Bewertung: 4.5 / 5
Wenn man Kenner der Geschichte und Fakten dieser Begebenheiten ist, dann werden einem die Ungereimtheiten in Chronologie und historsche und faktische Fehler womöglich auffallen. Wen das Abweichen von Tatsachen aber nicht stört, den erwartet hier ein knapp 3 stündiges opulentes Machwerk von ausgesprochener Brutalität und Rachedurst. Der Film will unterhalten und keine Dokumentation des dunklen Zeitalters sein. Wer sich diesen Film ansieht und sich gut in Bilder hineinversetzen kann, wird für die Dauer der Zeit Schotte sein! Man fühlt sich ihnen verbunden, ebenso wie man eine Abneigung den Engländern ihrer Taten wegen verspürt. Ich weigerte mich lange diesen Film zu sehen. Schon allein, da mir Mel Gibson unglaubwürdig mit seiner hochtupierten Fönfrisur erschien. Das war mir der falschen Tatsachenentsprechung zu viel. Beinahe schon dazu gedrängt ihn endlich zu sichten, machte ich mich auf die abenteuerliche Reise, die mich ins 13/14 Jhd. führen sollte. Und dieses gelang diesem Film mit einer sehr guten Umsetzung von Umgebung, Klangatmosphäre und aufzeigen der mittelalterlichen Dorfalltäglichkeit in einem für mich überraschenden Maß. Die Schauplätze könnten schöner und authentischer nicht sein. Es kam sehr ursprünglich rüber. Die Kälte die die Winde Schottlands einem sicher eisig unter die Haut in die Knochen fährt, sprang auf einen selbst über und man wünschte ein weiteres Fell überziehen zu können. Die Hintergrundmusik erinnert einen zwangsläufig an Titanic. Wer das differenzieren kann, muss sich nicht dauernd vorstellen DiCaprio kommt um die Ecke geritten. Sehr flairvolles Schottland Feeling. Die allseits beliebten Kilts sollten in dem Zeitalter noch nicht mal bekannt gewesen sein. Erst in ungefähr 300 Jahren traten sie auf. Die blaue Farbe, die hier als Kriegsbemalung dient, soll schon seit gut 1000 Jahren nicht mehr verwendet worden sein. Auch die geächteten Melodien auf den geächteten Instrumenten sollen hier viel zu früh zum Einsatz gekommen sein. Die waren erst einige Jahrhunderte später geächtet. Das sind aber Sachen, die fallen einem nicht auf. Die erliest man sich, wenn man sich weiter über das Thema informiert. Ein leichter Nachgeschmack von: Die wollten mich für dumm verkaufen, bleibt aber doch hängen. Was eher lustig dagegen anzusehen ist, sind offensichtliche filmische Makel, wie die unechten Pferde die öfter mal getötet werden (auch öfter mal das selbe Pferd) um an deren Reiter zu kommen, die wabelnden Waffen, die wenn man genauer hinsieht sie als Gummi-Spielzeug enttarnt, die sozusagen wie das Gras im Wind wehen. Wortwitz fehlt hier auch nicht. Um die Dramatik und Stimmung sporadisch etwas anders zu ordnen vernimmt man oft Sarkasmus in den Dialogen. Dieses wurde nicht übertrieben und deplatziert hineingepackt um einen auch nicht völlig aus dieser Gemütsverfassung zu holen. Eine unbeabsichtigt witzige Szene, ist als sich der Onkel von William (Gibson) ihm sich ganz Vader-like vorstellt: William! Ich bin Dein Onkel, ARGYLE!! Das ist weniger Wortwitz, als eine harte Aussprache, jedoch klingt das auf Deutsch so obszön(!), dass man sich Lachen, oder zumindest ein Grinsen nicht verkneifen kann. Die Schlachten, vor allem die erste die stattfindet, könnte man spannungsreicher und bildgewaltiger nicht inszenieren. Könnte man schon, doch was dabei rauskommen würde, wäre ein Vorfahre heutiger Massenschlachten im Film, wo meist tausende aufeinander zustürmen und die Computereffekte die Massenversammlung gekonnt unecht in Szene setzen würde. Man würde nicht erkennen wer wen gerade gemeuchelt hat. Das Blut würde sich in Fluten aufmachen aus diesem Zusammentreffen zu fließen, ohne dass man ein einziges Schwert intensiv in den Körper des Feindes eintauchen sehen würde. Ganz anders hier. Man sieht ohne überflüssiges Kameragewackel, sodass einem schlecht wird, wer gegen wen kämpft, wie brutal getötet wird und oft auch die Auswirkungen des tödlichen Hiebes mit Schwert, Axt, oder Speer. Alles sehr detailliert gemacht, eine „übersichtliche“ spannende Schlacht. Daran kann man symbolträchtig festmachen, was dieser Film aussagt. Eine Ein-Mann-Auflehnung, wenn sie ehrgeizig genug ist kann ganze Kriege auslösen. Manche sehen ihn als Fehlbesetzung in der Hauptrolle, doch Mel Gibson gibt dem Film erst seine kultige Note. Er trägt den ganzen Film, doch hat er auch sehr gute Unterstützung. Viele bekannte Gesichter die diesem Epos gerecht werden. Wenn man diese Schauspieler aber nicht vorher schon kannte, wird zwar ihr Spiel während des Filmes überzeugen, jedoch danach werden sie wieder unsichtbar. Erinnerung bleibt wohl einzig an Gibson hängen. Fazit: Der Passion Christi Vorläufer, beantwortet auf humorvolle Weise, was und ob man etwas unter dem Kilt trägt, obwohl es diese noch gar nicht geben durfte. Dem effektvollen pathos Epos, manchmal glaubwürdiger, manchmal nicht verzeiht man der spannenden und packenden Story, vor allem Umsetzung wegen sehr viel und freut sich ein monumentales Werk gesehen zu haben, dass ebenso blutig-brutale Szenen im Splatterformat liefert, wie auch emotionale Augenblicke, die einem vor allem als nahe am Wasser gebaute Frau mit Taschentuchpackung gefallen werden. 9/10 Ein dramatikschwangerer mitreissend-patriotischer Film, der oft auch zu überraschen weiss. Liebhaber dieses Genres werden ihn lieben. Manch anderer wird die stetig anwesende Inbrunst, Theatralik und das sich Präsentieren Gibsons als Übermensch leicht auf die Nerven gehen. Oft schmalzig, doch trotzdem erhaben. Eine gelungenes Meisterwerk und eine Perle des damaligen Jahrzehnts. Für Fans von: Robin Hood, Der mit dem Wolf tanzt, Der letzte Mohikaner, Ritter aus Leidenschaft, Troja, King Arthur, Last Samurai.
Braveheart Bewertung