Bewertung: 4 / 5
Jessica Chastain hat in den vergangenen Jahren in einigen toughen Frauenrollen gezeigt, was in ihr steckt. Mit ihrer Interpretation der Molly Bloom in Molly´s Game - Alles auf eine Karte tritt sie direkt in die Fußstapfen ihrer Elizabeth Sloane in Die Erfindung der Wahrheit und könnte als Wölfin an der Wall Street durchgehen. Nur dass Chastain dank Regisseur Aaron Sorkin eben in einer fesselnden Filmbiographie über das Pokerbusiness brilliert.
Molly´s Game Kritik
Die junge Molly Bloom (Chastain) hat beste Aussichten als US-Olympia-Hoffnung im Skisport, als ein schlimmer Unfall ihren Ambitionen ein rapides Ende setzt. Ohne eine konkrete Aussicht und nur mit wenig Geld in der Tasche begibt sich die junge Frau nach ihrer Genesung nach LA. Dort nimmt sie diverse Jobs an und kommt durch Zufall mit der Pokerszene in Berührung, die an geheimen Orten und äußerst exklusiv blüht. Molly, die mit Zahlen umgehen kann und äußerst scharfsinnig ist, zieht Vorteile aus ihren Beobachtungen und beginnt, eigene Events zu veranstalten. So kommt sie in Berührung mit den Reichen und Mächtigen - aber auch Mitgliedern der Mafia, die ihrer Glücksträhne ein jähes Ende setzen. Die letzte Hoffnung ruht auf ihrem Anwalt Charlie Jaffey (Idris Elba), der jedoch äußerst skeptisch ist, was Mollys Unschuld und ihre Zahlungsfähigkeit betrifft...
Trailer zu Molly’s Game - Alles auf eine Karte
Mit Molly´s Game - Alles auf eine Karte liefert Aaron Sorkin seine Premiere als Regisseur ab und diese hätte deutlich unspektakulärer ausfallen können. Der als Drehbuchautor gefeierte und Oscar-prämierte (The Social Network) Sorkin suchte einen Stoff, der ihn begeistert und fand ihn in den Memoiren der Molly Bloom, einer ehemaligen Profi-Sportlerin und späteren Unternehmerin, die illegale Pokerrunden organisierte. Blooms Integrität und Prinzipientreue, ihre Kunden nicht zu verraten, selbst im Angesicht drohender Strafen, faszinierten Sorkin und so entwickelte sich das Drehbuch nach intensiven Gesprächen, das auch für einen Oscar nominiert ist.
Für ihn war dabei Jessica Chastain die erste Wahl, die Bloom mit der ihr inneliegenden Stärke, Unschuld und Grazie perfekt verkörpert. Man erlebt eine Frau, die mehr als einmal fällt und selbst an den tiefsten Momenten in ihrem Leben aus eigenem Antrieb Kraft schöpft und dennoch kein unbarmherziges Tier ist, sondern einfach nur in gesundem Maße egoistisch. Sie stellt sich nicht über andere - was im Umfeld von Hollywoodstars, Politikern und Sportlern auch kein Leichtes ist - sondern zieht sich zurück, wo nötig, und ist präsent, wenn es erforderlich ist. Dass dieses Leben "auf Speed" seinen Tribut fordert, ist unausweichlich und Molly Bloom erkennt schmerzhaft, dass es keine Garantien gibt.
Und dieser Fakt macht Molly´s Game - Alles auf eine Karte so spannend, so packend. Es ist ein Auf und Ab, es sind keine Schwarz-Weiß-Charaktere, man fiebert mit ihr - und die Geschichte sowie ihre Entscheidungen besetzen den Film so positiv für den Zuschauer. Molly stachelt an, Molly gibt Kraft und selbst in ihren schwächsten Momenten, mittellos und einsam, legt sie nicht ihre Prinzipien ab. Dies wird umso deutlicher in einem kraftvollen Monolog, den ihr Anwalt, gespielt von Idris Elba, über seine Mandantin hält, die immerhin einer immensen Strafe entgegensieht.
Aufstieg und Fall liegen oft nah beieinander und ein gewisser Voyeurismus spielt bestimmt eine kleine Rolle, wenn man sich Filme über reale Personen anschaut, die es nicht leicht im Leben hatten. Ob nun eigenverschuldet oder nicht. "Stehaufmännchen" imponieren und Molly Bloom ist faszinierenderweise mehr Role Model als gieriges Biest, welches man beim Blick auf das Filmposter vermuten könnte.