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Blutgericht in Texas

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Blutgericht in Texas Kritik

Blutgericht in Texas Kritik

Blutgericht in Texas Kritik
0 Kommentare - 17.01.2024 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Blutgericht in Texas" ist.

Bewertung: 4.5 / 5

Im Jahr 1973 wird in Texas ein Friedhof geschändet. Sally Hardesty (Marilyn Burns) und ihr Bruder Franklin (Paul A. Partain) sind in Sorge, daß es sich bei einem der Gräber eventuell um das ihres Großvaters handelt. Also reisen sie mit Sally Freund Jerry (Allen Danziger), ihrer besten Freundin Pam (Teri McMinn) und deren Freund Kirk (Willam Vail) nach Texas. Dort müssen sie feststellen, daß die Ruhestätte noch intakte ist und so fahren sie weiter auf den verlassenen Hof der Familie Hardesty. Unterwegs einen kauzigen Anhalter mit, den sie aber aufgrund seines merkwürdigen Verhaltens wieder auf die Straße setzten. Wenig später erreichen sie eine Tankstelle. Dort bekommen sie von einem alten Mann den Rat wieder umzukehren. Doch die Gruppe schlägt die Warnung in den Wind und fährt weiter.

Man würde das heute nicht mehr so machen. Ein Experiment, so kann man Blutgericht in Texas wohl am ehesten in Worte fassen. Es handelt sich um einen Film, der so ziemlich alle gängigen Filmweisheiten, über die Beziehung zwischen Protagonist und Antagonist, die Erklärung des Bösen, die Beziehung zwischen den Figuren und den gängigen sonstigen kleinen Kindelleihen nicht beachtet. Wenn Sally Hardesty, ihr Bruder, ihr Freund und ihre beste Freundin Pam auf ihrem ebenso undefinierten Weg ein paar Kannibalen auf dem Land treffen, dann gibt es keine dysfunktionalen Beziehungen oder irgendwelche Geheimnisse und auch sonst wird erschreckend wenig über die Charaktere erzählt, die vielleicht eine tragische Hintergrundgeschichte haben, oder eben auch nicht. Blutgericht in Texas ist das, was man einen Klassiker nennt, einen bahnbrechenden Film, der ein ganzes Genre verändern sollte und dessen Inhalt, so manche Haare zu Bergen verstellt. Doch überdies ist es auch kein komplexer Film. Das ist ein wenig konfus, aber wichtig, um zu begreifen, wie man diesen zu verstehen hat. Denn dieser Film zeigt durch ganz einfache Mittel eine nicht minder einfache Geschichte, deren Figuren und deren Treiben und lässt auch ansonsten auf der Ebene der reinen Erzählung kaum Zweifel oder Deutungswidrigkeiten am Geschehen, daß so eindeutig und ansonsten recht banal anmuten mag.

In der Verwertung und Wertung von Filmen gibt es die gängige These, daß wenn man irgendwo mal der Erste war, daß man damit auch automatisch ein atemberaubendes Werk geschaffen hat. Es reicht nicht aus, wenn man nur ein guter Film ist. Nein, es muss auch darum gehen, durch eben jenes völlig irrelevantes Mittel auch in die Meisterklasse aufgenommen zu werden. Wann immer jemand mit dem Begriff „Meisterwerk“ hantiert, dann hat das zumindest in der Filmbubble immer etwas Inflationäres. Natürlich ist das auch eine versnobte Ansicht, schließlich darf man selbst entscheiden, wie gut man einen Film findet, sofern man denn in der Lage ist, das auch in Worte zu fassen. Meines Erachtens ist Blutgericht in Texas ein überdurchschnittlicher Film, weil er sich nicht mit irgendwelchen blödsinnigen Erklärungen aufhält und auch auf anderen Ebenen dazu neigt, brillant interpretierbar zu sein. Zum einen wäre da das Thema des Wetters. Der dickliche Franklin merkt auf dem Weg dieser Gruppe, zum Grab seines Großvaters an, daß es durchaus recht warm ist. Das ist nicht etwa eine Hitze von circa 20 bis 25 Grad, wie sie in Werken der 1960er Jahre wahrgenommen und mitgeteilt wurde, sondern tatsächlich weit über dreißig Grad. Das ist so ein Kommentar, der immer mal wieder zu Beginn eingestreut wird. Vielleicht ist das bedeutungslos, vielleicht war das sogar Tobe Hooper und Drehbuchpartner Kim Henkel einfach nur ein Gimmick, um den Drehtag und das Verhalten der Akteure zu erklären. Doch es eignet sich ebenso gut dazu, vielleicht eine Erklärung für das Treiben der Kannibalen zu finden. Und grundsätzlich sind ja Pathologisierungen von Figuren auch kein Problem, wenn sie nicht vom Film als Aufhänger für das Verhalten genommen werden und vom Zuschauer selbst interpretiert werden müssen. Natürlich gibt es da noch weitere Ansätze, oder es ist letztlich egal.

