Bewertung: 3 / 5
Jonás Cuarón? Da klingelt doch was. Wir sprechen vom Sohn von Alfonso Cuarón, der als Drehbuchautor maßgeblich am Welterfolg von Gravity beteiligt war und nach seinem 2007er Spielfilmdebüt Año uña nun mit Desierto nachlegt. Ein Thriller, der die heutige Gegenwart teils auf erschreckende Weise einfängt und der mit minimalistischem Einsatz Wirkung erzielt.
Im Grenzland zwischen Mexiko und Südkalifornien versucht eine Gruppe mexikanischer Flüchtlinge auf illegalem Wege die US-Grenze zu überwinden. Alle tragen den Wunsch, im Norden ein besseres Leben beginnen zu können, und dafür nehmen sie den gefährlichen Weg durch unwirtliches Gelände, die Gefahr des Verdurstens und eine mögliche Gefangennahme in Kauf. Doch von einer Sekunde auf die andere wird diese Gefahr zur Nebensache, als ein Sniper die Menschen aus dem Hinterhalt attackiert. Um ihr Leben fürchtend, gelingt es vier Flüchtenden den Mann fürs Erste abzuhängen, doch das Gelände ist unzugänglich und fremd - doch ihr Verfolger kennt Stock und Stein...
Trailer zu Desierto
Desierto Filmkritik
Wer sich beim Lesen der Kurzbeschreibung und spätestens beim Sichten von Desierto an Duell erinnert fühlt, liegt nicht falsch. Der Film, auf Deutsch "Wüste" oder "Einöde", ist eine offenkundige Hommage an Steven Spielbergs Thriller aus dem Jahr 1971 und verrät wie jener nur Bruchstücke über seine Protagonisten.
Damit liegt der Fokus stark auf der Menschenjagd des Snipers (Jeffrey Dean Morgan), über den wir kaum etwas in Erfahrung bringen. Jäger, Hundehalter, sieht sich als Instanz, die Gegend sauber zu halten. Der Antrieb zur Selbstjustiz wird nur marginal beleuchtet, was den Film zwar nicht des Effektes beraubt - denn die Angst der Flüchtenden geht nahe, ob nun mit mehr oder weniger Kenntnis - andererseits hätte der Film mehr Durchschlagkraft abseits des reinen Katz-und-Maus-Spiels. Auch über die Migranten wird wenig in Erfahrung gebracht, nur Hauptdarsteller Gael García Bernal als Moises und Alondra Hidalgo als Adela wird etwas Hintergrundgeschichte auf den Weg gegeben, die damit stellvertretend für Millionen gesichtslose Flüchtlinge stehen, die weltweit ihr Heil hinter der Landesgrenze suchen.
Insofern ist Desierto erschreckend real und wirkt ein bisschen pervers ob der aktuellen Situation - sich im Kino eine gute Zeit machen just mit diesem Thema. Die Flüchtlingskrise ist greifbar und so manche Politiker sähen den Einsatz von Schusswaffen an der Grenze nur zu gern. Das mag pathetisch klingen, der Gedanke blitzt aber kurz auf, selbst wenn der Film kaum wirklich politischen Anspruch erhebt. Mit seiner minimalistischen Darbietung und Story fokussiert er sich auf den Sniper und seine Opfer, auch wenn man wie eben angedeutet gerne mehr erfahren möchte, was diesen Mann derart radikal zur Selbstjustiz treibt. Doch das bleibt im Verborgenen und so erleben wir 94 Minuten lang Todesangst vor landschaftlich eindrucksvoller Kulisse.
Desierto Bewertung
Landschaftlich reizvoll, menschlich ein Drama. Das bringt Desierto so ziemlich auf den Punkt. Der Thriller liefert kritische Untertöne, aber zu schwach, um tatsächlich nachzuhallen. Die Hauptdarsteller tragen dabei viel zur Authentizität bei, auch gerade weil das Original auf Englisch und Spanisch setzt. Jedoch hätte das Thema einiges mehr Durchschlagkraft gehabt und dahingehend wurde Potential verschenkt.