ist ein Anwalt, den man sich nimmt, wenn man schuldig ist. Das ist auch der Grund, warum sie ihn nicht wollen, damit man ihnen ihre Geschichte glaubt, dass sie spontan campen waren. Also bieten sie ihm einen Batzen Schweigegeld an, da die anwaltliche Schweigepflicht nicht greift. Jimmy zögert - doch er nimmt es an, wie man später erfährt. Und setzt es gleich dazu ein, Hamlin eins auszuwischen. Er kauft sich denselben Anzug und lässt eine gigantische Werbetafel machen, dazu gab es im Vorfeld schon einmal ein Bild mit dem Werbebanner, nun wissen wir also, für welche Episode es genutzt wurde.
Hamlin verklagt ihn, die Kopie ist schließlich offensichtlich. Doch Jimmy lässt sich nicht unterkriegen und startet eine PR-Aktion vom Feinsten, um dennoch sein Ziel zu erreichen - mit Erfolg. Hamlin ist zwar klar, dass es eine PR-Aktion ist, doch es ändert nichts daran, dass Jimmy auf der Titelseite der Zeitung landet als frisch gebackener Held - daher auch der Episodentitel. Wir wollen euch nicht alles spoilern, daher verraten wir nicht, was genau er gemacht hat.
Und endlich hat Jimmy Nachrichten auf dem AB, ein voller Erfolg! Bruder Chuck unterschlägt Jimmy aber die Zeitung und tischt ihm eine Lüge auf, woher plötzlich neue Mandanten kommen. Doch Chuck riecht den Braten, schließlich kennt er seinen Bruder nur zu gut. Also schwingt er sich seine Schutzdecke über und angelt sich eine Zeitung vom Nachbarn, nicht ohne diesem Geld dafür dazulassen.
Nun darf man gespannt sein, ob er Jimmy in der nächsten Better Call Saul-Folge, Episode 5 "Alpine Sheperd Boy", damit konfrontieren wird. Wieder eine schöne, wenn auch etwas ruhigere Episode, die sich ihr Highlight eher für das letzte Viertel der Folge aufspart. Die nächste Folge ist in den USA am Montag bei AMC, am Dienstag ab 8 Uhr bei Netflix Deutschland im Pay-TV zu sehen. Unten noch ein Clip zu Episode 5 für euch.