Auffallend in Blutgericht in Texas ist zudem, welche Figuren, beziehungsweise Ideologien hier gegenübergestellt werden. Es ist zum einen die freigeistige und weltoffene Gruppe von jungen Menschen, die vielleicht auch so ein wenig die Hippies darstellen sollen. Und dann treffen sie auf eine Familie auf dem Land, die zufälligerweise auch wesentlich eine ganz andere Beziehung zum Thema Fleischkonsum haben als sie. Es ist erstaunlich, wie viel von einem aktuellen politischen Diskurs sich in diesem Film findet und dann ist man doch recht schnell bedrückt, weil man dann wirklich zum Zyniker werden kann. Jedenfalls treffen hier also Menschen aufeinander, die ethisch, ideologisch und von der grundsätzlichen Attitüde einfach ganz anders sind. Make Love, not War, während die Landfamilie, die ja ihren Lebtag damit zubringt, irgendwelche Menschen umzubringen, auch nur unter sich ist. Ist ja auch logisch, schließlich sind sie jetzt nicht gerade die umgänglichsten Menschen. Hooper macht keinen Hehl daraus, daß vom konservativen Familienbild, wie es heute in jedem großen Blockbuster propagiert wird, nicht viel hält. Also ist der Film auch in dieser Hinsicht noch hochaktuell. Familie ist das letzte Bollwerk des Konservatismus, das auch eine der wenigen Legitimationen hat. Denn ja, die Familie ist schützenswert. Nicht unbedingt immer als die eigene, aber als Konzept. Da ist es zwar dann egal, wer mit wem, Hauptsache das geht nicht verloren. Doch mal ganz davon abgesehen, ist die Familie hier auch vielleicht ein Sinnbild für die Prüderie des konservativen Amerikas.

Und da wäre es dann wieder, der Bezug zur modernen Realität. Denn Nacktheit und Sex, sind, waren und werden in Amerika immer ein größeres Tabuthema sein, als es Gewalt ist. Die eindeutige filmische Hommage auf Blutgericht in Texas in Form von X (2022) stellte das zuletzt erneut unter Beweis. Die Frage ist ja immer, ob Horrorfilme dann eher für oder gegen Freizügigkeit sind, schließlich lassen sie auf Sex im Film immer auch recht schnell den Tod folgen. Einen höheren Höhepunkt kann es also gar nicht geben. Aber ich schweife ab. Die Fleischeslust mit der Fleischeslust zu erklären, ist eigentlich eine ziemlich verstörende, wie naheliegende Metapher, wenn es eben um Kannibalen geht. Doch sie ist ebenso eine brillante. Darüber hinaus erweckt der Film auch natürlich, ob der vielen Jahre, die verstrichen sind seit seinem Erscheinen, den Eindruck etwas altbacken in Sachen Storytelling und Verhalten einiger Figuren zu sein. Man könnte nämlich argumentieren, daß wohl niemand so blöd wäre, in ein fremdes Haus – besonders in Texas – einzusteigen. Doch das ist auch der Punkt, weswegen es so wichtig ist zu verstehen, daß dieser Film ein Kind seiner Zeit ist. Denn wenn man modernen Studien und den Beobachtungen über die moderne Gesellschaft Glauben schenken will, dann hat man eine äußerst vulnerable, beziehungsweise vulnerable Gesellschaft, als man sie noch vor Jahrzehnten hatte.

Gut, daß ist eigentlich keine These mehr. Studien belegen, daß Menschen viel häufiger denn je an psychischen Krankheiten erkranken, als früher. Man muss zur Negierung dessen aber auch sagen, daß wesentlich mehr diagnostiziert, beziehungsweise Dinge festgestellt werden, die vielleicht früher gar keine Krankheit waren. Ein Beispiel dafür ist ja ADHS, bei der man auch nicht genau sagen kann, ob es sich um eine Krankheit, oder doch nur die negativ konnotierte Variante eines Autismus handelt. Krankheiten fallen also nur dann auf, wenn sie auffallend sind. Doch schon wieder schweife ich ab. Der Punkt ist einfach, daß heute, durch ständige Bedrohungen, die man sich durch massenkompatible und immer am Zeitgeist hängende Medien zuführen kann, einer nie dagewesenen, allgegenwärtigen Bedrohung ausgesetzt ist. Die Schreckensszenarien, die man durch etwaige Krisen und Gräueltaten immer wieder mitbekommt, sind auch ein Grund, warum Menschen vielleicht wirklich vulnerabler sind, als sie es früher waren. Und der Punkt, der so ein bisschen die Naivität dieser Charaktere unterstützt, ist ganz einfach, daß man vielleicht früher wirklich wesentlich weniger paranoid durchs Leben streifte, weil man eben nicht ständig mit Bedrohungen konfrontiert war. Das ist aber auch nur eine These von vielen, mit vielen Parametern, die man beachten muss.

Überdies ist natürlich die offenkundige und brennende Frage bei Blutgericht in Texas auch, ob der Skandal und der Ruf, die dem Film vorauseilen ihre Berechtigung haben. Und ja, daß hatten und haben sie auch heute noch. Denn was Tobe Hooper hier zeigt, daß ist schon nahe an der Schmerzgrenze. Aber selten hat man Gore so wirkungsvoll gesehen, wie hier. Während es in Werken wie Saw (2004) nur um das Abmetzeln und die Verbreitung einer menschenverachtenden, aus dem Neoliberalismus geborenen Ideologie geht, ist Blutgericht in Texas ein Film, der seine Gewalt in gewisser Weise legitimiert. Das ist natürlich keine sachliche Analyse in dem Punkt, doch der Gore-Ruf, der dem Film vorauseilt und der Gore als solcher, sind hier nicht einfach nur Mittel zum Zweck, sondern sind fast schon stilvoll gehalten, sofern man das denn in irgendeiner Weise über Gewalt im Film sagen kann.

Es ist ein Meilenstein, sicherlich. Ein Film, den nicht jeder zu verarbeiten weiß und der auch Diskussionen ausgelöst hat, die ihre Berechtigung haben. Blutgericht in Texas ist ein Skandalfilm, aber nicht einer, der einfach nur offenlegt, wie wenig Kunstverständnis in der Gesellschaft vorliegen, sondern einer, der auch heute noch schockieren kann. Ein Talent, was den wenigsten Filmen so gradlinig auf inhaltlicher, wie auf metaphorischer Ebene gelingt.

Blutgericht in Texas Bewertung
Bewertung des Films
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